Sendung

kreuz und quer

28. 02. 2012 (Dienstag), 22.30 Uhr, ORF 2

29. 02. 2012 (Mittwoch), 20.15 Uhr, ORF III
 

01. 03. 2012 (Donnerstag), 11.50 Uhr, ORF 2 (verkürzte Wiederholung)

 

 

Unter dem Schleier - Liebe, Lust und Sünde im Islam um 22.30 Uhr, ORF 2

Die Vielzahl an erotischen Gedichten, Handbüchern und Texten - aber auch die sehr expliziten Stellen im Koran zeigen, dass Gott und Lust im Islam kein Widerspruch sind. Der Islam verbietet es sogar, den Sexualtrieb zu unterdrücken, und schafft ein umfangreiches Regelwerk, das die Ausübung des Liebesspiels organisiert. Die allgemeinen Vorstellungen von orientalischer Sexualmoral pendeln heute zwischen den verführerischen Bauchtänzerinnen und Haremsdamen aus "Tausendundeine Nacht" und dem Bild der Burka-Trägerin, die hinter ihrem Mann hergeht. Die wenigsten Menschen im Westen wissen, dass der Islam eine sehr sinnliche Religion ist, in der auch den Frauen rechtlich eine befriedigende Sexualität zugesagt wird.

 

"In der Praxis werden aber immer die Männer bevorzugt, das ist so, weil wir im Patriarchat leben", so Seyran Ates, eine der schärfsten Kritikerinnen der rigiden muslimischen Moralvorstellungen aus feministischer Sicht. Die bisexuelle 49-jährige Anwältin lebt heute in Berlin und hat sich ihr Leben lang von der familiären Sitten-Umklammerung freigekämpft und für eine selbstbestimmte Sexualität islamischer Frauen eingesetzt. "Junge Frauen und Männer sollen einfach das Recht haben, ins Bett zu gehen, mit wem sie wollen." Für solche Sätze wurde Ates schon mehrmals tätlich attackiert.

 

Religion ist letztlich das, was die Menschen daraus machen, und nicht alle muslimischen Frauen sehen Grund zur sexuellen Rebellion. Die 27-jährige Myassa Kraitt stammt aus dem Irak und hat "so viel Schönes und Sinnliches" in den Gedichten, in der Literatur und im Koran, gefunden, dass sie keinen Anlass dafür sieht, ihrer Religion den Rücken zuzukehren, sondern im Gegenteil ihre Spiritualität in puncto Sinnlichkeit erweitert hat. Als Bauchtänzerin lebt sie ihre Heimatkultur mit großer Freude und in Europa trotzdem weit entfernt von Unterwerfung und Fremdbestimmung aus.

 

Alishar aus Usbekistan ist schwul und kurz vor seiner bevorstehenden Verheiratung durch die streng muslimische Familie ohne Geld und ohne Zukunft nach Österreich geflüchtet. Hier wartet er auf seinen Asylbescheid und muss erst langsam lernen, dass man sich für Homosexualität nicht schämen und schon gar nicht verstecken muss. In seiner Heimat wurde er dafür verfolgt und mit Gefängnis und Misshandlungen bestraft.

 

"Ich habe Glück gehabt, denn du bist nicht nur mit einem Mann verheiratet, sondern mit einer ganzen Familie", sagt die 39-jährige Saime Zengin über ihre Ehe. Sie war 16 Jahre alt, als ihre Eltern in Anatolien die Hochzeit mit Ahmet planten. Ein zufriedenes muslimisches Paar sind die beiden heute, Sexualität ist für sie etwas sehr Privates, und das Sprechen darüber fällt der gesamten Familie schwer. In der Erziehung ihrer drei Kinder erlauben sie sich aber - weit weg von der Heimat Türkei und ihren großen Familien - jene Aspekte der islamischen Moralvorstellungen auszuwählen, die sie für richtig befinden und nicht die Fehler ihrer Eltern in puncto Autorität zu wiederholen. "Meine Tochter ist meine Revolution", sagt Saime stolz über die 21-jährige Dilek, deren Haar lang und gelockt über ihre Schultern fällt und die in Innsbruck Medizin studiert.

 

Ein Film von Thomas Grusch und Elisabeth Krimbacher

 

 

 

kreuz und quer- Diskussion zum Thema Islam in Europa 2025 - Eine Zukunftsvision

Der Islam ist Teil der europäischen Zukunft und wird in den meisten Staaten der EU eine wachsende Rolle spielen. Die Diskussion darüber, wie sich diese Religion mit ihren in Asien und Afrika gelegenen Gravitationszentren vereinbaren lässt mit jenen Vorstellungen vom Aufbau einer Gesellschaft, die in Europa seit einigen Jahrzehnten vorherrschen, wird immer wichtiger. Wie stellen sich Muslime und Musliminnen ein Europa im Jahr 2025 vor? Welche Gesellschaft haben sie vor Augen? Welches politische System? Welchen Islam? Welches Frauenbild? Und was sind die großen Herausforderungen, denen sich der Islam bzw. Muslime und Musliminnen in Europa zu stellen haben?

 

Bei Doris Appel diskutieren die Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Carla Amina Baghajati, die Autorin und Schriftstellerin Sineb El Masrar, die Philosophin Cornelia Klinger, der Islamwissenschafter Mouhanad Khorchide und der Politologe Thomas Schmidinger.