kreuz und quer

Dienstag, 01. 09. 2009, 22.30 Uhr in ORF 2

 

"Die Fremdgängerin" / "Nairobi Love Story"

Sie ist 61, streitbare Feministin und wichtige kritische Stimme in der internationalen Kunstwelt: Barbara Wally, fast drei Jahrzehnte Direktorin der von Oskar Kokoschka begründeten Schule des Sehens, der Salzburger Sommerakademie, ist Muslima geworden. Zwischen Sanaa, Aden, Salzburg und New York führt sie ein Leben zwischen den Welten und erfindet sich neu. „kreuz und quer“ zeigt mit Katrin Mackowsks Dokumentation „Die Fremdgängerin“ am Dienstag, dem 1. September, um 22.30 Uhr in ORF 2 einen Film über eine mutige Beziehung, über Kunst und Religion, über Fremdheit und Nähe und über das Wagnis, mit einer offenen Identität wie sie Barbara Wally lebt, über Grenzen zu gehen und Fragen offen zu lassen. Lässt sich die jemenitische Wirklichkeit einer Dreiecksbeziehung überhaupt entschleiern? In der berührenden Dokumentation „Nairobi Love Story“ von Maria Weber begegnen die Protagonisten Margareth und Eric um 23.15 Uhr in ORF 2 den Höhen und Tiefen ihrer Liebe nicht wie Romeo und Julia auf den herrschaftlichen Balkonen der Palazzi von Verona, sondern im heißen Sand der Hauptstadt Kenias, Nairobi.

 

 

"Die Fremdgängerin"

Eine Frau, die Kunst gegen Religion tauscht – eine, die zum ersten Mal in ihrem Leben heiratet und für die Feminismus und Islam kein Widerspruch sind. Eine Frau, die einen um 22 Jahre jüngeren Mann aus dem Jemen liebt, den sie als Jeepfahrer kennengelernt hat. Sie teilt ihn mit seiner ersten Frau Fosia und ihren sechs Kindern. Tabubrüche und Widersprüche, Grenz- und Fremdgänge, auch für das Kamerateam und die Bedingungen, einen Film zu gestalten. Was darf gefilmt werden, was nicht? Die eine Muslima geht vor die Kamera, die andere nicht. Wer zieht die Fäden im Hintergrund, wer spielt sich in den Vordergrund? Sind Tradition und religiöse Vorschriften nur Vorwände für eine geschickte Inszenierung?

Einblicke in den Alltag:

In Sanaa, wo stämmische Tradition, Patriarchat und streng getrenntes Leben von Mann und Frau an der Tagesordnung sind, hat Barbara Wally mit ihrem Mann Alkhadher ein Reisebüro für Jementouristen gegründet und besucht mit uns in der Hafenstadt Aden die Familie ihres Mannes und seine Frau Fosia. Barbara, die Dritte im Bunde, übersetzt, was Fosia sagt. Fosia kann wie viele Jemenitinnen weder lesen noch schreiben. Fosia darf nicht gefilmt, nur gehört werden und will wissen, wie eine Filmemacherin aus dem Westen lebt, liebt und wie man sich scheiden lassen kann. Welche Rolle spielt der Mann in dieser Beziehung zwischen zwei Frauen? Was sagt die weibliche Elite zur Situation der Frau im Jemen wie Nadia Al Sakaff, Herausgeberin der „Yemen Times“?

 

 

"Nairobi Love Story"

„Ach, dass es die Liebe, die so lieblich scheint, es doch so grausam und tyrannisch meint“ (Shakespeare). Margareth und Eric lieben einander seit fünf Jahren. Längst wäre es an der Zeit, dass sie heiraten. Doch ihre Eltern waren von Anfang an strikt gegen diese Beziehung. Die Familien gehören zu unterschiedlichen (von den insgesamt 42) Stämmen Kenias. Margareth ist eine Kikuyu, Eric ist ein Luo und die beiden Stämme sind in einen uralten kulturellen und politischen Konflikt verwickelt – eine Gegnerschaft à la Shakespeare beeinträchtigt die Liebe der Protagonisten.

Zwischen Tradition und Moderne

Auf den ersten Blick scheint dieser Stammeskonflikt den Weg zu ihrer gemeinsamen Zukunft zu versperren, doch auf den zweiten Blick tun sich noch andere Barrieren auf: Margareth arbeitet in einem internationalen Gästehaus und ist tagtäglich mit Europäern in Kontakt. Dadurch hat sie ein ihr bisher unbekanntes Frauenbild kennengelernt und vergleicht es mit der traditionellen Frauenrolle in ihrem Land. „Die afrikanischen Männer nehmen dir deine Unabhängigkeit, du wirst einzig auf deine Hausfrauenrolle reduziert.“ Die Barriere zu einem Jawort ist vor allem in ihrem Inneren zu suchen. Es ist ihre innere Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, zwischen Emanzipation und Unterwerfung, zwischen innerer Rebellion und Ohnmacht.

Der Ehemann wird der Vater der Ehefrau

Eric denkt über moderne westliche Beziehungsmuster nicht so viel nach. Er liebt Margareth einfach. Der Stammeskonflikt scheint für ihn überwindbar. Er ist in seiner traditionellen Welt sehr verankert: „Wenn man heiratet, geht man aus dem Vaterhaus in ein neues, zu einem neuen Vater. Der Ehemann wird der Vater der Ehefrau.“ Margareths und Erics Beziehung ist ein Spiegelbild eines universellen Konflikts: Werden die beiden einen Weg finden, um ihre inneren und äußeren Barrieren zu überwinden, sodass sie in ihrer Liebe zusammenwachsen können, ohne dass Margareth ihre Träume und ihre Freiheit aufgeben muss?

 

Regisseurin Maria Weber lernte ihre Protagonisten im Sommer 2006 in Kenia kennen. Sie wohnte bei Margareth im Gästehaus und diese gewährte ihr Einblick in ihr Leben. Maria Weber sind Margareth und Eric sehr ans Herz gewachsen. Mit großem Einfühlungsvermögen gelingt es der Regisseurin und Kamerafrau die Liebenden dem Betrachter nahezubringen.

 

 

 
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