CHRISTENTUM - FESTE

Gründonnerstag

 

Ein Nachtmahl in Todesgewissheit

Keine Kopfwäsche für Petrus

Jesus in Todesangst – lässige Apostel

"Es grünt so grün..."

Kirchlicher "Ölwechsel"

Die Glocken "fliegen nach Rom"

 

 

Ein Nachtmahl in Todesgewissheit

Ob das "letzte Abendmahl", das Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seines Todes gefeiert hat, ein Pessachmahl war oder nicht, ist in der Forschung umstritten. Sicher ist, dass Jesus bei diesem Mahl bereits ausdrücklich auf seinen bevorstehenden Tod Bezug genommen hat.

Was sich bei dem letzten Abendmahl ereignet hat, ist den Aposteln offenbar "in die Knochen gefahren": Jesus sagt ihnen, als er den Becher mit Wein nimmt, dass er nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken werde: Er hat bereits die Gewissheit, dass er bald sterben muss.

Leib und Blut

Nach dem üblichen Tischsegen über Brot und Wein deutet Jesus diese Gaben auf seinen bevorstehenden Tod: "Das ist mein Leib – das ist der neue Bund in meinem Blut." Durch seinen Tod, sein "Blut", verheißt Jesus seinen Jüngern einen erneuerten Bund mit Gott. Sein eigener Tod wird nicht sinnlos sein. Und er trägt den Jüngern auf, fortan dieses Mahl wie er zu feiern und verspricht, ihnen durch die Gaben von Brot und Wein nahe zu sein. Dieses Gedächtnis begehen die Christen in jeder Messe bei der Eucharistiefeier – so sagen Katholiken dazu. Evangelische Christen sprechen traditioneller Weise vom "Abendmahl".

Ich denke, also bist du

Wenn Jesus den Aposteln beim letzten Abendmahl aufträgt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!", dann ist das nicht bloß der Aufruf zu nostalgischen Gelagen. Das griechische Wort "Anamnesis" (Gedächtnis) meint mehr: Es bedeutet, dass im Feiern des Mahles die Verheißung von Jesu Gegenwart Wirklichkeit wird.

 

Keine Kopfwäsche für Petrus

Das Johannesevangelium berichtet davon, dass Jesus bei jenem letzten Abendmahl seinen Jüngern die Füße wäscht. Seine Jünger empören sich über diese Fußwaschung , weil sie als Sklavendienst gilt. Und Petrus wehrt sich sogar lautstark dagegen – und bekommt dafür doch keine "Kopfwäsche".

Zur Zeit Jesu war es im Orient die Arbeit der Sklaven und Diener, ihren Herren und deren Gästen die schmutzigen Füße zu waschen. Jesus hält sich nicht an dieses ungeschriebene Gebot. Er, der Rabbi und Lehrer, wäscht seinen beschämten Jüngern die Füße. Und er tut dies mit den Worten: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." Diese Fußwaschung gilt – neben den Einsetzungsworten über Brot und Wein – als zweites großes Symbol am Gründonnerstag. Jesus will nicht herrschen, sondern dienen, was er auch in seinem Tod und in der Auferstehung vollzieht. "Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben."

Der vorlaute Klassensprecher

Petrus wehrt sich zunächst dagegen, dass Jesus – sein Herr und Meister – ihm diesen Sklavendienst der Fußwaschung leisten will: "Niemals sollst du mir die Füße waschen!" Doch Jesus entgegnet ihm: "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir." Theologen meinen übrigens, dass mit diesem Wort im Johannesevangelium schon eine Anspielung auf die christliche Taufe vorliegt. Petrus jedenfalls meint darauf überschwänglich: "Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt!" Doch diese "Kopfwäsche" erspart ihm Jesus.

Der Kaiser übt Volksnähe

Im Alten Testament galt die Fußwaschung als Zeichen der Gastfreundschaft. Im Mittelalter vollzogen sie die Mönche an den Armen, die sie in ihren Klöstern verpflegten. Seit dem 7. Jahrhundert ist diese Zeremonie Teil der Gründonnerstagsliturgie. Auch im weltlichen Bereich fand sie ihre Entsprechung: Der Kaiser nahm sie an zwölf älteren Männern vor, die Kaiserin an zwölf Frauen. Damit konnte der Herrscher sein Amt quasi als von Gott gegeben demonstrieren.

Apostelinnen?

Heute wird die Fußwaschung in manchen Pfarren nach der Predigt vollzogen: Der Priester wäscht als Repräsentant Christi einigen ausgewählten Mitgliedern der Gemeinde die Füße. Lange Zeit waren es nur Männer. Doch weil die Gleichberechtigung auch vor den Kirchentüren nicht wirklich halt machen kann, sind jetzt oft auch schon Frauen und sogar Kinder dabei.

Jesus in Todesangst – lässige Apostel

Nach dem Abendmahl ging Jesus, der bereits wusste, was ihm bevorstand, mit seinen Jüngern ins Kidrontal. Im Garten Getsemani, wo sie übernachten wollten, geriet Jesus in Todesangst. Er wachte und betete. Die Apostel hingegen durchschauten den Ernst der Lage offenbar nicht und gaben sich lässig: Sie schlummerten tief und fest.

