Buchtipp |
Die Ermittlungen eines Juristen "in Sachen Auferstehung"Ist Jesus leibhaftig von den Toten auferstanden? Für Christen ist die positive Beantwortung dieser Frage für ihren Glauben von existenzieller Bedeutung (schon bei Paulus heißt es "Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube eitel ", Kor 15, 17). Für viele andere zeigt hingegen gerade der Glaube an die Auferstehung die Irrationalität des christlichen Glaubens. Es ist daher tatsächlich eine entscheidende Frage, die Charles Foster in den Mittelpunkt seines Buches "Die Akte Jesus" stellt.Charles Foster ist Christ, das betont er im Vorwort seines neuen Buches – und er ist Anwalt. Als solcher ist er gewohnt, Indizien und Beweise zu sammeln und zu einem möglichst schlüssigen Argument zu verbinden. In seinem Jesus-Buch versucht Foster, die ihm aus dem Gerichtsalltag vertrauten Mittel der Wahrheitsfindung auch zur Beantwortung der Frage nach der Auferstehung zu nützen. Dabei geht der Autor davon aus, dass die Frage nach der Auferstehung "eine rein historische Frage" sei. Ob die Auferstehung Jesu tatsächlich stattgefunden habe, liege "auf der gleichen Ebene mutmaßlicher Fakten wie die Behauptung, die Schlacht von Azincourt sei 1415 geschlagen worden". Damit werde sie "zum Gegenstand derselben Art historischer Forschung", so Foster. Für und widerBei seiner Untersuchung greift Foster auf einen rhetorischen Trick zurück: Er verteilt die Argumente für und wider die Auferstehung auf zwei imaginäre Personen, Anwälte: einen Skeptiker (genannt "X") und einen überzeugten Christen ("Y"). Konsequent versuchen die beiden Anwälte die Zuhörer, Leser von jeweils ihrer Sicht auf die Ereignisse in Jerusalem vor rund 2000 Jahren zu überzeugen. Dass sich dabei keine kurze "Verhandlung" entwickelt, liegt auf Hand. Schließlich ist die Zahl der überlieferten Indizien und Theorien, die zu sichten und bewerten sind, groß. Widersprechen sich die Evangelien?Ausgehend von einer grundsätzlichen Untersuchung der Authentizität der Evangelien widmen sich X und Y zunächst vor allem der Frage, was aus der Tatsache, dass die biblischen Texte an mehreren Stellen von einander abweichen, geschlossen werden kann. Widersprechen sich die Evangelien "hoffnungslos selbst", wie X betont, oder handelt es sich um eine "ganz ausgezeichnete Sammlung von verwirrenden, fehler- und rätselhaften – und damit letztlich fesselnden – Zeugenaussagen", wie Y überzeugt ist? Betäubt, nicht gestorben?Unter anderem diskutieren X und X darüber, ob Jesus tatsächlich am Kreuz gestorben ist. Aus Sicht des Skeptikers X wäre es beispielsweise auch möglich, dass Jesus die Kreuzigung überlebt hat, etwa nachdem ihm eine narkotisierende Substanz wie Opium verabreicht worden war – X verweist dabei auf den "Essig", den Jesus vor seinem Tod verabreicht bekommen haben soll. Die Auferstehung wäre demzufolge nicht mehr als ein Aufwachen aus einer Betäubung gewesen. Nicht auferstanden, sondern geraubt?Umstrittener als der Tod Jesu ist allerdings auch bei Foster die Frage, was geschehen sein könnte, wenn Jesus wirklich am Kreuz gestorben ist. Wieso war das Grab, in welches Josef von Arimatäa den Leichnam laut biblischem Bericht gelegt, leer? Aus Sicht des Skeptikers gibt es dafür eine Reihe von plausiblen Erklärungen. Etwa die Möglichkeit, dass Jesus überhaupt nicht in das Grab gelegt wurde, oder dass der Leichnam noch vor dem Sonntagmorgen in ein anderes Grab überstellt, oder aber von Grabräubern entfernt wurde. Dem widerspricht Y unter anderem mit dem Verweis auf die Leichentücher, die laut Johannes-Evangelium gefaltet im Grab lagen. Ausdrücklich weist Y darauf hin, dass die Christen schon bald nach der Auferstehung in Jerusalem öffentlich davon berichteten. Wenn sie jedoch Zweifel an der Wahrheit ihrer Sache gehabt hätten, wäre es doch, so der Verteidiger des Glaubens, für die frühen Christen "weitaus besser" gewesen, "dies weit entfern von Jerusalem und jeglichem potenziellen Widerspruch zu tun". Halluzinierten die Jünger?Ausführlich widmen sich Fosters Protagonisten den von den Evangelien überlieferten Erscheinungen des auferstandenen Christus. Für X lassen sich diese Erscheinungen am besten mit der "Halluzinationstheorie" erklären. Schließlich stammten die Jünger Jesu aus einer Kultur, "in der Geister allgegenwärtig waren", trauerten um einen Menschen, "den sie für den wichtigsten hielten", standen unter hohem Stress, litten unter Schlafentzug und "warteten darauf, dass etwas passierte". All diese Faktoren bildeten "eine perfekte Vorlage für Halluzinationen", so X. Dagegen hält Y fest, dass die Jünger keineswegs dem wissenschaftlichen Bild von Menschen entsprächen, die zu Halluzinationen neigten. Außerdem hätten die Jünger, als gläubige Juden, die Auferstehung Jesu in keiner Weise erwartet. Ja, hätte die Geschichte des Jesus von Nazareth mit seinem Tod geendet, "dann hätte sie damit der Erwartung der Jünger entsprochen". Trotzdem zeigten sich die Anhänger Jesu aber von der Auferstehung überzeugt und waren sogar bereit für ihren Glauben in den Tod zu gehen. Historische Auferstehung ist die "wahrscheinlichste Erklärung"Letztlich, so Y, ist die "allerwahrscheinlichste Erklärung" für diese feste Überzeugung der Jünger, "dass Jesus wirklich auferstanden war". Wie laut Foster insgesamt "die Wahrscheinlichkeit doch eher für die ganze Angelegenheit spricht" und die historische Auferstehung "bei weitem die wahrscheinlichste Erklärung für all das, was wir sicher wissen" ist, während man schon "einige merkwürdige Dinge" glauben müsste, "wenn man nicht an die Auferstehung glaubt". Wirklich eine "historische Frage"?Fosters Buch beeindruckt durch den großen Detailreichtum und den Versuch der neutralen Gegenüberstellung unterschiedlicher Positionen, bleibt aber durch den – bewussten – Verzicht auf alle theologischen Interpretationen passagenweise auch unbefriedigend. Möglicherweise deswegen, weil es sich bei der Auferstehung – anders, als Foster meint – in erster Linie eben nicht um ein historisch beweisbares Ereignis, sondern um einen Inhalt religiösen Glaubens handelt?
Eine Rezension von Leonhard Weiss.
Info:Charles Foster: Die Akte Jesus. Ein Jurist ermittelt in Sachen Auferstehung Pattloch Verlag, 2006, ISBN 978-3-629-02182-3
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