Sendung

kreuz und quer

07. 02. 2012 (Dienstag), 22.30 Uhr, ORF 2

08. 02. 2012 (Mittwoch), 20.15 Uhr, ORF III
 

09. 02. 2012 (Donnerstag), 11.50 Uhr, ORF 2 (verkürzte Wiederholung)

 

 

„Die Zeit, die uns bleibt“ 

Die Baby-Boomer kommen in die Jahre. Sie haben die längste Jugend der Geschichte gehabt – wie ist es nun mit dem Älterwerden? Alter ist nichts für Feiglinge, sagt man. Mit welchen Verlusten ist zu rechnen, welche neuen Freiheiten sind möglich? Welche Ängste treiben diejenigen um, die eigentlich für immer jung zu bleiben hofften? Und was kann man von denen lernen, die gut alt geworden sind? Helene Maimann hat drei Freundeskreise gefragt, die einander schon viele Jahre kennen. Es ist ein sehr persönlicher, nachdenklicher und heiterer Film geworden, der neben den vielen verschiedenen Aspekten vor allem eines feiert: die Lebensfreundschaften.

 

Der erste Freundeskreis besteht aus fünf Leuten, die ihr frühes Engagement in der Entwicklungshilfe in Afrika und Lateinamerika zusammengeführt hat: Martin Jäggle, Dekan der katholisch-theologischen Fakultät an der Uni Wien, die Vorsitzende der Evangelischen Frauenarbeit Evelyn Martin, Dorit Fischer, Politikwissenschaftlerin und Biobäuerin, Verleger Michael Baiculescu und Finanzberater Gerhard Burda. Auf dem Biobauernhof von Dorit Fischer tauschen sie sich über ihre Strategien aus, ein gutes Alter ohne Angst vor Alleinsein zu erleben. „Die Zeit, die bleibt, ist Lebenszeit“, sagt Martin Jäggle. Heute fragen sich die Menschen nicht mehr, was nach dem Tod kommt, sondern ob das Leben vorher ein gutes, sinnvolles gewesen ist. „Versöhnt sein mit sich und dem Leben, das ist die eigentlich entscheidende Frage.“

 

Der zweite Freundeskreis besteht aus der Politrock-Gruppe Schmetterlinge, eine der bekanntesten Bands der 70er Jahre im deutschen Sprachraum. Drei von ihnen, Beatrix Neundlinger, Günther Großlercher und Georg Herrnstadt, leben mit Freunden und Familie seit 25 Jahren in einer Hausgemeinschaft in Wien-Währing. Ebenso wie die anderen Schmetterlinge – Willi Resetarits, Herbert Tampier, Helmut Grössing und Erich Meixner – sind sie in verschiedenen Formationen immer noch im Musikgeschäft. Das Großtreffen am Dreikönigstag wird zu einem heiteren und sehr offenen Austausch über die Höhen und Tiefen der gemeinsamen Geschichte, über gute Vorsätze und ihr Scheitern, über Zweckbündnisse, die für die große Liebe gehalten wurden, über kleine und größere Wehwehchen – vor allem Willi Resetarits redet gerne darüber – und die Weltverbesserungsabsichten, die nach wie vor das Leben bestimmen.

 

Der dritte Freundeskreis besteht seit 75 Jahren rund um Hansi Tausig, 91, der ersten Ehefrau von Otto Tausig. Sie ist seit mehr als 30 Jahren Herz und Seele ihrer Runde, die ein aktives kulturelles und soziales Leben miteinander führt.

Ein Film von Helene Maimann

 

 

„Lebensfroh bis 102“

„Ach, Herr Buchholz, Sie quetschen mich aus wie eine
Zitrone!“ sagt Frau Libbert lachend. „Wann kommt übrigens der Film? Krieg ich den zu sehen, wenn ich tot bin?“ Fünf Jahre lang hat Martin Buchholz Edith Libbert durch ihren späten Lebensabend begleitet und sie 22-mal mit der Kamera im Seniorenheim besucht. „Man kann sich schon wohl fühlen hier. Man wird ja auch im Alter bescheidener in seinen Erwartungen. Aber das lernen Sie noch! So weit sind Sie noch nicht!“

 

Über ein Jahrhundert Leben – von der ersten Liebe bis zum letzten Abschied – plaudert Frau Libbert so unbefangen mit dem Reporter, als habe sie die laufende Kamera längst vergessen: „Für mich genügt's, wenn sie mich hier irgendwo verbuddeln. Aber ich möchte keine Feuerbestattung. Sind Sie dafür?“ – „Äh, nein! Ich denke nicht.“ – „Aber da braucht man ja weniger Platz, nicht wahr?“ Als die beiden einander kennenlernten, war Frau Libbert 97. Eine Lebenskünstlerin bis ins hohe Alter: „Wenn irgendwas Nettes auf mich zukommt, dann kann ich mich immer noch begeistern!“ Sie stirbt einige Wochen nach ihrem 102. Geburtstag.

Ein Film von Martin Buchholz