Fachartikel

Die frühe Kirche und die stete Wiederkehr der Welt

Von Lothar Lies SJ (Biografie)

 

Die existentielle Frage nach der Wiederkehr der Welt stellte man sich schon zu Beginn der Kirche und immer dort, wo Menschen zur Erhellung ihres Daseins Mythen bildeten, wie etwa den vom Phönix, der aus der Asche steigt. Für die jungen Christengemeinden waren sowohl Mythologien von Abfall und Wiederkehr der Welt, als auch jene von der Wiederkehr der Seelen in neuen Leibern unannehmbar. 

In der Welt der jungen Kirche erfuhr sich der Mensch eingebunden in die ihn umgebende Welt. Dennoch stellte er die Frage nach seinem persönlichen Sinn, nach der Erlösung seiner selbst als eines Mikrokosmos. Er fragte aber auch nach der Erlösung des Alls, des Makrokosmos, als dessen Teil er sich erlebte und verstand. Wenn wir also vom ewigen Kreislauf der Welt sprechen, dann haben wir unsere Erörterungen in zwei miteinander verbundene Fragekomplexe aufzugliedern: in den nach dem Kreislauf der persönlichen und sozusagen individuellen Welt (Mikrokosmos) und in den nach der kosmischen Welt (Makrokosmos).

Der Mythos Phoenix

Einer der Urmythen, wohl aus Indien über Persien und Ägypten in die Mittelmeerwelt der Griechen und Römer eingedrungen, war der des Phönix. Des Phönix Leben währt Jahrhunderte, er fühlt dann sein Ende nahen und baut ein Nest zum Sterben. Die Sonne entzündet Nest und Vogel. Der Phönix verbrennt und ersteht wieder als neue, reine und verjüngte Welt. Das Christentum traf auf diesen Mythos als Mythos vom Licht, Licht-Schenken und Leben - Erhalten, vom Nicht-Sterben-Können, kurzum von Ewigkeit (Dorothea Forstner/ Renate Becker, Art.: Phönix. In: Dies., Neues Lexikon christlicher Symbole, Innsbruck 1991, 240-242, hier 241). Nicht von ungefähr konnte es in der Zeit der Kirchenväter vorkommen, dass dieses mythologische Symbol der Erlösung auch für Christus Anwendung fand und man Christus als den göttlichen Phönix bezeichnete.

Unvereinbarkeit des Phoenix Mythos mit der christlichen Vorstellung von Ewigkeit

Man beachte, dass mit dieser Vorstellung das vorchristliche Motiv schon gebrochen war: Ewigkeit besagte für die Christen die bleibende Herrschaft Christi gegenüber der einmaligen und vollendeten Welt, ohne dass diese Welt nach Jahren wieder zerfällt und in neuen Zyklen entsteht. Die Mysterienfeiern der Kirche und die damit gegebene Gemeinschaft mit Christus und so mit dem dreifaltigen Gott waren auch die Glaubenswirklichkeiten, die der jungen Kirche halfen, sich gegen die Idee des ewigen wiederkehrenden Kampfes von Gut und Böse zu wehren. Wir werden sehen, dass das junge Christentum gerade mit dem Hinweis auf die Einmaligkeit der Heilstaten Christi und seiner Erlösung die Wiederkehr der Welt ausschloss.

Durch Christus wird der ewige Kreislauf durchbrochen

Der Phönix galt gemeinhin als Zeichen Christi, des wahren Sonnengottes, für Klemens von Rom beispielsweise als Verheißung und Hinweis auf Christi und der Christen Auferstehung. Für Zeno von Verona zeigte das Phönixgeschehen auf den Ostertag und auf die sich immer wieder erneuernde Kraft von Taufe und Eucharistie, nicht mehr jedoch auf viele Welten und viele Wiederkünfte Christi. Nochmals: Mit Christus, dem Herrn aller Herren, war das ewige Weltreich angebrochen. Diese neue Welt werde nicht mehr in ihren Anfang zurückfallen. Eine andere Erlösungsvorstellung, die Heilstat Christi, hatte den Mythos vom ewigen Kreislauf gebrochen.

