Das "Evangelium des Barnabas"
Von Christine Schirrmacher (Biografie)
Was hat es mit dem "Barnabasevangelium" auf sich? Von
muslimischen Apologeten wird es fast durchgängig für "das
wahre Evangelium Jesu Christi" gehalten, während Nichtmuslime
es als Fälschung aus dem Mittelalter
ablehnen. Ein gültiger Beweis dafür, dass das
Barnabasevangelium bereits vor dem 16. Jahrhundert existiert hat,
konnte nie erbracht werden. Trotzdem treten Muslime vehement für
dessen Echtheit ein, da es den Anspruch erhebt, die Wahrheit über
das Christentum zu enthalten. Es leugnet dabei die Gottessohnschaft
Jesu, seinen Erlösertod am Kreuz und seine Auferstehung.
Das sogenannte Barnabasevangelium, das jüdische, christliche und
muslimische Elemente in sich vereinigt, schildert die
Lebensgeschichte von Jesus Christus und seinen Jüngern: von der
Ankündigung der Geburt Jesu bis zu seinem Tod. Es berichtet von
seinen Wundern, Gleichnissen, Lehrreden, schließlich vom letzten
Abendmahl, vom Verrat, dem Prozess und von der Kreuzigung. Dieser
gibt das Barnabasevangelium eine islamische Deutung: nicht Jesus,
sondern Judas stirbt am Kreuz. Diese "Ersatztheorie"
besagt, dass Judas mit Jesus verwechselt wurde und anstatt seiner am
Kreuz starb - die heutzutage häufigste Meinung unter muslimischen
Theologen. Die einzige Aussage des Korans über die Kreuzigung Jesu
(Sure 4,157-158) macht nur dunkle Andeutungen, die so ausgelegt
werden könnten, dass nicht Jesus, sondern ein anderer gekreuzigt
wurde. Mit der Erklärung, dies sei Judas gewesen, legt das
Barnabasevangelium gewissermaßen den Koran aus.
Absicht und Umstände der Abfassung
Für jeden Nichtmuslim, der das Barnabasevangelium nicht einfach
aus Parteinahme für den Islam verteidigen möchte, sprechen
schwerwiegende Gründe gegen dessen Echtheit. Alles deutet auf eine
Abfassung zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert hin. Ernstzunehmender
ist die Frage nach der Absicht und den Umständen der Abfassung.
Nichtmuslime gehen meist davon aus, dass ein zum Islam konvertierter
Christ, der daher sowohl mit dem Christentum als auch mit dem Islam
vertraut war, solch ein Evangelium verfasst haben könnte. Dies
geschah möglicherweise sogar aus Rache am Christentum, etwa wegen
der spanischen Inquisition im 16./17. Jahrhundert, denn Spanien gilt
als wahrscheinlicher Ursprungsort.
Versuche die Echtheit zu beweisen
Da muslimische Apologeten davon ausgehen, dass das
Barnabasevangelium ein frühchristliches Dokument ist, versuchen sie
dessen Echtheit zu beweisen, indem sie nach Vorläufern des Textes
suchen. Es werden mehrere Dokumente der frühchristlichen
Kirchengeschichte angeführt, um eine gemeinsame Autorenschaft zu
"belegen". Zu den Dokumenten, die dafür herangezogen
werden, gehört der kurze Barnabasbrief: Er enthält jedoch nur
kurze 21 Kapitel, während das sogenannte Barnabasevangelium 222
lange Kapitel umfasst. Muslime führen weiter die Barnabasakten an
(Vgl. Adolf Harnack, Barnabas, in: Albert Hauck (Hg.),
Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 2,
Leipzig 1897/3, Seite 410-413, hier Seite 411f) ein
pseudoepigraphisches Werk aus dem 5. Jahrhundert in Griechisch
abgefasst. Ebenso häufig wird der Codex Barocci 39 genannt, nur ein
kurzes Textfragment, das jedoch keinen Hinweis enthält, es könnte
mit dem Barnabasevangelium übereinstimmen.
