Die frühe Kirche und die stete Wiederkehr der Welt
Die existentielle Frage nach der Wiederkehr der Welt stellte man
sich schon zu Beginn der Kirche und immer dort, wo Menschen zur
Erhellung ihres Daseins Mythen bildeten, wie etwa den vom Phönix,
der aus der Asche steigt. Für die
jungen Christengemeinden waren sowohl Mythologien von Abfall und
Wiederkehr der Welt, als auch jene von der Wiederkehr der Seelen in
neuen Leibern unannehmbar.
In der Welt der jungen Kirche erfuhr sich der Mensch eingebunden
in die ihn umgebende Welt. Dennoch stellte er die Frage nach seinem
persönlichen Sinn, nach der Erlösung seiner selbst als eines
Mikrokosmos. Er fragte aber auch nach der Erlösung des Alls, des
Makrokosmos, als dessen Teil er sich erlebte und verstand. Wenn wir
also vom ewigen Kreislauf der Welt sprechen, dann haben wir unsere
Erörterungen in zwei miteinander verbundene Fragekomplexe
aufzugliedern: in den nach dem Kreislauf der persönlichen und
sozusagen individuellen Welt (Mikrokosmos) und in den nach der
kosmischen Welt (Makrokosmos).
Der Mythos Phoenix
Einer der Urmythen, wohl aus Indien über Persien und Ägypten in
die Mittelmeerwelt der Griechen und Römer eingedrungen, war der des
Phönix. Des Phönix Leben währt Jahrhunderte, er fühlt dann sein
Ende nahen und baut ein Nest zum Sterben. Die Sonne entzündet Nest
und Vogel. Der Phönix verbrennt und ersteht wieder als neue, reine
und verjüngte Welt. Das Christentum traf auf diesen Mythos als
Mythos vom Licht, Licht-Schenken und Leben - Erhalten, vom Nicht-Sterben-Können,
kurzum von Ewigkeit (Dorothea Forstner/ Renate Becker, Art.:
Phönix. In: Dies., Neues Lexikon christlicher Symbole, Innsbruck
1991, 240-242, hier 241). Nicht von ungefähr konnte es in der Zeit
der Kirchenväter vorkommen, dass dieses mythologische Symbol der
Erlösung auch für Christus Anwendung fand und man Christus als den
göttlichen Phönix bezeichnete.
Unvereinbarkeit des Phoenix Mythos mit der
christlichen Vorstellung von Ewigkeit
Man beachte, dass mit dieser Vorstellung das vorchristliche Motiv
schon gebrochen war: Ewigkeit besagte für die Christen die
bleibende Herrschaft Christi gegenüber der einmaligen und
vollendeten Welt, ohne dass diese Welt nach Jahren wieder zerfällt
und in neuen Zyklen entsteht. Die Mysterienfeiern der Kirche und die
damit gegebene Gemeinschaft mit Christus und so mit dem dreifaltigen
Gott waren auch die Glaubenswirklichkeiten, die der jungen Kirche
halfen, sich gegen die Idee des ewigen wiederkehrenden Kampfes von
Gut und Böse zu wehren. Wir werden sehen, dass das junge
Christentum gerade mit dem Hinweis auf die Einmaligkeit der
Heilstaten Christi und seiner Erlösung die Wiederkehr der Welt
ausschloss.
Durch Christus wird der ewige Kreislauf
durchbrochen
Der Phönix galt gemeinhin als Zeichen Christi, des wahren
Sonnengottes, für Klemens von Rom beispielsweise als Verheißung
und Hinweis auf Christi und der Christen Auferstehung. Für Zeno von
Verona zeigte das Phönixgeschehen auf den Ostertag und auf die sich
immer wieder erneuernde Kraft von Taufe und Eucharistie, nicht mehr
jedoch auf viele Welten und viele Wiederkünfte Christi. Nochmals:
Mit Christus, dem Herrn aller Herren, war das ewige Weltreich
angebrochen. Diese neue Welt werde nicht mehr in ihren Anfang
zurückfallen. Eine andere Erlösungsvorstellung, die Heilstat
Christi, hatte den Mythos vom ewigen Kreislauf gebrochen.