Welten-Wiederholung als monistische Emanation

Als die christliche Botschaft in die hellenistische Welt eindrang, musste sie sich mit einer monistischen Weltsicht auseinandersetzen, wie sie gewisse gnostische Systeme und vor allem neuplatonische Gruppen vertraten. Grundsätzlich galt die vorfindliche Welt als letzte Phase jener Emanation, die notwendig aus dem UrEinen (hen) als geistigem Pleroma über den Logos als Viel-Einheit (henkai-panta) zur Welt der Vielheit, des Chaos, der Materie voranschreitet und abfällt, um dann gleich nach dieser Expansion in einer Retraktion vom Chaos der Vielheit (panta) über die Viel-Einheit des Logos (hen-kaipanta) zurückgeführt zu werden in das Pleroma (hen). Von dort wird sich das Pleroma (hen) schließlich in einer neuen Emanation ausdehnen. Unsere Welt deutete man als ewiges Gehen und Kommen, Dehnen und Zusammenziehen, Geist-Werden und Leib-Werden. Es galt allein die göttliche Notwendigkeit dieses Wechsels. In manchen Nachrichten finden wir auch den Weltenbrand angedeutet. Er ist, weil ja Feuer nach oben steigt, Indiz dafür, dass sich nun alles ins obere Pleroma zurückentwickelt, bis Welt in neuer Emanation entstehen kann.

Der Anteil des Menschen an der Emanation

Die monistischen Emanationssysteme der Gnosis und des Neuplatonismus sahen ebenso den Menschen als Fall und Stufe dieser notwendigen Emanation, trug er doch für sie das Gefälle von Geist zu Psyche und Leib in sich. Wir kennen Texte, die aus monistischen und pseudo-christlichengnostischen Kreisen unter dem Stichwort Auferstehung die Rück- und Heimkehr einer emanierten Seele über Leib, Psyche und Nous zurück zum namenlos abgründigen Pleroma verdeutlichen. Es gibt in diesem Sinne drei Phasen von Auferstehung, d. h. letztlich drei Phasen der Rückbildung des Menschen in das Pleroma: zunächst die leibliche, dann die psychische und schließlich die geistige Auferstehung. Die jeweils höhere Phase entlarvt die untere als Schein und Trug.

Nur der Geist ist von Bestand

In seinem irdisch-leiblichen Tod offenbarte nach Auffassung der Sekten Christus als der Licht-Gott die irdisch-leibhaftige Welt als Sterben und Nicht-Sein, als Hirngespinst. Auch die Menschwerdung Christi selbst entbehrte der Wirklichkeit. Die Wahrheit war nicht der Mensch, sondern das Pleroma. Der Mensch galt als Schein. Zunächst bedeutete Auferstehung, dieser Welt, der Vielheit, dem Chaos und dem Schein abzusterben und alle Konkretheit der Leiblichkeit als Fall trügerischer Vielheit zu entlarven. Nach dem Verlassen des Leibes, das man als ein Durchschauen und zugleich ein Auflösen des Körpers ansah, galt es psychisch, also im Bereich der Seele, zu spüren, wie sehr man hinaufgezogen wird zum Geist. Es ging darum, die Seele und ihre Empfindungen zu verflüchtigen in die Gesetze des Denkens, des Nous, um so im noetischen Leben des Pleroma aufzugehen. Die junge Kirche erkannte, dass nach solchen Auffassungen die Vergeistigung des Menschen seine Auflösung und Entpersönlichung bedeutete. Fügen wir noch hinzu, dass nach dem Gesetz des Kreislaufs Welt und Mensch bald wieder aus dem Pleroma herauszutreten und sich auf Vielheit, Schein und Chaos hinzuzubewegen hätten.