Es bleiben Spekulationen
Das "Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non
recipiendis" aus dem 4./5. Jahrhundert (Vgl. die Liste der
apokryphen Schriften bei Edgar Hennecke, New Testament Apocrypha,
Hg. von W. Schneemelcher, 2 Bde., London 1963-1965. hier Bd. I,
Seite 47-49) führt zwar ein Barnabasevangelium in der Liste seiner
Schriften auf , aber von diesem ist nichts erhalten, so dass es
unbegründbare Spekulation bleiben muss, dass dieses
Barnabasevangelium mit dem heutigen Text irgendetwas zu tun haben
könnte. Gleichermaßen verhält es sich mit dem "Verzeichnis
der 60 Kanonischen Bücher" (Vgl. Theodor Zahn, Geschichte des
Neutestamentlichen Kanons, Bd 2, Erlangen/Leibzig 1890, Seite
289-293) aus der Zeit des 7./ 8. Jahrhunderts, das ein
Barnabasevangelium namentlich auf führt. Keinerlei Dokumente der
ganzen frühchristlichen Kirchengeschichte geben jedoch irgendwelche
Hinweise darauf, dass jemals eine Verbindung zu jenem
Barnabasevangelium bestanden habe, um das sich die
christlich-muslimische Kontroverse eben dreht.
Islamisches Gedankengut
Das heute vorliegende Barnabasevangelium enthält fraglos
islamisches Gedankengut, das - obwohl außer von der Person
Muhammads nirgends ausdrücklich vom Islam selbst die Rede ist -
stark an den Koran und die muslimische Überlieferung erinnert. Da
der Islam erst im 7. Jahrhundert n. Chr. entstand, kann dieses
Evangelium nicht aus früherer christlicher Zeit stammen. Etliche
Aussagen des Barnabasevangeliums sind zudem mit der Geschichte und
Geographie Palästinas überhaupt nicht vereinbar, sodass es nicht
vorstellbar ist, dass der Autor des Barnabasevangeliums in
Palästina gelebt habe. Weiter fehlt irgendeine verlässliche
Quelle, die vor dem 18. Jahrhundert über den Inhalt dieses
Evangeliums berichtete. Etliche Anhaltspunkte aus dem Text selbst
sprechen hingegen für eine spätmittelalterliche oder gar
frühneuzeitliche Abfassung, also zwischen dem 14. und 16.
Jahrhundert. Gegen eine Datierung des Textes in das erste
nachchristliche Jahrhundert sprechen eindeutig: Das
Barnabasevangelium erhebt den Vorwurf der Verfälschung des Alten
Testamentes durch die Tradition der "falschen Pharisäer"'
- die Partei der Pharisäer entstand aber erst zwischen 135 und 104
v. Chr (Das Buch Davids und das Buch Moses sollen gemäß dem
Barnabasevangelium verfälscht worden sein: Lonsdale and Laura Ragg,
The Gospel of Barnabas, Oxford 1907, CXXIV/ 284+CLIX/370 (Die
römische Zahl gibt das Kapitel des Evangeliums an, die
darauffolgende Zahl die Seite des italienischen Manuskripts)).
Christliche und muslimische Ansichten gehen
auseinander
Mehrere Propheten wie Adam, Abraham, Ismael, Mose, David und
Jesus, der Sohn der Maria, werden als "Gesandte Gottes"
bestätigt: Dies ist zwar die Sicht des Korans, aber nicht des
Christentums, das zwischen Adam, Abraham und Jesus erhebliche
Unterschiede macht und nicht alle gleichermaßen als
"Gesandte" bezeichnet. Im Barnabasevangelium rezitiert
Adam das islamische Glaubensbekenntnis, das zu frühchristlicher
Zeit natürlich niemand gekannt haben kann. Die Verheißung der
Geburt Jesu wurde - nach dem Barnabasevangelium - Ismael, nicht
Isaak, gegeben, und dieser Ismael wurde statt Isaak von Abraham
geopfert: Dies ist die koranische Sicht der Abrahamsgeschichte.