Welten-Wiederholung als monistische Emanation
Als die christliche Botschaft in die hellenistische Welt
eindrang, musste sie sich mit einer monistischen Weltsicht
auseinandersetzen, wie sie gewisse gnostische Systeme und vor allem
neuplatonische Gruppen vertraten. Grundsätzlich galt die
vorfindliche Welt als letzte Phase jener Emanation, die notwendig
aus dem UrEinen (hen) als geistigem Pleroma über den Logos als
Viel-Einheit (henkai-panta) zur Welt der Vielheit, des Chaos, der
Materie voranschreitet und abfällt, um dann gleich nach dieser
Expansion in einer Retraktion vom Chaos der Vielheit (panta) über
die Viel-Einheit des Logos (hen-kaipanta) zurückgeführt zu werden
in das Pleroma (hen). Von dort wird sich das Pleroma (hen)
schließlich in einer neuen Emanation ausdehnen. Unsere Welt deutete
man als ewiges Gehen und Kommen, Dehnen und Zusammenziehen,
Geist-Werden und Leib-Werden. Es galt allein die göttliche
Notwendigkeit dieses Wechsels. In manchen Nachrichten finden wir
auch den Weltenbrand angedeutet. Er ist, weil ja Feuer nach oben
steigt, Indiz dafür, dass sich nun alles ins obere Pleroma
zurückentwickelt, bis Welt in neuer Emanation entstehen kann.
Der Anteil des Menschen an der Emanation
Die monistischen Emanationssysteme der Gnosis und des
Neuplatonismus sahen ebenso den Menschen als Fall und Stufe dieser
notwendigen Emanation, trug er doch für sie das Gefälle von Geist
zu Psyche und Leib in sich. Wir kennen Texte, die aus monistischen
und pseudo-christlichengnostischen Kreisen unter dem Stichwort
Auferstehung die Rück- und Heimkehr einer emanierten Seele über
Leib, Psyche und Nous zurück zum namenlos abgründigen Pleroma
verdeutlichen. Es gibt in diesem Sinne drei Phasen von Auferstehung,
d. h. letztlich drei Phasen der Rückbildung des Menschen in das
Pleroma: zunächst die leibliche, dann die psychische und
schließlich die geistige Auferstehung. Die jeweils höhere Phase
entlarvt die untere als Schein und Trug.
Nur der Geist ist von Bestand
In seinem irdisch-leiblichen Tod offenbarte nach Auffassung der
Sekten Christus als der Licht-Gott die irdisch-leibhaftige Welt als
Sterben und Nicht-Sein, als Hirngespinst. Auch die Menschwerdung
Christi selbst entbehrte der Wirklichkeit. Die Wahrheit war nicht
der Mensch, sondern das Pleroma. Der Mensch galt als Schein.
Zunächst bedeutete Auferstehung, dieser Welt, der Vielheit, dem
Chaos und dem Schein abzusterben und alle Konkretheit der
Leiblichkeit als Fall trügerischer Vielheit zu entlarven. Nach dem
Verlassen des Leibes, das man als ein Durchschauen und zugleich ein
Auflösen des Körpers ansah, galt es psychisch, also im Bereich der
Seele, zu spüren, wie sehr man hinaufgezogen wird zum Geist. Es
ging darum, die Seele und ihre Empfindungen zu verflüchtigen in die
Gesetze des Denkens, des Nous, um so im noetischen Leben des Pleroma
aufzugehen. Die junge Kirche erkannte, dass nach solchen
Auffassungen die Vergeistigung des Menschen seine Auflösung und
Entpersönlichung bedeutete. Fügen wir noch hinzu, dass nach dem
Gesetz des Kreislaufs Welt und Mensch bald wieder aus dem Pleroma
herauszutreten und sich auf Vielheit, Schein und Chaos
hinzuzubewegen hätten.
Die Dualistische Sicht des Kreislaufs der Welt
Eine ausgesprochen dualistische Sicht des Entstehens und
Vergehens der Welt, des Makrokosmos, vertraten z. B. die Manichäer.
Für sie war die Welt Gemisch aus Geist und Materie, aus Licht und
Finsternis, aus Oben und Unten, aus Gut und Böse. Die Welt
verstanden sie als Ort des Kampfes, Licht und Dunkelheit zu trennen,
das Lichtreich aufzubauen und die Finsternis im Dunkelreich
einzukerkern (Siehe: Die Gnosis. Dritter Band. Der Manichäismus.