Die Dualistische Sicht des Kreislaufs der Welt

Eine ausgesprochen dualistische Sicht des Entstehens und Vergehens der Welt, des Makrokosmos, vertraten z. B. die Manichäer. Für sie war die Welt Gemisch aus Geist und Materie, aus Licht und Finsternis, aus Oben und Unten, aus Gut und Böse. Die Welt verstanden sie als Ort des Kampfes, Licht und Dunkelheit zu trennen, das Lichtreich aufzubauen und die Finsternis im Dunkelreich einzukerkern (Siehe: Die Gnosis. Dritter Band. Der Manichäismus. Unter Mitwirkung von Jes Peter Asmussen eingeleitet, übersetzt und erläutert von Alexander Böhlig. Zürich 1971). Welt habe, so lehrten sie, einen ihr immanenten Sinn. Sie sei durch Unkenntnis und Irrtum entstanden. Welt sei Kampfplatz zur Rettung des Lichtes. Wie in Gebeten steige das Licht auf zu Mond und Sternen, schließlich zur Sonne. Man wusste nicht, ob sich der Irrtum eines neuerlichen Kampfes zwischen Licht und Dunkel wiederhole, vielmehr glaubte man, dass in den verschiedenen Phasen von Trennung und Mischung, von Licht und Dunkel, die gleiche Irrationalität herrsche. Erlösung bedeutete den Manichäern Stabilisierung des Dualismus, der beiden Reiche, auf alle Fälle Auflösung dieser Welt und Verbrennen von Rückständen. Aber ein neuerlicher Kampf war nicht ausgeschlossen und machte so die vorherige Erlösung absurd.

Nur bedingte Relevanz menschlicher Erlösung?

Die Frage nach Erlösung bezüglich des Mikrokosmos steht hier eigentlich nur "pro forma", weil sich in den streng dualistischen Systemen, ähnlich den streng monistischen, keine menschliche Personalität bis ins Eschaton durchhält. Es bleiben nur die Lichtteile als Reich des Lichtes und die Teile der Finsternis als Reich des Bösen "irgendwie" erhalten. Ein neuerlicher Kampf beider ergäbe wieder ein gegenseitiges Durchdringen, ergäbe Mensch, Welt und Chaos. Die Christen erkannten, dass die Verantwortung, die der Mensch gegenüber sich selbst und gegenüber der Welt empfindet, nicht nur beschränkt, sondern absurd würde, wenn der Mensch selbst das Produkt von Irrtum und ein Gemisch von Chaos wäre.

Christliche Argumentation: Freiheit gegen Notwendigkeit

Die christliche Auseinandersetzung mit Monismus und Dualismus und deren Korrektur erfolgte schrittweise und auf Umwegen. Die frühen Kirchenväter trugen gegen den Monismus Elemente einer Schöpfungs- und Erlösungslehre vor, die die Vorstellungen von Emanation und Dualismus aus der Heiligen Schrift und im Blick auf die soteriologische Bedeutsamkeit der Person Jesu Christi korrigierten. Gegen die als blind und notwendig erachtete Emanation der Schöpfung aus Gott und dem All-Einen betonte man die Freiheit der Schöpfungstat Gottes in Christus. Damit der ewige Sohn Gottes nur ja nicht als das Produkt einer Emanation gedacht werde, sah ihn Origenes ebenfalls als Freiheitstat des Vaters. Die ewige Zeugung des Sohnes war ihm ewiges und freies Wollen des Vaters. Die Schöpfung galt den Christen ebenfalls als Freiheitstat des Vaters, war nicht Fall notwendiger Emanation. Man erkannte mehr und mehr das wichtige Prinzip: Nur wenn Gott gegenüber allen anderen Wirklichkeiten als freier, d. h. transzendenter Schöpfer gedacht wird, können diese, wie etwa der Mensch, mutatis mutandis auch Gott gegenüber als wirklich und als frei gedacht werden.