Jesus stammt nach dem Barnabasevangelium nicht von David ab. Ihm
gemäß ergeht auch an Maria und Joseph der Befehl Gottes, Jesus von
Wein, starkem Getränk und unreinem Fleisch - also Schweinefleisch -
fernzuhalten - ein islamisches Verbot. Jesus ist nach der Aussage
des Barnabasevangeliums nur zu Israel gesandt: Das entspricht der
muslimischen Theologie, die davon ausgeht, dass jeder Prophet der
Geschichte nur partiell zu seinem eigenen Volk gesandt war. Nur
Muhammad selbst war zur ganzen Welt gesandt.
Im Barnabasevangelium kündigt Jesus Muhammads
Kommen an
Als Jesus nach dem Barnabasevangelium seine Offenbarung im Alter
von 30 Jahren erhält, wird er beim Mittagsgebet von einem hellen
Licht umstrahlt und von Engeln umgeben. Der Engel Gabriel
überreicht Jesus ein Buch, das in sein Herz dring: Es ist
muslimische Tradition, dass der Engel Gabriel Muhammad seine
Botschaft übermittelte. Jesus bezeichnet Muhammad im
Barnabasevangelium als den Größeren, dem er nicht wert ist, die
Schuhriemen zu lösen: Hier übernimmt Jesus die Rolle Johannes des
Täufers aus dem Neuen Testament. Jesus kündigt das Kommen
Muhammads an und nennt bereits seinen Namen. Jesus bittet Gott,
Muhammad zu senden, um die Welt zu retten: Niemand wusste wohl zur
Zeit Jesu, dass sechs Jahrhunderte später Muhammad auf der
Arabischen Halbinsel für sich in Anspruch nehmen würde, von Gott
gesandt zu sein und die Wahrheit zu predigen. Die Kreuzigung des
Judas entspricht nicht den Evangelien: Hier wird eine islamische
Deutung der Kreuzigung vorgenommen, die jedoch mit der einzigen
Koranstelle zur Kreuzigung (Sure 4, 157-158) in Einklang gebracht
werden könnte. Das Barnabasevangelium nimmt bereits eine
apologetische Deutung des Christentums vor, wenn es darauf anspielt,
dass der Apostel Paulus von einigen christlichen Dogmen abgewichen
sei. So beklagt Barnabas etwa, von Paulus zur Lehre von der
Gottessohnschaft Jesu verführt worden zu sein. Dass Paulus der
"Verderber" des ursprünglichen Christentums ist, wird von
Bibelkritikern und islamischen Apologeten gleichermaßen wiederholt.
Aussagen im Widerspruch zu Koran und Bibel
Gleichzeitig muss betont werden, dass es auch Aussagen im
Barnabasevangelium gibt, die weder mit dem Koran noch mit der Bibel
in Einklang zu bringen sind. Vom Koran weichen etwa Barnabas'
Ausführungen über die Hölle als einen nur zeitweiligen
Aufenthaltsort der Sünder ab - der Koran lässt keinen Zweifel
daran, dass einmal in die Hölle Verbannte dort auf ewig verbleiben
müssen. Im Widerspruch zum Koran steht auch die immer neu
wiederholte Aussage, dass Muhammad der Messias ist. Gleichzeitig
wird mehrfach geleugnet, dass Jesus der Messias ist. Das
Barnabasevangelium bezeichnet Jesus jedoch als "chrissto"
(Christus). Man hat daher vermutet, dass der Autor nicht wusste,
dass "Christus" die griechische Übersetzung des
hebräischen "Messias" ("der Gesalbte") ist.
Nach dem Koran wird Jesus in Jerusalem geboren, nach dem
Barnabasevangelium in Bethlehem. Nach dem Koran kommt er unter einer
Palme zur Welt, nach dem Barnabasevangelium in einer Herberge. Nach
dem Koran leidet Maria große Schmerzen bei der Geburt (vgl. Sure
19,23), nach dem Barnabasevangelium bringt sie Jesus ohne Schmerzen
zur Welt. Der Koran kennt sieben Himmel (Sure 2,29), das
Barnabasevangelium neun. Der zehnte Himmel ist dort das Paradies.
Das Barnabasevangelium tritt eindeutig für die Monogamie ein,
während die Mehrzahl der Muslime in Sure 4,3 eine Erlaubnis zur
Heirat von bis zu vier Frauen sieht.
