News 27. 07. 2012

Syrische Christen befürchten irakische Zustände

Syriens Christen befürchten ein ähnlich schreckliches Los wie das ihrer Glaubensbrüder im Irak. „Falls Präsident Bashar al-Assad abgesetzt wird oder ins Exil geht, werden wir bald irakische Zustände haben“, berichtete der melkitische (griechisch-katholische) Theologe Pater Hanna Ghoneim, Leiter des katechetischen Zentrums in Damaskus, der ökumenischen Organisation „Christian Solidarity International“ (CSI) in Wien.

„Die Lage ist extrem ernst geworden, gerade für uns Christen. Wir gehören, gemeinsam mit den Alawiten – zu denen auch Präsident Assad gehört – zur Minderheit im Land. Unter seiner Herrschaft fühlten wir uns als integrierter und gleichberechtigter Teil der Gesellschaft, das heißt nirgendwo als Bürger zweiter Klasse diskriminiert, wie es hingegen in anderen arabischen Ländern der Fall ist“, sagte der Geistliche laut einer CSI-Presseaussendung vom Freitag.

„Journalisten verzerren das Bild“

Die meisten westlichen Medien seien auf der Seite der Rebellen, einer keineswegs homogenen Gruppe, klagte Pater Ghoneim. „Die Journalisten verzerren somit das Bild der Gesamtlage im Land. Weiß man denn im Westen etwa, dass etliche Kämpfer aus der salafistischen Ecke kommen? Wenn solche Eiferer an die Macht kämen, hätte die christliche Minderheit im Land nur noch eine Option: den mühsamen Weg der Emigration gehen, wollen sie nicht, ihrer Meinungs- und Glaubensfreiheit weitgehend beraubt, ein Dasein im Untergrund fristen.“

In Syrien sind bereits Zehntausende Christen von islamistischen Aufständischen, die von Saudi-Arabien und Katar unterstützt  werden, vertrieben worden, ihre Wohnungen und Häuser wurden geplündert oder zerstört. Im Irak hat sich die Lage der christlichen Bevölkerungsteile, die unter dem säkularen Baath-Regime Saddam Husseins wie in Syrien geschützt waren, nach der US-Invasion 2003 dramatisch verschlechtert: Dutzende Kirchen wurden seither niedergebrannt, zahllose Christen und viele Geistliche ermordet.

120.000 Christen bereits geflohen

„Heute gleicht das von den Rebellen belagerte Homs einer Geisterstadt. Rund  120.000 einheimische Christen sind längst geflohen, die meisten von ihnen sind bei uns in Damaskus gelandet: ohne Bleibe, ohne Arbeit, ohne Mittel“, berichtete Pater Hanna Ghoneim. Extrem beunruhigt sei er über das Schicksal der noch in Homs verbliebenen 200 christlichen Geiseln, die von den dort kämpfenden Rebellen als „lebende Schutzschilde“ missbraucht werden. Ihre Situation sei bis heute ungewiss. Gemeinsam mit anderen Priestern ist Ghoneim dabei, für die Flüchtlinge eine Koordinierungsstelle aufzubauen.

(APA)

 

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