Der schöpferische Wert des Menschen

Mit der Betonung der freien Tat der Schöpfung und der Freiheit und der Geistigkeit der Menschen und der Engel sprachen die frühen Verteidiger des Glaubens zugleich gegen den apersonalen Dualismus der Manichäer. Mensch und Engel galten in ihren Augen als von Gott frei gewollte Geist- und Vernunftwesen, waren kein blindes Gemisch aus dem ewig Guten und ewig Bösen, nicht Gemisch aus ewig lichtem Geist und unendlich dunkler Materie. Dennoch waren sie in einem guten Sinn kontingent. Die Kirche betonte, dass sogar die Materie und alle Leiblichkeit von Gott geschaffen und so Produkt seiner freien Liebe, Phantasie und Kreativität sei. Keiner der Menschen sei vor Gott aufgrund seiner Geburt wertvoller als der andere. Nicht blinde Emanation, sondern Freiheit und Liebe bestimmten den Abstand der Menschen zu Gott.

Unmittelbarkeit statt Mischung oder Trennung

Bald erkannte man, dass, da das monistische Denken alle Vielheit (panta) als Schein bezeichnete und nur die Einheit (hen) als Einzigkeit und Wirklichkeit gelten lassen wollte, der Monismus entweder Gott und die Welt identifizierte oder gänzlich voneinander "trennte". Man wies dem Monismus nach, dass er in dem Moment, in dem er Welt sagte und Scheinwelt meinte und in dem er Gott sagte und die Realität der Welt meinte, Gott und die Welt voneinander trennte bzw. Welt zugunsten Gottes oder Gott zugunsten der Welt leugnete und beide gleichermaßen zerstörte. Für die frühen Kirchenväter kam es daher darauf an, weder Gott und Welt zu identifizieren oder zu mischen noch beide zu trennen, sondern zu verbinden. Man sagte, die ursprungslose Liebe Gottes sei in seinem Wort und Sohn seit dem Schöpfungsmorgen jeder Wirklichkeit der Welt gegenwärtig, ohne sich mit ihr zu mischen.

Relative Eigenständigkeit der Schöpfungswirklichkeit

Gerade die Einsicht von der Freiheit der Schöpfung ermöglichte es den Theologen der jungen Kirche, die Gegenwart Gottes in der Welt als Liebe zu denken, die die Schöpfungswirklichkeit in ihre eigene Freiheit und relative Eigenständigkeit entlässt. Diese Eigenständigkeit würde ins Nichts versinken, würde die Liebe Gottes aufhören. Und Erlösung könne, so argumentierte man, nicht Annihilierung sein, sondern müsse sogar als noch größere Liebe Gottes verstanden werden, die Mensch und Welt in ihre ewige, himmlische Eigenständigkeit bei Gott (Paradies) aufnimmt.

Die Betonung der Unmittelbarkeit Gottes

Voranstehende Gedanken von der Unmittelbarkeit der Liebe Gottes gegenüber der Schöpfungswirklichkeit widersprachen jeglicher Vermischung von Göttlichem mit der Welt, d. h. auch der Idee von der Vermischung zweier ewiger und göttlicher Prinzipien von Gut und Böse. Das Göttliche bzw. Gottes Liebe, sei der Welt stets unmittelbar und nehme nichts Geschaffenes aus. Daher könne es keine Wirklichkeit in der Welt geben, der Gott nicht gegenwärtig wäre und sie beherrsche. Daher schließe das christliche Gottesbild schon jeglichen Dualismus aus. Immer wieder betonte man, Gottes Unmittelbarkeit zur Welt einerseits und jede Art von Dualismus andererseits schlössen einander aus. Nicht umsonst griffen die Kirchenväter sogar auf biblische Hinweise vom Dialog Gottes mit dem Teufel zurück, um zu zeigen, dass der Teufel weder ein von Gott getrenntes Gegenprinzip sein könne noch Gott und Teufel sich zur Scheinwelt mischen könnten.

