kreuz und quer
06.12.2011 (Dienstag), 22.30 Uhr, ORF 2
„Die Muttergottes und ihre Erscheinungen“
Ein Film von Thomas Grusch und Elisabeth Krimbacher
Ein Raunen geht durch die Menge, die weißgekleidete Frau nimmt einen tiefen Atemzug, wendet die Augen zum Himmel und fällt in Erstarrung: Mirjana Soldo hat eine „Marienerscheinung“. Die 46-jährige Seherin war eines jener sechs Kinder, denen 1981 in Medjugorje auf einem Hügel hinter dem Dorf zum ersten Mal die Muttergottes erschienen sein soll. Eine weiße Gestalt hätten sie gesehen, so erzählen sie heute, und diese bald als die heilige Maria, die „Gospa“ erkannt. Von da an boomte der Marientourismus in Medjugorje, mittlerweile kommt jedes Jahr eine Million Pilger in die ehemals bettelarme Region. Und so ist auch Mirjana Soldo bei ihrer monatlichen Zwiesprache mit der Muttergottes immer von Tausenden Pilgern umringt. Nach 15 Minuten erwacht sie aus ihrer Trance, Tränen rinnen über ihre Wangen, erschöpft sinkt sie zurück. Ein Assistent verliest die Botschaft des Tages – die „Gospa“ mahnt ihre Kinder, sich zu Gott zu bekennen. Viele der Anwesenden knien seit Stunden auf dem steinigen Boden des „Erscheinungsbergs“ in der Hitze.
„Zeuge einer Erscheinung“
Dass man in Medjugorje auf diese Weise „Zeuge einer Erscheinung“ werden kann, unterscheidet diesen Wallfahrtsort von anderen wie Fatima oder Lourdes. Dieser Umstand ist gleichzeitig Gegenstand einer kirchenpolitischen Diskussion: Medjugorje ist bis heute von der offizielle Kirche nicht anerkannt, die dortigen Vorkommnisse werden nicht als „übernatürlich“ eingestuft. Einer der Gründe dafür ist, dass die Seher immer noch von laufenden Erscheinungen berichten, bis zu 40.000 Mal soll die Gottesmutter seit den 1980er Jahren zu ihnen gesprochen haben. Die internationalen Pilger kümmert die Haltung der offiziellen Kirche nicht, für sie ist das aktive Glaubensleben in Medjugorje der Hauptanziehungspunkt.
„Heilende Quelle“ in Lourdes
Auch Lourdes, ein kleiner Ort in Südfrankreich, wird jährlich von sechs Millionen Pilgern besucht, darunter befinden sich viele Kranke und Hilfesuchende, denn hier soll es eine „heilende Quelle“ geben. Die Marienerscheinungen von Lourdes fanden 1858 statt und läuteten das „Marianische Jahrhundert“ ein, eine Zeit, in der die Marienfrömmigkeit besonders stark war. Was fasziniert so viele Menschen bis heute an der Muttergottes? Wie stehen Kirche und Theologie zur Marienverehrung? Der Film begleitet zwei Reisegruppen nach Lourdes und Medjugorje und versucht, dem Phänomen Marienfrömmigkeit auf den Grund zu gehen. Experten wie Wolfgang Beinert, Józef Niewiadomski, Peter Trummer und Monika Prettenthaler erklären, warum die Heilige Maria für viele Katholiken bis heute eine so herausragende Stellung einnimmt. Gespräche mit begeisterten Marienverehrern zeigen, dass es offenbar ein starkes Bedürfnis nach einem emotionalen Erleben im Glauben gibt, das in der aktuellen Kirchenpraxis möglicherweise zu kurz kommt.
„Verkaufte Kinder“
Ein Film von Marcel Bauer
Sex mit einem 14- oder 15-jährigen Mädchen kostet an der Grenze zu Thailand umgerechnet drei US-Dollar: Das entspricht dem Preis einer Flasche Bier in der nächsten Schenke. In der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh bieten Taxifahrer selbst achtjährige Mädchen für Liebesdienste an. Menschenrechtler schätzen, dass von den 50.000 Prostituierten mindestens ein Drittel jünger als 18 Jahre ist. Die hohe Zahl der missbrauchten Kinder gründet u. a. auf dem weit verbreiteten Irrglauben, dass Geschlechtsverkehr mit Jungfrauen eine HIV-Immunität bewirken kann.
„Beach boys“
Im Gefolge des weltweiten Sextourismus hat sich auch die Pädophilie globalisiert. Laut einer Studie ist jeder dritte Sextourist „Umgang mit Kindern nicht abgeneigt“. Die Politik der „Null-Toleranz“, die heute in der westlichen Welt gegenüber Kindesmissbrauch praktiziert wird, nötigt offenbar viele Betroffene, in die Ferne auszuweichen, um dort mit weniger Risiko ihrer „sexuellen Neigung“ nachzugehen. Die Zielländer liegen vor allem in Asien. Filmemacher Marcel Bauer hat das Phänomen in Kambodscha und in Sri Lanka untersucht. Die Reportage liefert drastische Einblicke in einen modernen Menschenhandel. Während in Kambodscha Mädchen Opfer sind, sind es in Sri Lanka vor allem Buben: Der Küstenstreifen nördlich und südlich von Colombo wird im Internet als „boy paradise“ beworben. „Beach boys“ heißen die Strichjungen, die am Strand herumlungern und die man für einige Dollars oder ein billiges Handy eine ganze Woche lang „buchen“ kann.
Ursachen und Auswege
Die ORF-Dokumentation zeigt Ursachen der Kinderprostitution – Armut und Unwissenheit. Der Film führt auf den Straßenstrich in Kambodscha und in die „Strandbörsen“ Sri Lankas, in Kinderbordelle und in ominöse Gästehäuser. Er zeichnet mit versteckter Kamera Gespräche mit Menschenhändlern auf und befragt verurteilte Sexualstraftäter, die in fernöstlichen Gefängnissen einsitzen. Der Film zeigt auch Auswege aus der Kinderprostitution. In Kambodscha wie auf Ceylon haben Salesianer Don Boscos – ein katholischer Sozialorden, der auf Ausbildung von Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist – Programme entwickelt, die Kinderschändern das Handwerk legen und den Opfern die Rückkehr in ein normales Leben erlauben.