Buch-Tipp

Schakfeh-Biografie: „Österreichische Stimme des Islams“

Mit einer Biografie über den langjährigen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, erscheint erstmals ein Buch über eine muslimische Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in Österreich. Schakfeh, der der IGGiÖ zwölf Jahre lang vorstand, prägte die öffentliche Wahrnehmung des Islams in Österreich wie kaum ein anderer.

Es war vor allem die mediale Berichterstattung zu den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001, die Anas Schakfeh einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte. Als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft war Schakfeh Ansprechpartner für die Medien, die durch 9/11 sehr plötzlich ein immenses Interesse am Islam entwickelten. Nicht zuletzt durch diese Suche nach einer „österreichischen Stimme des Islams“, die in Anas Schakfeh gefunden wurde, gewann auch die Glaubensgemeinschaft an Gewicht.

Geschichte des österreichischen Islam

In „Anas Schakfeh – Das österreichische Gesicht des Islams“ zeichnet der Autor Farid Hafez die Lebensgeschichte des gebürtigen Syrers nach und erzählt dabei auch eine Geschichte der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Für den Leser werden durch diesen Einblick in die Entwicklung der offiziellen Vertretung der Muslime in Österreich auch viele heute in den Medien rezipierte Debatten verständlicher.

Vom Medizinstudenten zum Präsidenten

Schakfeh, der  1964 noch als Student nach Österreich kam, engagierte sich von Beginn an für die Anliegen der muslimischen Minderheit. Was zunächst mit dem Arrangieren von geeigneten Gebetsräumen für muslimische Studenten begann, wurde für den Medizinstudenten später zum Beruf. Nachdem er 1987 zum Präsidenten der IGGiÖ wurde, setzte sich Schakfeh vor allem für eine Verfassungsreform der Glaubensgemeinschaft und die Lehrerausbildung für den islamischen Religionsunterricht ein. Er prägte damit die Gestalt der IGGiÖ nachhaltig.

Poltische Perspektiven

Der Politikwissenschafter Hafez geht in den Schilderungen zu Schakfehs Werdegang immer auch auf den politischen Rahmen der jeweiligen Lebenssituationen ein. So schafft es das Buch, interessante Hintergrundinformation zur Lage in Syrien in Schakfehs Jugend zu geben, die Vielfalt – und damit auch vielfältigen Auseinandersetzungen – unter den verschiedenen muslimischen Gruppen in Österreich aufzuzeigen und die Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des österreichischen Islams und der politischen Lage im Land zu verdeutlichen.

Nicht nur für Kenner

Überwiegend wird die Perspektive von Schakfeh selbst dargestellt und auch wenn Hafez stets Hintergründe aufzeigt, ist es dem Leser überlassen, kontroverse Themen zwischen den Zeilen zu erkennen. Durch die Schilderung zahlreicher Konflikte in Schakfehs Amtszeit, stellt sich für den Leser außerdem die Frage nach anderen Sichtweisen. Hafez leistet mit der Biographie über Anas Schakfeh jedenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Geschichtsschreibung des Islams in Österreich.  Das Buch liefert interessante, oft sehr persönliche und bisher in dieser Form nicht zugängliche Einblicke in innermuslimische Debatten. Das macht diese Biographie nicht nur für Kenner der muslimischen Landschaft lesenswert.

 

Astrid Mattes

 
Mehr Dazu

Buchpräsentation:

 

Der Autor Farid Hafez im Gespräch mit Erich Kocina ("Die Presse") über Anas Shakfeh und seine 12-jährige Amtszeit als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich,  über die Herausforderungen, die er zu bewältigen hatte und über die Weichen, die er für die Zukunft des Islam in ganz Europa gestellt hat.

 

24.05.2012, 19.00 Uhr, Thalia W3

Landstraßer Hauptstraße 2A,1030 Wien

 

 

„Anas Schakfeh – Das österreichische Gesicht des Islams“

erschienen im Braumüller-Verlag