Gottes Treue allen Menschen gegenüber

Die Vorstellung von der liebenden Treue Gottes half den Theologen, die Nähe von Gott und Mensch und zugleich die Unterschiedenheit von Gott und Mensch verständlich zu machen, also die Vermischung und zudem die Trennung zu vermeiden. Die Christen waren überzeugt: Des Menschen Freiheit fällt nicht in das namenlose hen hinein, sondern bindet sich aufgrund der Treue Gottes, die in Liebe den Menschen annehmend freigibt, an diesen Gott. Besonders die Auferstehung des Menschen wurde von der Treue Gottes her erklärt. Gott sei, so lehrte man, der ganzen Welt und vor allem dem ganzen Menschen treu. Die konkrete Welt und die einzelnen Menschen werden eine Ewigkeit so von Gottes Treue umgriffen, dass sie niemals in gegensätzliche Prinzipien auseinanderfallen und von einem geistigen Wesen zu einem psychischen und schließlich leiblichen Wesen zusammenstürzen könnten. Besonders die Spiritualität der frühen Kirche half mit, diese Antwort existentiell einzuholen.

Frage nach der Rückkehr der Welt zu Gott

Die entscheidende Frage war für die christliche und nichtchristliche Welt gleichermaßen die nach der Rückkehr der Welt zu Gott. Christlicherseits argumentierte man gegen den Monismus mit der freien Interaktion von Gott und Mensch bzw. Welt. Diese Interaktion war mit der Schöpfungstat Gottes gegeben, der die Welt und den Menschen in der Schöpfung zur Bundespartnerschaft gerufen hatte. Es sei also die Freiheit, die zu Gott zurückkehren lässt, ob man nun darunter mehr die Freiheit des Menschen oder vor allem beides zusammen verstehe. Weil also die Rückkehr zu Gott auch Freiheit des Menschen besage, ordne sie Gott durch seine pädagogische Vorsehung.

Vorsehung gegen Chaos

Vorsehung wurde so zum Schlüsselbegriff, um zu erklären, wie Gott in seiner Freiheit der Freiheit des Menschen gerecht wird und gleichzeitig zu seinem Ziel, dem Heil von Welt und Mensch, kommt. Gottes Vorsehung sei seine Liebe, die mit Freiheit umgehen könne, und nicht blinde Notwendigkeit, die töte und letztlich Chaos schaffe. Gegen alle dualistischen Überzeugungen lehrte das Christentum aufgrund seines Gottesbildes, dass es keine Wirklichkeit gebe, die nicht von Gott in ausdrücklichem Wollen geschaffen und von ihm auch umgriffen und so ihm untertan wäre. Was als gegen den Menschen und so vielleicht vorschnell gegen das Gute gerichtet erscheint, kann durchaus von der Vorsehung Gottes gewollt sein, um den Menschen zum Glück zu "erziehen". Das vermeintliche Gegenprinzip "Böses" und Unterordnung wird in der Gestalt des Leidens etwa zum pädagogischen Mittel Gottes "entmythologisiert". Auch der Teufel ist daher nur innerhalb einer "Zulassung" durch Gott wirkmächtig. Dem Chaos kommt keine eigenständige Wirklichkeit zu.