Unter Mitwirkung von Jes Peter Asmussen eingeleitet, übersetzt und
erläutert von Alexander Böhlig. Zürich 1971). Welt habe, so
lehrten sie, einen ihr immanenten Sinn. Sie sei durch Unkenntnis und
Irrtum entstanden. Welt sei Kampfplatz zur Rettung des Lichtes. Wie
in Gebeten steige das Licht auf zu Mond und Sternen, schließlich
zur Sonne. Man wusste nicht, ob sich der Irrtum eines neuerlichen
Kampfes zwischen Licht und Dunkel wiederhole, vielmehr glaubte man, dass
in den verschiedenen Phasen von Trennung und Mischung, von Licht und
Dunkel, die gleiche Irrationalität herrsche. Erlösung bedeutete
den Manichäern Stabilisierung des Dualismus, der beiden Reiche, auf
alle Fälle Auflösung dieser Welt und Verbrennen von Rückständen.
Aber ein neuerlicher Kampf war nicht ausgeschlossen und machte so
die vorherige Erlösung absurd.
Nur bedingte Relevanz menschlicher Erlösung?
Die Frage nach Erlösung bezüglich des Mikrokosmos steht hier
eigentlich nur "pro forma", weil sich in den streng
dualistischen Systemen, ähnlich den streng monistischen, keine
menschliche Personalität bis ins Eschaton durchhält. Es bleiben
nur die Lichtteile als Reich des Lichtes und die Teile der
Finsternis als Reich des Bösen "irgendwie" erhalten. Ein
neuerlicher Kampf beider ergäbe wieder ein gegenseitiges
Durchdringen, ergäbe Mensch, Welt und Chaos. Die Christen
erkannten, dass die Verantwortung, die der Mensch gegenüber sich
selbst und gegenüber der Welt empfindet, nicht nur beschränkt,
sondern absurd würde, wenn der Mensch selbst das Produkt von Irrtum
und ein Gemisch von Chaos wäre.
Christliche Argumentation: Freiheit gegen
Notwendigkeit
Die christliche Auseinandersetzung mit Monismus und Dualismus und
deren Korrektur erfolgte schrittweise und auf Umwegen. Die frühen
Kirchenväter trugen gegen den Monismus Elemente einer Schöpfungs-
und Erlösungslehre vor, die die Vorstellungen von Emanation und
Dualismus aus der Heiligen Schrift und im Blick auf die
soteriologische Bedeutsamkeit der Person Jesu Christi korrigierten.
Gegen die als blind und notwendig erachtete Emanation der Schöpfung
aus Gott und dem All-Einen betonte man die Freiheit der
Schöpfungstat Gottes in Christus. Damit der ewige Sohn Gottes nur
ja nicht als das Produkt einer Emanation gedacht werde, sah ihn
Origenes ebenfalls als Freiheitstat des Vaters. Die ewige Zeugung
des Sohnes war ihm ewiges und freies Wollen des Vaters. Die
Schöpfung galt den Christen ebenfalls als Freiheitstat des Vaters,
war nicht Fall notwendiger Emanation. Man erkannte mehr und mehr das
wichtige Prinzip: Nur wenn Gott gegenüber allen anderen
Wirklichkeiten als freier, d. h. transzendenter Schöpfer gedacht
wird, können diese, wie etwa der Mensch, mutatis mutandis auch Gott
gegenüber als wirklich und als frei gedacht werden.
Der schöpferische Wert des Menschen
Mit der Betonung der freien Tat der Schöpfung und der Freiheit
und der Geistigkeit der Menschen und der Engel sprachen die frühen
Verteidiger des Glaubens zugleich gegen den apersonalen Dualismus
der Manichäer. Mensch und Engel galten in ihren Augen als von Gott
frei gewollte Geist- und Vernunftwesen, waren kein blindes Gemisch
aus dem ewig Guten und ewig Bösen, nicht Gemisch aus ewig lichtem
Geist und unendlich dunkler Materie. Dennoch waren sie in einem
guten Sinn kontingent. Die Kirche betonte, dass sogar die Materie
und alle Leiblichkeit von Gott geschaffen und so Produkt seiner
freien Liebe, Phantasie und Kreativität sei. Keiner der Menschen
sei vor Gott aufgrund seiner Geburt wertvoller als der andere. Nicht
blinde Emanation, sondern Freiheit und Liebe bestimmten den Abstand
der Menschen zu Gott.
