Sendung

kreuz und quer

24. 07. 2012 (Dienstag), 22.30 Uhr, ORF 2

25. 07. 2012 (Mittwoch), 20.15 Uhr, ORF III

26. 07. 2012 (Donnerstag), 12.00 Uhr, ORF 2

 

 

"Faszination Kabbala - Magie-Mystik-Kult"

„Die Kabbala ist die Schöpfung - die Erschaffung der Welt!“ - das sagt der Direktor der Jerusalemer Kabbala-Akademie. Die Kabbala soll den Schlüssel zu den größten Geheimnissen des göttlichen Lebens bergen. Kein geringer Anspruch, der dazu beigetragen hat, dass die Kabbala wie kaum ein anderes Gedankengebäude von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben ist. Faktum ist: Die Kabbala ist die mystische Tradition im Judentum. Kabbalisten suchen nach einer unmittelbaren Beziehung zu Gott - über Studium und Meditation.

 

Die dunkle Seite: Die Kabbala wurde stets auch mit Magie in Verbindung gebracht. Amulette, Talismane und Zaubersprüche sollten vor bösen Mächten schützen. Der Film zeigt auch die schwarze Seite der Kabbala und damit ihren Missbrauch: Todesflüche beispielsweise, die gegen israelische Politiker wie Itzhak Rabin ausgesprochen wurden. In der Kabbala liegt auch der Ursprung eines der bekanntesten Mythen der europäischen Kultur: der Prager Golem. Der Film geht der Legende von der Schaffung eines künstlichen Menschen auf den Grund - und entlarvt sie als kühne Fälschung zweier geschäftstüchtiger Rabbiner.

 

Selbstbedienungsladen oder jüdische Geheimlehre? Regisseur Fritz Kalteis dokumentiert in seinem Film einerseits Geschichte, Tradition und Essenz der Kabbala und zeigt andererseits, wie sich auch Nichtjuden die Kabbala auf ihre ganz persönliche Art und Weise zu Eigen machen. „Ich sehe die Kabbala wie einen Selbstbedienungsladen ... wer essen will, soll kommen. Aber es geht keiner hin und sagt, iss das jetzt, weil sonst kommst du in die Hölle.“ Das sagt Christian Igler, Kabbalaschüler und getaufter Christ aus Wald am Schoberpass. Er versenkt sich seit zehn Jahren unter Anleitung der Kabbalaschule Bnei Baruch in die Geheimnisse der alten Lehre - auch um sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Nach Schicksalsschlägen wie einer Querschnittlähmung und einer Krebserkrankung findet er darin neuen Lebenssinn und Antworten auf existenzielle Fragen. Damit steht Igler auf der einen Seite einer tiefen Bruchlinie, die die Kabbala durchzieht.

 

Ein solcher Zugang zur Kabbala freilich stößt viele Juden und auch Judaisten vor den Kopf: Schließlich ist die Kabbala die mystische Tradition im Judentum, die auch nur Juden und Jüdinnen tatsächlich verstehen könnten. Der Zugang zur Kabbala war stets auf jüdische Männer jenseits der 40 beschränkt, die tief im Glauben verwurzelt waren. Nun holen populäre Kabbalaschulen die Lehre aus dem Kreis kleiner Zirkel und machen sie der ganzen Welt zugänglich. Das kann mitunter auch gefährlich sein, sagt der Judaist Klaus Davidowicz von der Uni Wien: „Der, der sich damit befasst, sollte ein stabiler Charakter sein, fest auch im Leben und in der Erde stehen bevor er sich mit himmlischen Welten abgibt.“

 

Ein Film von Fritz Kalteis

 

 

"Bar Mitzwa heißt erwachsen werden"

Jonathan ist soeben 13 Jahre alt geworden und feiert mit seiner Familie und deren Freunden, die aus der ganzen Welt nach Wien gekommen sind, seine Bar Mitzwa. „Ich bin sehr nervös gewesen“, erzählt er. „Das war schon schwer.“ Am Tag zuvor ist er zum ersten Mal zur Thora gerufen worden, unter Anwesenheit der Mitglieder seiner streng orthodoxen Gemeinde in der Wiener Tempelgasse, hat daraus vorgesungen und die vorgeschriebenen Gebete gesagt. Jonathan ist nach jüdischem Gesetz mit 13 zum Mann geworden, mit allen religiösen Rechten und Pflichten. Jetzt ist er unter die Erwachsenen aufgenommen, und das wird groß gefeiert.

 

Der Film „Bar Mitzwa heißt erwachsen werden“ begleitet Simon bei seiner Vorbereitung und zwei Jonathans - einer aus einer orthodoxen, der andere aus einer liberalen Familie - sowie die zwölfjährige Naomi, die ihre Bat Mitzwa begeht, während Zeremonie und Fest. Was Bar und Bat Mitzwa bedeuten, welche Rituale damit verbunden sind, warum bei den Orthodoxen nur die Männer zur Thora gerufen werden und nicht die Frauen und warum sich die Juden ihr Glaubensbekenntnis an den Kopf binden: Darüber sprechen Oberrabbiner Paul Eisenberg und der Theologe Peter Landesmann, der auch über seine eigene Bar Mitzwa erzählt, 1942 in Budapest, eineinhalb Jahre vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Er hat, wie sein Vater und sein Bruder Hans „wie durch ein Wunder“ überlebt. Der düstere Schatten der Schoah fiel 35 Jahre später auch über die Jugend von Thomas Löwy, dem Vater von Simon: Es war nicht leicht, sagt er, antisemitischen Angriffen in der Schule und beim Bundesheer mit Selbstbewusstsein zu begegnen.

 

Vier Bar-Mitzwa-Feiern haben Chaya und Samy Molcho mit ihren Söhnen erlebt. „Für die Mutter bedeutet dieser Tag, dass ihr Sohn nun in die Welt der Männer geht und sie ihn nun loslassen muss“, erzählt Chaya. „Er ist ein König an diesem Tag“ sagt Samy. „Und so soll es auch sein.“ „Es war unvergesslich“, sagt ihr zweiter Sohn Elior, dessen Bar Mitzwa und die seiner Brüder Nuriel und Ilan ebenfalls zu sehen sind. Unvergesslich für alle Anwesenden war auch der Tanz von Samy Molcho mit seinen jungen Söhnen auf den Schultern.

 

Ein Film von Helene Maimann