Sendung

kreuz und quer

19. 06. 2012 (Dienstag), 22.30 Uhr, ORF 2

20. 06. 2012 (Mittwoch), 20.15 Uhr, ORF III

21. 05. 2012 (Donnerstag), 11.55 Uhr, ORF 2
 

 

 

"Die Liebe fürs Leben"

Es gibt sie noch, die Liebe fürs Leben - auch in Zeiten von Scheidungsraten an die 50 Prozent. Und während zeitweilig der Eindruck vermittelt wird, lebenslange Zweierbeziehungen seien ein Auslaufmodell, legt der Film das Augenmerk zur Abwechslung auf jene ebenfalls rund 50 Prozent, die entgegen allen Trends zusammenbleiben. "Die Liebe fürs Leben" - ein Film, der Mut machen will. Mut zum Leben, zur Beziehung, zur Liebe. Mut zum Leben in einer Liebesbeziehung. Was all diese höchst unterschiedlichen Paare, die im Film gezeigt werden, gemeinsam haben, ist die Liebe als Leitmotiv ihrer Beziehung. Ein Leitmotiv als tragendes Element, das sich auch von heftigen Dissonanzen nie gänzlich übertönen ließ.

 

"Ich weiß, du hast eine Leidenschaft", sagt Margarete zu Franz, ihrem Mann: "Und was ist deine Leidenschaft?" - "Du bist meine Leidenschaft", antwortet er. Und das nach 64 Ehejahren. Im November vergangenen Jahres sind Margarete und Franz ins Seniorenheim gezogen. Nach 50 Jahren in einer 30 Quadratmeter großen Gemeindewohnung am Schöpfwerk in Wien-Meidling. "Jetzt ist es am schönsten", stellen sie übereinstimmend fest. In ihrem Zimmer haben sie mehr Platz als je zuvor, für Essen und Pflege ist gesorgt - und vor allem, betont Franz, für ein warmes Bett. Davon konnte er damals nur träumen, 1947, als er Margarete kennenlernte - in einer Straßenbahn der Linie 8 im zertrümmerten Wien der Nachkriegszeit. "Er hatte so ein süßes Goscherl", schwärmt Margarete heute noch: "Aber er war schüchtern. Gott sei Dank, sonst hätt er sich vielleicht eine andere genommen. Aber ich war nicht schüchtern. Und eines Tages hab ich mir gedacht, heut schnapp ich ihn mir."

 

"Einmal zu Weihnachten wurde mir wieder alles zu viel. Und da dachte ich, wenn jetzt ein Mann vor der Türe stünde und mich einladen würde, mit ihm zu kommen, dann täte ich es", erinnert sich Elisabeth an eine viele Jahre währende Beziehungskrise. Damals litt ihre Ehe mit Wolfgang unter akutem Kommunikationsmangel. Nach 25 Jahren erfüllte ihr Wolfgang schließlich ihren Wunsch nach einem Eheseminar. Und dort ging ihm ein Licht auf: "Ich war immer der Meinung, ich würde meine Frau mit meinen beruflichen Problemen unnötig belasten. In Wahrheit schloss ich sie durch mein Schweigen von meinem Leben aus, statt sie teilhaben zu lassen."

Franziska und Norbert sind 26 Jahre verheiratet, stolze Eltern dreier Kinder und hatten sowohl privat als auch beruflich viel Glück im Leben. Wie tragfähig ihre Liebe ist, wurde ihnen jedoch nie so deutlich bewusst wie in jener Zeit, als Norbert plötzlich an einer mysteriösen Krankheit litt. Er war wochenlang gelähmt. "Obwohl unsere Kinder noch klein waren und sie den Betrieb allein schupfen musste, besuchte mich Franziska jeden Tag im Krankenhaus und sprach mir Mut zu. Das hat wesentlich zu meiner Gesundung beigetragen, und das werde ich mein Lebtag nicht vergessen."

