Biographie: 

Ali, der vierte Kalif

Vetter und Schwiegersohn des Propheten, Gatte der Fatima. Erster Imam der Schiiten. Er regierte von 656 bis 661 und machte die Stadt Kufa im Irak zu seiner Hauptstadt.

Ali ibn Abu-Talib ist zweifellos eine der geschichtsträchtigsten Persönlichkeiten des frühen Islam. Er lebte im Haushalt des Propheten und nahm schon als Knabe den Islam an. Als sich Muhammad entschloss, Mekka zu verlassen, blieb Ali in seinem Hause zurück. Um die Verfolger zu täuschen, legte er sich auf das Nachtlager des Propheten und zog eine Decke über sich. Als Späher Nachschau hielten, dachten sie, Muhammad schliefe. Dies verschaffte dem Propheten einen rettenden Vorsprung auf dem Weg nach Medina.

Ali nahm Fatima, die jüngste Tochter des Propheten, zur Frau. Bekannt ist er für sein asketisches Leben und für seine Tapferkeit. Zumindest in seinen späteren Lebensjahren soll er sich vegetarisch ernährt haben.

Kalifat mit Hindernissen

Nach der Ermordung Osmans herrschte tagelang Aufruhr in Medina. Sowohl die Rebellen wie auch jene Prophetengefährten, die in Medina verblieben waren, schlugen ihm vor, das Kalifat zu übernehmen. Ali lehnte zunächst ab, doch es galt, die Ruhe wieder herzustellen. So stimmte er der Amtsübernahme zu und ließ sich vom Volk bestätigen.

Schon bald forderten ihn die alten Gefährten des Propheten auf, Osmans Mörder zur Verantwortung zu ziehen. Aber noch immer herrschte Unruhe im Land, die Menschen waren unzufrieden und Medina war teils in der Hand von Aufrührern. Ali wollte zunächst die sozialen Missstände beseitigen, Sicherheit schaffen und dann dem Recht zur Geltung verhelfen. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten und Aischa, die Witwe des Propheten, setzte sich an die Spitze seiner Kritiker.

Reformen

Ali führte eine umfassende Reform der Verwaltung und der Streitkräfte durch. Er ersetzte die ehrgeizigen Provinz-Gouverneure, die ihre Macht missbraucht hatten. Die Prinzipien der Regierung sind in seinem berühmten Brief an Malik al-Aschtar niedergelegt, den er zum Gouverneur von Ägypten bestimmt hatte. In vieler Hinsicht hat dieses bemerkenswerte Dokument bis heute nicht an Aktualität verloren.

Der neue Kalif erleichterte die Steuerlasten und kümmerte sich persönlich um die Fürsorge für Bedürftige. Niemand durfte sich bereichern, die Budget-Überschüsse wurden dazu verwendet, soziale Härten auszugleichen.

Widerstand gegen Alis Regierung

Bereits unter Osman hatten sich im Kalifat lokale Machtzentren gebildet. Der Omaiyade Mu'awiya, Gouverneur von Syrien, erkannte Ali nicht als Kalif an und forderte Rache für seinen Verwandten Osman.

Aischa und die "Kamelschlacht"

Mittlerweile hielt Aischa, die Witwe des Propheten, in Medina öffentliche Versammlungen ab. In ihren Reden forderte sie Vergeltung für Osman. Obwohl namhafte Prophetengefährten sich weigerten, einen Bürgerkrieg anzuzetteln, wurde eine große Streitmacht zusammengestellt. An ihrer Spitze zog Aischa nach Basra; 656 besetzte sie die Stadt. Ali brach nach Basra auf und die beiden Parteien führten zunächst Friedensgespräche. Diese blieben jedoch erfolglos. Die folgende Schlacht ging als "Kamelschlacht" in die Geschichte ein, weil Aischa in einer Sänfte von ihrem Kamel aus die Truppen gegen Ali führte. Sie unterlag jedoch und nach ihrer Niederlage sandte Ali sie nach Medina zurück. Bevor sie sich trennten, hielten beide Kontrahenten eine Rede, in der sie betonten, dass es zwischen ihnen keine persönliche Feindschaft gebe.

Der Aufstieg des Omaiyaden-Kalifats

Alle Länder mit Ausnahme von Syrien erkannten nun Alis Kalifat an. In Damaskus rüstete Mu'awiya eine starke Armee, die gegen Ali zog. Als sie sich bei Siffin gegenüber standen, wurden monatelange Verhandlungen geführt, die jedoch zu keinem Ergebnis führten. Schließlich wollte Ali eine Entscheidung herbeiführen und griff an. Nach langem Kampf befand er sich im Vorteil. Um der Niederlage zu entgehen, hefteten die syrischen Truppen den Koran an ihre Lanzen, worauf sich Alis Männer weigerten, gegen sie zu kämpfen. Es kam zu einem Schiedsspruch, der sich als Täuschung erwies: indirekt wurde Mu'awiya zum Kalifen erklärt.

Bald hatte Ali gegen anarchistische Tendenzen zu kämpfen. Nach und nach wandten sich einige Provinzen von ihm ab und Mu'awiya weitete seinen Machtbereich aus. 561 wurde Ali während des Gebets von einem Mann ermordet, welcher der Gruppe der Charidschiten angehörte - so genannt, weil sie aus dem Staatsgefüge austraten und keine weltliche Macht anerkannten (heute leben die Nachkommen dieser Gruppierung friedlich in verschiedenen muslimischen Ländern verstreut). Das Kalifat fiel an Mu'awiya, der eine dynastische Erbfolge einführte und die Herrschaft der Omaiyaden begründete. Fast ein Jahrhundert hindurch sollten sie die Geschicke der muslimischen Welt bestimmen.

Ali und die Schia

Ali hatte offenbar immer Anhänger, die der Meinung waren, er hätte der erste Nachfolger des Propheten sein sollen. Diese "Partei" (Schia) stützte sich dabei auf Äußerungen Muhammads, die von anderen Muslimen nicht in dieser Weise verstanden wurden. Nach Alis Tod scharte sich diese Gruppe um seine Söhne Hassan und Hussein. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, verzichtete Hassan auf das Kalifat. Hussein führte jedoch einen Aufstand gegen die weltlich orientierte Herrschaft der Omaiyaden. Seine Bewegung wurde nahe der Stadt Karbala im Irak blutig niedergeschlagen. Besonders die schiitischen Muslime gedenken dieses Ereignisses am 10. Tag des arabischen Monats Muharram (Aschura). Typisch dafür sind die schiitischen Trauerzeremonien. Auch in weiterer Folge befand sich die Schia immer wieder in Opposition zu den Herrschenden - sie ist daher reich an Märtyrern.

Die Schia spaltete sich in mehrere Untergruppen. Die bedeutendsten von ihnen sind die "Zwölfer-Schiiten", die an eine Folge von 12 Imamen, Nachkommen Fatimas und Alis, glauben. Sie sind vor allem im Iran verbreitet. Die Ismailiten erkennen sieben, die Zaiditen im Jemen fünf Imame an.

Alis Gottesliebe gilt auch vielen Sufis als mystisches Vorbild; seine überlieferten Predigten und Schriften wurden in einem Buch gesammelt.

 
 

 

 

 

 
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