Größe Gottes spricht gegen Wiederkehr

Der Mythos vom ewigen Kreislauf der Schöpfung ließ die Christen da und dort fürchten, sie könnten ja nach ihrem Ankommen bei Gott wieder abfallen und die gleiche (?) Welt wieder neu, evtl. auf einer höheren Stufe beginnen. Dennoch setzte sich, weil die Bibel nur von einer einzigen Schöpfung Gottes spricht, der Gedanke durch, dass die Welt ihre Seinsgesetze nicht aus sich, sondern von Gott habe, also kontingent und von Gott in seinen partnerschaftlichen Bund gerufen sei, der hier und in der Ewigkeit gelte. Ein Kreislauf der Welt, etwa mit dem Gedanken einer heimlichen Höherentwicklung der verschiedenen Welten, würde nach damaliger Auffassung der Christen dem einmaligen Ruf Gottes, der immer in seine Nähe und Partnerschaft rufe, nicht gerecht. Denn die Lehre vom Weltenlauf sagte, dass Gott den einmal gerufenen und geschaffenen Menschen nicht bei sich bleibend bergen und mit seinem Wort des Gerichts nicht ewig begnaden könne. Vor allem würde man damit sagen, dass das jüngste Gericht eine Selbstvervollkommnung des Menschen, allein seine Tat und nicht Gottes Gnade sei. Gott hätte nur deklaratorische Bedeutung.

Bleibender Bestand durch Christus Tod

Man begann mehr und mehr zu betonen, dass mit dem jüngsten Gericht die Neuschöpfung der Welt zu Vollendung komme. Wie könnte Gott es zulassen, diese Welt aus seiner Liebe fallen zu lassen? Man wagte es, die Liebe des dreifaltigen Gottes so darzustellen, dass der Mensch, im Christusbekenntnis der Taufe prinzipiell schon dort angekommen, im Tod sein Ziel bleibend erreicht hat. "Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir", wird Augustinus sagen. Es wäre ein kleiner Gott, würde er die bei ihm jetzt schon durch Schöpfung, Inkarnation und Auferstehung Christi angekommene Welt wieder verlieren oder nochmals auf den Weg schicken bzw. sie in ihre Seinsprinzipien zerfallen lassen. Was in Gott geborgen ist, galt als bleibend und als eindeutig gut.

Teilnahme am ewigen Leben durch den Leib Christi

Die Kirche feierte die Geheimnisse Christi, seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung in der Liturgie der Sakramente schon unmittelbar nach dem Tod und der Auferstehung Christi. Sie taufte auf den Tod und die Auferstehung Christi und reichte den Getauften den gestorbenen und auferstandenen Leib Christi. Seitdem war sie überzeugt, dass sie und ihre Mitglieder mehr und mehr diesem Christus gleichgestaltet werden und so an seinem einmaligen und zugleich ewigen göttlichen Leben teilhaben, das das Leben des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ist.

Ein ewiger Kreislauf wird ausgeschlossen

Würde es einen ewigen Kreislauf, eine neue irdische Geburt nach dem Tode geben, dann wäre Christus nicht einmal für alle Male gestorben und auferstanden. Dann wäre die einmal empfangene Taufe umsonst gewesen, hätte nicht bewirken können, dass unser Wandel jetzt schon im Himmel ist. Besonders Irenäus betonte für diesen Fall: Der Empfang der Eucharistie würde uns bloß einen Scheinleib eines in Wirklichkeit niemals Mensch gewordenen Christus vermitteln. Was wäre zudem mit unserer Erlösung? Vielmehr erhielten wir Anteil an dem zur Rechten des Vaters sitzenden Christus. Bei einer Wiedergeburt und einem Neubeginn müssten wir diesen Christus verlassen. Andere Kirchenväter versuchten zudem in ihren Taufkatechesen zu verdeutlichen, wie sehr der Mensch schon jetzt in das Leben des dreifaltigen Gottes hineingebunden sei, sodass damals ein Glaube an eine monistische Wiedergeburt psychologisch und auch gedanklich immer unmöglicher würde.