 

Der Alltag auf einem Bergbauernhof ist ohnehin hart genug. Für Rosa, die frisch angetraute Jungbäuerin, kam erschwerend hinzu, dass sie sich von ihrer Schwiegermutter von Anfang an abgelehnt fühlte. Und Josef, einziges Kind seiner Mutter, die ihren Mann früh verloren hatte, saß zwischen zwei Stühlen. Einerseits wollte er seiner Mutter gegenüber loyal sein, andererseits durfte er seine Frau nicht "im Regen stehen lassen", wie er sagt. "Wenn man Geduld und einen guten Mann hat, geht alles", erzählt Rosa: "Wir haben viel miteinander geredet. Er war einfach lieb zu mir." Heute, nach 52 Ehejahren, macht Josef seiner Rosa vor laufender Kamera eine Liebeserklärung: "Ich muss mich glücklich schätzen. So eine Frau findet man nicht alle Tage."

 

"Ohne dich bin ich wie die Wolke ohne Regen, wie der Papst ohne Segen, wie der Müll ohne Tonne, wie der Sex ohne Wonne", textet die eine Barbara in einem Liebeslied an die andere Barbara. Mit ihrer Band "Enfemmes Terribles" geben sie die Nummer in der Wiener "Sargfabrik" zum Besten - und die Melodie wird zum Leitmotiv des Films. Leitmotiv ihrer Beziehung ist die Veränderung, und auch wenn sie sich demnächst hochoffiziell aneinander binden, versprechen sie einander immer wieder von neuem, nur so lange zusammenzubleiben, solange es für beide passt. Und in den bisher 30 gemeinsamen Jahren hat einiges gepasst. Von der gemeinsamen Arbeit für eine Berliner Putzfirma bis zum kargen Leben auf einem Kärntner Bauernhof - "super alternativ und brotlos", wie sie sich lachend erinnern.

 

Ein Film von Michael Cencig

 

 

"Flucht aus der Polygamie"

Zur Vorgeschichte: Joseph Smith, der Gründer und Prophet der Kirche der Mormonen, der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", führte in seiner Gemeinschaft in den 1830er Jahren die Vielehe, die Polygamie, gewissermaßen als Glaubensgrundsatz ein. In den 1890er Jahren allerdings sagte sich der damals amtierende Mormonenprophet Wilford Woodruff von der Polygamie los. Das wurde nicht von allen Gemeindemitgliedern akzeptiert; ein Teil der Anhänger sagte sich daraufhin von den Mormonen los und gründete eine eigene Gemeinschaft, die sich "Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" nannte und weiterhin das Prinzip der Polygamie beibehielt. Der Großteil dieser Abtrünnigen siedelte sich im Grenzgebiet zwischen den beiden US-Bundesstaaten Utah und Arizona an und gründete dort die Niederlassung Short Creek.

 

Im Jahr 2003 wurde Warren Jeffs als Prophet ordiniert. Bald nach seinem Amtsantritt riss er alle Macht in der Gemeinde an sich, er hatte nicht nur die alleinige Verfügungsgewalt über den gesamten Besitz der Gemeinde, er bestimmte auch, welche und wie viele Frauen ein Mann zu heiraten hatte. Wenn sich Männer seinem Führungsanspruch widersetzten, wurden sie aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, ihre Frauen und Kinder wurden einem anderen Mann zugeteilt. Auch Jugendliche, die nicht Warren Jeffs' Vorstellungen entsprachen, wurden verstoßen. Außerdem soll Warren Jeffs in einigen Fällen minderjährige Mädchen mit wesentlich älteren Männern zwangsverheiratet haben. Deshalb wurde er im Jahr 2011 in erster Instanz von einem texanischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.

 

Zur Dokumentation: Sam, Bruce und Joe sind drei männliche Teenager, die der "Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" angehören. Als das Leben in der Sekte für sie unerträglich wird, beschließen sie davonzulaufen. Damit verlieren sie nicht nur ihr Zuhause, sondern auch alle Kontakte zu ihren Müttern und Geschwistern. Mittellos und ohne Ausbildung sind sie auf die Hilfe anderer angewiesen. Die beiden Dokumentarfilmer Tyler Meason und Jennilyn Merten begleiten die Jugendlichen mit der Kamera auf ihrem mühsamen Weg in ein freies, selbstbestimmtes Leben. Doch es ist nicht einfach für die drei jungen Männer, in einer Gesellschaft zurechtzukommen, die ihnen bisher völlig fremd war. Sie müssen erst lernen, sich im Amerika des 21. Jahrhunderts mit seinen Verlockungen und Widersprüchen zu behaupten; und sie müssen lernen, mit ihrer neu gewonnenen Freiheit vernünftig umzugehen.

 

Ein Film von Tyler Meason und Jennilyn Merten