Unmittelbarkeit statt Mischung oder Trennung
Bald erkannte man, dass, da das monistische Denken alle Vielheit
(panta) als Schein bezeichnete und nur die Einheit (hen) als
Einzigkeit und Wirklichkeit gelten lassen wollte, der Monismus
entweder Gott und die Welt identifizierte oder gänzlich voneinander
"trennte". Man wies dem Monismus nach, dass er in dem
Moment, in dem er Welt sagte und Scheinwelt meinte und in dem er
Gott sagte und die Realität der Welt meinte, Gott und die Welt
voneinander trennte bzw. Welt zugunsten Gottes oder Gott zugunsten
der Welt leugnete und beide gleichermaßen zerstörte. Für die
frühen Kirchenväter kam es daher darauf an, weder Gott und Welt zu
identifizieren oder zu mischen noch beide zu trennen, sondern zu
verbinden. Man sagte, die ursprungslose Liebe Gottes sei in seinem
Wort und Sohn seit dem Schöpfungsmorgen jeder Wirklichkeit der Welt
gegenwärtig, ohne sich mit ihr zu mischen.
Relative Eigenständigkeit der
Schöpfungswirklichkeit
Gerade die Einsicht von der Freiheit der Schöpfung ermöglichte
es den Theologen der jungen Kirche, die Gegenwart Gottes in der Welt
als Liebe zu denken, die die Schöpfungswirklichkeit in ihre eigene
Freiheit und relative Eigenständigkeit entlässt. Diese
Eigenständigkeit würde ins Nichts versinken, würde die Liebe
Gottes aufhören. Und Erlösung könne, so argumentierte man, nicht
Annihilierung sein, sondern müsse sogar als noch größere Liebe
Gottes verstanden werden, die Mensch und Welt in ihre ewige,
himmlische Eigenständigkeit bei Gott (Paradies) aufnimmt.
Die Betonung der Unmittelbarkeit Gottes
Voranstehende Gedanken von der Unmittelbarkeit der Liebe Gottes
gegenüber der Schöpfungswirklichkeit widersprachen jeglicher
Vermischung von Göttlichem mit der Welt, d. h. auch der Idee von
der Vermischung zweier ewiger und göttlicher Prinzipien von Gut und
Böse. Das Göttliche bzw. Gottes Liebe, sei der Welt stets
unmittelbar und nehme nichts Geschaffenes aus. Daher könne es keine
Wirklichkeit in der Welt geben, der Gott nicht gegenwärtig wäre
und sie beherrsche. Daher schließe das christliche Gottesbild schon
jeglichen Dualismus aus. Immer wieder betonte man, Gottes
Unmittelbarkeit zur Welt einerseits und jede Art von Dualismus
andererseits schlössen einander aus. Nicht umsonst griffen die
Kirchenväter sogar auf biblische Hinweise vom Dialog Gottes mit dem
Teufel zurück, um zu zeigen, dass der Teufel weder ein von Gott
getrenntes Gegenprinzip sein könne noch Gott und Teufel sich zur
Scheinwelt mischen könnten.
Gottes Treue allen Menschen gegenüber
Die Vorstellung von der liebenden Treue Gottes half den
Theologen, die Nähe von Gott und Mensch und zugleich die
Unterschiedenheit von Gott und Mensch verständlich zu machen, also
die Vermischung und zudem die Trennung zu vermeiden. Die Christen
waren überzeugt: Des Menschen Freiheit fällt nicht in das
namenlose hen hinein, sondern bindet sich aufgrund der Treue Gottes,
die in Liebe den Menschen annehmend freigibt, an diesen Gott.
Besonders die Auferstehung des Menschen wurde von der Treue Gottes
her erklärt. Gott sei, so lehrte man, der ganzen Welt und vor allem
dem ganzen Menschen treu. Die konkrete Welt und die einzelnen
Menschen werden eine Ewigkeit so von Gottes Treue umgriffen, dass
sie niemals in gegensätzliche Prinzipien auseinanderfallen und von
einem geistigen Wesen zu einem psychischen und schließlich
leiblichen Wesen zusammenstürzen könnten. Besonders die
Spiritualität der frühen Kirche half mit, diese Antwort
existentiell einzuholen.
Frage nach der Rückkehr der Welt zu Gott
Die entscheidende Frage war für die christliche und
nichtchristliche Welt gleichermaßen die nach der Rückkehr der Welt
zu Gott. Christlicherseits argumentierte man gegen den Monismus mit
der freien Interaktion von Gott und Mensch bzw. Welt. Diese
Interaktion war mit der Schöpfungstat Gottes gegeben, der die Welt
und den Menschen in der Schöpfung zur Bundespartnerschaft gerufen
hatte. Es sei also die Freiheit, die zu Gott zurückkehren lässt,
ob man nun darunter mehr die Freiheit des Menschen oder vor allem
beides zusammen verstehe. Weil also die Rückkehr zu Gott auch
Freiheit des Menschen besage, ordne sie Gott durch seine
pädagogische Vorsehung.