Petrus, Jakobus und Johannes: Diese drei bat Jesus, mit ihm zu wachen und zu beten. Die aber begriffen offenbar nicht, wie schwer diese Stunde für Jesus war: Sie schliefen tief und fest. Während sie noch schlummerten, kamen die Schergen der Hohenpriester mit dem Verräter Judas an der Spitze, um Jesus festzunehmen. Da waren die Apostel plötzlich wieder wach, liefen davon und ließen Jesus im Stich. Die Bibel stellt den Aposteln in dieser Situation also kein gutes Zeugnis aus und ist entwaffnend ehrlich.

Nachtwache in den Kirchen

Am Schluss der Abendmahlmesse am Gründonnerstag werden die kurz zuvor konsekrierten Hostien in eine Nebenkapelle oder auf einen Seitenaltar übertragen. Bis zur Osternacht findet keine Eucharistiefeier mehr statt. In einer Anbetungsstunde, oft "Ölbergstunde" genannt, gedenkt man der Geschehnisse jener Nacht, in der Jesus an seine Feinde ausgeliefert wurde. Also an die Todesangst Jesu im Garten Getsemani, den Verrat durch Judas, die Gefangennahme Jesu und die Verleugnung des Petrus.

"Es grünt so grün..."

Dass der "Gründonnerstag" diesen farbigen Namen trägt, weil an diesem Tag mancherorts Spinat als Fastenspeise serviert wird, ist ein hartnäckiges, aber falsches Gerücht.

Viel trauriger

Die Bezeichnung "Gründonnerstag" wird vom Wort "greinen" abgeleitet. Es bedeutet soviel wie "weinen". Weinen deswegen, da an diesem Tag die Büßer einer Gemeinde, die man auch "Weinende" nannte, wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen wurden. Doch landläufige Deutungen sind meist besonders einprägsam: So wird der Name im Volksmund auch von den grünen Kräutern hergeleitet, die am Gründonnerstag serviert wurden. Oder vom grünen Spinat.

Start in die "heiligen drei Tage"

Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu, gilt als höchstes Fest der Christenheit. Doch Ostern ist von den Kartagen nicht zu trennen: Das "Triduum Sacrum", die heiligen drei Tage, beginnen mit dem Gründonnerstag. Zum "Triduum Sacrum" gehören neben dem Gründonnerstag auch der Todestag Jesu (Karfreitag) und der Tag der Grabesruhe (Karsamstag).

Kirchlicher "Ölwechsel"

Bei der Chrisam-Messe werden die Heiligen Öle geweiht, die für die Spendung der Sakramente und andere Weihehandlungen gebraucht werden. Eigentlich ist dieser Gottesdienst für den Gründonnerstag Vormittag vorgesehen. In manchen Diözesen wird die Chrisam-Messe aber bereits in den ersten Tagen der Karwoche gefeiert.

Chrisam besteht aus Olivenöl mit einem Zusatz aromatischer Stoffe. Im Mittelmeerraum war das Olivenöl als Heilmittel und für die Körperpflege in Gebrauch. Könige wurden im Orient gesalbt: "Messias" heißt "der Gesalbte" und ist ursprünglich ein Synonym für "König". Bei kirchlichen Feiern wird das Chrisam-Öl bei Taufen, Firmungen, Priester- und Bischofsweihen verwendet. Das Krankenöl wird bei Krankensalbungen gebraucht. Für die Katechumenen, die Taufbewerber, wird ein eigenes Öl geweiht. Weil der Gründonnerstag auch als Tag der Einsetzung des Priesteramtes gilt, kann bei dieser Bischofsmesse die Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst erneuert werden.

Die Glocken "fliegen nach Rom"

Beim Gloria der Abendmahlmesse am Gründonnerstag läuten die Ministranten alle verfügbaren Glocken der Kirche. Dann verstummen die Glocken ebenso wie die Orgel bis zur Osternachtsfeier. Im Volksmund heißt es: "Die Glocken fliegen nach Rom." Bis zur Osternacht geben jetzt die Ratschenkinder die Gebetszeiten an.

In den Tagen, in denen die "Glocken in Rom sind", haben die Ratschenbuben ihren großen Auftritt. Weithin hörbar sind sie von Haus zu Haus zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs und bekommen für ihren Besuch Süßigkeiten, Eier und Geld. Hauptsächlich sind es die Ministrantenmädchen und -buben, die das Ratschen besorgen. Nach Ende der Ratschentour ist von den Süßigkeiten meist nicht mehr viel übrig.

Lärm aus Holz

Die Ratschen sind so gebaut: Ein rechteckiger Fichtenholzrahmen hat in der Mitte eine tief gerillte Holzwalze mit einer Kurbel zum Drehen. Auf ihr liegen von oben her je fünf bis sieben gespaltene, elastische Fichtenholzspäne auf. Diese sind zwischen Quersprossen durchgeflochten und werden so fest im Rahmen gehalten. Beim Drehen der Kurbel schnellen sie von den Kämmen der Walze in die Rillen, wodurch der Ratschen-Ton erzeugt wird.

Als es noch keine Glocken gab

Die hölzernen Krawall-Instrumente stammen aus einer Zeit, als Glocken im kirchlichen Gebrauch noch unbekannt waren – behaupten Fachleute. Die Glocken kamen ja aus dem Osten und haben sich im sechsten bis achten Jahrhundert in ganz Europa verbreitet. In Österreich sind sie seit der Jahrtausendwende bekannt.

 

 

 

 

 
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