Innere Widersprüche
Das Barnabasevangelium selbst weist darauf hin, dass das
ursprüngliche Evangelium verfälscht worden sei. Wäre Barnabas
tatsächlich ein Zeitgenosse Jesu gewesen, wäre das Neue Testament
noch gar nicht abgeschlossen gewesen. Zudem hätte das
Barnabasevangelium sein eigenes Schicksal vorausgesagt. Auch macht
der Autor des Barnabasevangeliums durch geographische und
historische Missgriffe deutlich, dass er weder Palästina jemals
besucht noch im ersten nachchristlichen Jahrhundert gelebt haben
kann: Im Barnabasevangelium ist Nazaret ein Ort an der Küste des
Sees Genezaret. Nazaret liegt jedoch auf einem Hügel. Jesus steigt
nach dem Bericht des Barnabasevangeliums vom See Genezaret nach
Kapernaum hinauf. Kapernaum liegt jedoch direkt am See Genezaret.
Das Barnabasevangelium berichtet, dass Jesus in ein Schiff gestiegen
und nach Jerusalem gefahren sei. Jerusalem liegt jedoch im
Landesinneren und ist nicht per Schiff erreichbar. Ninive liegt nach
der Beschreibung des Barnabasevangeliums in der Nähe der
Mittelmeerküste. Es ist jedoch am Tigris, weit im Landesinnern,
gelegen.
Zeitangaben stimmen nicht
Die Zeitangaben zur Geburt Jesu im Barnabasevangelium stimmen
nicht mit der historischen Überlieferung überein. Das
Barnabasevangelium berichtet von 600.000 römischen Soldaten in
Palästina. So viele Soldaten gab es im ersten nachchristlichen
Jahrhundert vielleicht im gesamten Römischen Reich, keinesfalls
jedoch in Palästina. Das Barnabasevangelium berichtet von 17.000
Pharisäern zur Zeit des Alten Testamentes. Die Partei der
Pharisäer entstand jedoch erst im zweiten vorchristlichen
Jahrhundert. - Das Barnabasevangelium beschreibt einen europäischen
Sommer mit: "alles trägt Frucht". In Palästina regnet es
zwar im Winter, im Sommer ist das Land jedoch vertrocknet.
Parallelen zu Werken Dante Alighieris
Schon die Herausgeber der ersten italienisch-englischen Edition
des Barnabasevangeliums, Lonsdale und Laura Ragg (1907), wiesen auf
allfällige Parallelen zwischen dem Barnabasevangelium und den
Werken des größten italienischen Dichters, Dante Alighieri
(1265-1321), wie etwa "La divina commedia" (Die göttliche
Komödie) hin, und zwar insbesondere mit Bezug auf Dantes
Darstellungen von Himmel, Hölle und Paradies.(Lonsdale and Laura
Ragg, The Gospel of Barnabas, Oxford 1907, CLXIX/390) So stimmt etwa
die Zahl von neun bzw. einschließlich des Paradieses von zehn
Himmeln aus dem Barnabasevangelium ebenso wie die Unterteilung der
Hölle in sieben Zentren mit Dantes Schilderung genau überein. Was
die unmittelbare Beziehung beider Texte zueinander betrifft, so hat
Lonsdale Ragg - ein Experte für italienische mittelalterliche
Literatur die Vermutung geäußert, dass das Barnabasevangelium und
Dantes "Göttliche Komödie" zwar unabhängig voneinander,
aber hinsichtlich ihres Umfeldes in engerer Beziehung zueinander
entstanden sind. (Lonsdale Ragg, Dante and The Gospel of
Barnabas", in: Modern Language Review 3/1907, Seite 157-165)
Die wahrscheinlichste Abfassungszeit des Barnabasevangeliums liegt
für Lonsdale Ragg zwischen 1300 und 1350. Nachfolgende Forscher
haben diesen Zeitraum bis etwa zum 16. Jahrhundert erweitert.