Vorsehung gegen Chaos
Vorsehung wurde so zum Schlüsselbegriff, um zu erklären, wie
Gott in seiner Freiheit der Freiheit des Menschen gerecht wird und
gleichzeitig zu seinem Ziel, dem Heil von Welt und Mensch, kommt.
Gottes Vorsehung sei seine Liebe, die mit Freiheit umgehen könne,
und nicht blinde Notwendigkeit, die töte und letztlich Chaos
schaffe. Gegen alle dualistischen Überzeugungen lehrte das
Christentum aufgrund seines Gottesbildes, dass es keine Wirklichkeit
gebe, die nicht von Gott in ausdrücklichem Wollen geschaffen und
von ihm auch umgriffen und so ihm untertan wäre. Was als gegen den
Menschen und so vielleicht vorschnell gegen das Gute gerichtet
erscheint, kann durchaus von der Vorsehung Gottes gewollt sein, um
den Menschen zum Glück zu "erziehen". Das vermeintliche
Gegenprinzip "Böses" und Unterordnung wird in der Gestalt
des Leidens etwa zum pädagogischen Mittel Gottes
"entmythologisiert". Auch der Teufel ist daher nur
innerhalb einer "Zulassung" durch Gott wirkmächtig. Dem
Chaos kommt keine eigenständige Wirklichkeit zu.
Größe Gottes spricht gegen Wiederkehr
Der Mythos vom ewigen Kreislauf der Schöpfung ließ die Christen
da und dort fürchten, sie könnten ja nach ihrem Ankommen bei Gott
wieder abfallen und die gleiche (?) Welt wieder neu, evtl. auf einer
höheren Stufe beginnen. Dennoch setzte sich, weil die Bibel nur von
einer einzigen Schöpfung Gottes spricht, der Gedanke durch, dass
die Welt ihre Seinsgesetze nicht aus sich, sondern von Gott habe,
also kontingent und von Gott in seinen partnerschaftlichen Bund
gerufen sei, der hier und in der Ewigkeit gelte. Ein Kreislauf der
Welt, etwa mit dem Gedanken einer heimlichen Höherentwicklung der
verschiedenen Welten, würde nach damaliger Auffassung der Christen
dem einmaligen Ruf Gottes, der immer in seine Nähe und
Partnerschaft rufe, nicht gerecht. Denn die Lehre vom Weltenlauf
sagte, dass Gott den einmal gerufenen und geschaffenen Menschen
nicht bei sich bleibend bergen und mit seinem Wort des Gerichts
nicht ewig begnaden könne. Vor allem würde man damit sagen, dass
das jüngste Gericht eine Selbstvervollkommnung des Menschen, allein
seine Tat und nicht Gottes Gnade sei. Gott hätte nur
deklaratorische Bedeutung.
Bleibender Bestand durch Christus Tod
Man begann mehr und mehr zu betonen, dass mit dem jüngsten
Gericht die Neuschöpfung der Welt zu Vollendung komme. Wie könnte
Gott es zulassen, diese Welt aus seiner Liebe fallen zu lassen? Man
wagte es, die Liebe des dreifaltigen Gottes so darzustellen, dass
der Mensch, im Christusbekenntnis der Taufe prinzipiell schon dort
angekommen, im Tod sein Ziel bleibend erreicht hat. "Unruhig
ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir", wird Augustinus
sagen. Es wäre ein kleiner Gott, würde er die bei ihm jetzt schon
durch Schöpfung, Inkarnation und Auferstehung Christi angekommene
Welt wieder verlieren oder nochmals auf den Weg schicken bzw. sie in
ihre Seinsprinzipien zerfallen lassen. Was in Gott geborgen ist,
galt als bleibend und als eindeutig gut.
Teilnahme am ewigen Leben durch den Leib
Christi
Die Kirche feierte die Geheimnisse Christi, seine Menschwerdung,
seinen Tod und seine Auferstehung in der Liturgie der Sakramente
schon unmittelbar nach dem Tod und der Auferstehung Christi. Sie
taufte auf den Tod und die Auferstehung Christi und reichte den
Getauften den gestorbenen und auferstandenen Leib Christi. Seitdem
war sie überzeugt, dass sie und ihre Mitglieder mehr und mehr
diesem Christus gleichgestaltet werden und so an seinem einmaligen
und zugleich ewigen göttlichen Leben teilhaben, das das Leben des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ist.