Durch die Gemeinschaft mit Christus gegen die ewige Wiederkehr

Die Mysterienfeiern der Kirche und die damit gegebene Gemeinschaft mit Christus und so mit dem dreifaltigen Gott waren auch die Glaubenswirklichkeiten, die der jungen Kirche halfen, sich gegen die Idee des ewigen wiederkehrenden Kampfes von Gut und Böse zu wehren. Die einmalige Verklärung und Auferstehung Christi, aber auch die schon hier beginnende, in Taufe und Eurcharistie grundgelegte Mit-Auferstehung des individuell-einmaligen und personalen Menschen konnten glauben machen, dass Leib und Geist sich nicht widersprechen, dass vergängliche Materie und Leib der Ewigkeit teilhaft werden konnten. Sie mussten und konnten sich ihm, dem guten Gott und dem Grund alles Guten, nicht wie ein gleichstarkes widergöttliches Prinzip eigenmächtig entgegensetzen. Und noch eines betonte man: Der Himmel, also das von Gott in seiner Nähe gewährte Leben, ist ewiges Leben, besagt für den Menschen "requies aeterna", nicht Angst vor dualistischem Zerfall und neuem Marsch durch dunkle Schluchten, Feuer und Weltenbrand. Vor allem die Sakramente der Taufe und der Eucharistie sprachen gegen den Dualismus und seinen ewig-irrationalen Kampf von Mischung und Entzweiung zweier göttlich-teurischer Prinzipien.

Rückbesinnung auf die Basis des christlichen Glaubens

Der Glaube an den Gott der Allmacht und Freiheit, der Vorsehung und Liebe, das Bekenntnis zu Christus als dem Sohn Gottes, die Zugehörigkeit zur Kirche und vor allem die Feier der Hauptsakramente (sacramenta maiora) Taufe und Eurcharistie waren es, die den frühen Christen halfen, die monistischen und dualistischen Heilslehren vom Kreislauf der Welt als der Erlösungssehnsucht des Menschen nicht entsprechend zu erkennen. Wir haben von verschiedenen Schritten gesprochen und vieles auseinander genommen, was in der existentiellen Glaubenssituation zusammen gehört. In die Feier der Mysterien Christi gehört das christliche Gottesbild und die rechte Auffassung von Schöpfung und Freiheit hinein. Kirchlicher Glaube war damals ein Gesamterlebnis. All das Genannte trug dazu bei, dass der Mensch in der Größe Gottes seine eigene Einmaligkeit und Würde erkennen konnte. Es war nicht die Macht der Kirche, die ihre Lehre wirksam machte. Es war die Sinnvorgabe der Gläubigen, die den Anschluss an die Kirche bewirkte. Wenn heute neuerlich dualistische und monistische "Erlösungslehren" in den verschiedensten Sekten aufleben, dann wäre es an der Zeit, sich auf die genannten Grunderfahrungen und Sinnvorgaben des christlichen Glaubens zu besinnen.

 

Bearbeitet und gekürzt von Ernst Pohn

 

>> Der Mythos Phoenix

>> Unvereinbarkeit des Phoenix Mythos mit der christlichen Vorstellung von Ewigkeit

>> Durch Christus wird der ewige Kreislauf durchbrochen

>> Welten-Wiederholung als monistische Emanation

>> Der Anteil des Menschen an der Emanation

>> Nur der Geist ist von Bestand

>> Die Dualistische Sicht des Kreislaufs der Welt

>> Nur bedingte Relevanz menschlicher Erlösung?

>> Christliche Argumentation: Freiheit gegen Notwendigkeit

>> Der schöpferische Wert des Menschen

>> Unmittelbarkeit statt Mischung oder Trennung

>> Relative Eigenständigkeit der Schöpfungswirklichkeit

>> Die Betonung der Unmittelbarkeit Gottes

>> Gottes Treue allen Menschen gegenüber

>> Frage nach der Rückkehr der Welt zu Gott

>> Vorsehung gegen Chaos

>> Größe Gottes spricht gegen Wiederkehr

>> Bleibender Bestand durch Christus Tod

>> Teilnahme am ewigen Leben durch den Leib Christi

>> Ein ewiger Kreislauf wird ausgeschlossen

>> Durch die Gemeinschaft mit Christus gegen die ewige Wiederkehr

>> Rückbesinnung auf die Basis des christlichen Glaubens

 
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