Abfassung wahrscheinlich im Mittelalter
Folgende Fakten sprechen für eine mittelalterliche
Abfassungszeit: Nach dem Barnabasevangelium wird das
"Jubeljahr" im Abstand von 100 Jahren gefeiert, während
das Alte Testament einen 50jährigen Zeitraum nennt. Im Jahr 1300 n.
Chr. setzte Papst Bonifatius VIII. die Jubeljahrfeier auf einen
100jährigen Turnus fest. Aber schon im Jahr 1343 verkürzte Clemens
VI. die Zeit auf 50 Jahre und kündigte das nächste Jubeljahr für
das Jahr 1350 an. So war die Frist für die Feier des Jubeljahres
nur zwischen 1300 und 1343 auf einen 100jährigen Abstand
festgelegt, wie das Barnabasevangelium beschreibt. Urban VI.
verkürzte 1389 die Frist auf einen 33jährigen und Paul II. im Jahr
1470 auf einen 25jährigen Abstand, der bis zur Gegenwart
beibehalten wurde. (W. Lurz, Heiliges Jahr,
in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 5, Freiburg 1960/1980,
Seite 125f)
Analogien zur Mönchsaskese
Das Barnabasevangelium tritt für Verhaltensweisen ein, die stark
an die mittelalterliche Mönchsaskese erinnern. So wird an etlichen
Stellen Lachen als Sünde verurteilt, (Lonsdale und Laura Ragg, The
Gospel of Barnabas, Oxford 1907, LXXXI7/190; CII/234) Weinen gilt
jedoch als Zeichen geistlichen Lebens." (Ebd., CII/236) Das
Barnabasevangelium zitiert Bibelverse nach der lateinischen
Vulgataübersetzung, die erst Ende des vierten Jahrhunderts entstand
und zur offiziellen katholischen Bibel wurde.
Eine Fülle von Ungereimtheiten
Das Barnabasevangelium berichtet, Jesus und seine Jünger hätten
"die 40 Tage gehalten". (Ebd., XCII/212) Die
vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern wurde jedoch erst im vierten
Jahrhundert n. Chr. eingeführt und sollte an das Leiden und Sterben
Jesu erinnern, was vor seinem Tod nicht gut möglich war. Das
Barnabasevangelium erwähnt eine Goldmünze, den Dinar zu 60 minuti.
Diese Münze wurde nur kurze Zeit im Mittelalter in Spanien
verwendet; ein Argument, das die These von der Entstehung des
Barnabasevangeliums in Spanien zu stützen scheint. Im
Barnabasevangelium werden Holzfässer zur Weinaufbewahrung erwähnt,
im Nahen Osten waren jedoch Lederschläuche üblich. Im Gegensatz
zum Koran beschreibt das Barnabasevangelium, dass Maria ihr Kind
ohne Schmerzen zur Welt bringt, - eine Lehre, die erst in der Kirche
des Mittelalters aufkam. Das Barnabasevangelium betont die Bedeutung
der Almosen, des Fastens, der Wallfahrt und des fünfmaligen
Gebetes, das auch Jesus ausführt, womit der Text auf einen Zeitraum
nach der Entstehung des Islams im 7. Jahrhundert n. Chr. hinweist.
Im Barnabasevangelium wird die verbotene Frucht im Paradies, die das
Alte Testament nicht näher bestimmt, als Apfel bezeichnet, was
ebenfalls eine Entwicklung der späteren Kirchengeschichte ist.
Christlich-muslimische Gegenpole
Auf diese und einige weitere Punkte Stützen sich die meisten
Abhandlungen von nichtmuslimischer Seite in ihrer Ablehnung der
Annahme, bei dem heutigen Barnabasevangelium in italienischer
Sprache handle es sich um ein Dokument der frühen
Kirchengeschichte. Bis heute erscheinen in etlichen islamischen
Ländern - vor allem von Christen - Abhandlungen, die sich gegen die
Echtheit des Barnabasevangeliums wenden, und ebenfalls bis heute
geht das Bemühen von muslimischer Seite dahin, zu
"beweisen", dass dieses Barnabasevangelium das einzig
wahre Evangelium ist und die vier Evangelien des Neuen Testamentes
Fälschungen darstellen.
Bearbeitet und gekürzt von Ernst Pohn
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