Ein ewiger Kreislauf wird ausgeschlossen
Würde es einen ewigen Kreislauf, eine neue irdische Geburt nach
dem Tode geben, dann wäre Christus nicht einmal für alle Male
gestorben und auferstanden. Dann wäre die einmal empfangene Taufe
umsonst gewesen, hätte nicht bewirken können, dass unser Wandel
jetzt schon im Himmel ist. Besonders Irenäus betonte für diesen
Fall: Der Empfang der Eucharistie würde uns bloß einen Scheinleib
eines in Wirklichkeit niemals Mensch gewordenen Christus vermitteln.
Was wäre zudem mit unserer Erlösung? Vielmehr erhielten wir Anteil
an dem zur Rechten des Vaters sitzenden Christus. Bei einer
Wiedergeburt und einem Neubeginn müssten wir diesen Christus
verlassen. Andere Kirchenväter versuchten zudem in ihren
Taufkatechesen zu verdeutlichen, wie sehr der Mensch schon jetzt in
das Leben des dreifaltigen Gottes hineingebunden sei, sodass damals
ein Glaube an eine monistische Wiedergeburt psychologisch und auch
gedanklich immer unmöglicher würde.
Durch die Gemeinschaft mit Christus gegen die
ewige Wiederkehr
Die Mysterienfeiern der Kirche und die damit gegebene
Gemeinschaft mit Christus und so mit dem dreifaltigen Gott waren
auch die Glaubenswirklichkeiten, die der jungen Kirche halfen, sich
gegen die Idee des ewigen wiederkehrenden Kampfes von Gut und Böse
zu wehren. Die einmalige Verklärung und Auferstehung Christi, aber
auch die schon hier beginnende, in Taufe und Eurcharistie
grundgelegte Mit-Auferstehung des individuell-einmaligen und
personalen Menschen konnten glauben machen, dass Leib und Geist sich
nicht widersprechen, dass vergängliche Materie und Leib der
Ewigkeit teilhaft werden konnten. Sie mussten und konnten sich ihm,
dem guten Gott und dem Grund alles Guten, nicht wie ein
gleichstarkes widergöttliches Prinzip eigenmächtig entgegensetzen.
Und noch eines betonte man: Der Himmel, also das von Gott in seiner
Nähe gewährte Leben, ist ewiges Leben, besagt für den Menschen
"requies aeterna", nicht Angst vor dualistischem Zerfall
und neuem Marsch durch dunkle Schluchten, Feuer und Weltenbrand. Vor
allem die Sakramente der Taufe und der Eucharistie sprachen gegen
den Dualismus und seinen ewig-irrationalen Kampf von Mischung und
Entzweiung zweier göttlich-teurischer Prinzipien.
Rückbesinnung auf die Basis des christlichen
Glaubens
Der Glaube an den Gott der Allmacht und Freiheit, der Vorsehung
und Liebe, das Bekenntnis zu Christus als dem Sohn Gottes, die
Zugehörigkeit zur Kirche und vor allem die Feier der
Hauptsakramente (sacramenta maiora) Taufe und Eurcharistie waren es,
die den frühen Christen halfen, die monistischen und dualistischen
Heilslehren vom Kreislauf der Welt als der Erlösungssehnsucht des
Menschen nicht entsprechend zu erkennen. Wir haben von verschiedenen
Schritten gesprochen und vieles auseinander genommen, was in der
existentiellen Glaubenssituation zusammen gehört. In die Feier der
Mysterien Christi gehört das christliche Gottesbild und die rechte
Auffassung von Schöpfung und Freiheit hinein. Kirchlicher Glaube
war damals ein Gesamterlebnis. All das Genannte trug dazu bei, dass
der Mensch in der Größe Gottes seine eigene Einmaligkeit und
Würde erkennen konnte. Es war nicht die Macht der Kirche, die ihre
Lehre wirksam machte. Es war die Sinnvorgabe der Gläubigen, die den
Anschluss an die Kirche bewirkte. Wenn heute neuerlich dualistische
und monistische "Erlösungslehren" in den verschiedensten
Sekten aufleben, dann wäre es an der Zeit, sich auf die genannten
Grunderfahrungen und Sinnvorgaben des christlichen Glaubens zu
besinnen.
Bearbeitet und gekürzt von Ernst Pohn
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