Erfüllte Zeit

04. 12. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Johannes der Täufer“ (Markus 1, 1 – 8)

von Sr. Regina Fucik

 

 

Advent – eine Zeit des Wartens. Worauf?

Ein buntes Gefühl für eine Festvorbereitung durchzieht die Gesellschaft. Tatsächlich, es naht ein Fest, worauf sich Menschen aller Erdteile der Welt in ganz unterschiedlicher Weise vorbereiten. Verkaufsstände vermehren sich und unübersehbare, ja oft grelle Dekorationen und Lichter blitzen uns aus allen Ecken und Enden entgegen. Es stimmt, wiederkehrende oder geplante Feste brauchen eine Vorbereitung. Das nehmen wir in diesen Wochen eindeutig wahr, auch wenn vieles dabei zu hinterfragen ist.

Wenn wir von einem Fest reden, dann hat es immer auch etwas mit Freude zu tun. Gute äußerliche Vorbereitungen bleiben sicher nicht äußerlich. Sie können die Menschen in ihrem Herzen einstimmen auf das, was es zu feiern gilt.  

 

Im heutigen Sonntagsevangelium nach Markus, das wir soeben hörten, klingt es jedenfalls so.  „Und das ganze begann, wie es beim Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen.“ Es sind aufregende Worte und die Botschaft klingt wie ein persönlicher Dialog. Das Du, von dem hier die Rede ist, ist Gott selbst. Bald schon sollen die Menschen, die sich lange gottverlassen gefühlt haben, erfahren, wie Gott ihnen mit der ganzen Fülle seines Erbarmens nahe kommen möchte. Eine Stimme aus der Wüste ruft: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen“. Johannes, der Bote und die Stimme aus der Wüste will mit seinem Ruf alle Menschen darauf vorbereiten, sodass die Freude sie erreichen kann.

 

Welch ein Kontrast?

Ankündigungen werden uns heute vielfach unüberhörbar oder unübersehbar aus Lautsprechern, Werbespots und unterschiedlichsten Medien ins Haus geliefert. Der Ruf von Johannes hingegen kommt aus der Wüste – einem Ort, weit weg von allem Lärm der Zeit.  Wüste, was meint das eigentlich? Es ist nicht unbedingt das, womit sich  ein Großteil der Menschen anfreunden kann, denn die Wüste zeigt sich oft in Gesichtern wie: Einsamkeit, Misstrauen, Sinnlosigkeit, Enttäuschungen, Verlust Gottes, Verlust der Zukunft.  Der moderne Mensch lässt sich nur schwer auf Winke und Hinweise ein, die ihm aus der Wüste des Lebens den Ausweg weisen. Es gibt aber auch Menschen, die Wüste in ihrem Leben als „Ort des Schweigens und Hörens“ z.B. in Exerzitien oder tatsächlich in einer Wüste kennen gelernt  haben.  Für sie wird hinter dem Zuruf des Boten die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen erkennbar sein: „Ebnet ihm die Straßen“. Bindet euch an Gott und lasst euch seine Treue, Zuwendung und Menschenfreundlichkeit schenken. Kehrt um. Lasst euch mit eurer ganzen Lebenswirklichkeit umarmen und versöhnen. Er wird euch vergeben.

 

Johannes bekräftigt durch die Botschaft aus der Wüste: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich“.  Unsere Zeit ist von der Frage nach dem Stärkeren geprägt. Es gibt Widerstände und Gegenkräfte. Sie können uns entsolidarisieren, wo wir als Christen doch für den Lebensraum aller, gerade auch den der Schwachen einzutreten haben. Die andere Frage ist: Wer ist stärker, die Macht, die uns dazu befreit, miteinander und füreinander zu leben, oder die Kraft, die uns den Blick für die Menschen hier und in Zukunft verstellt und uns dazu treibt, auf Kosten anderer zu leben? In dem Stärkeren hat Gott selbst sich in unsere Geschichte eingemischt  Wir können und dürfen uns dem Machtbereich dessen anvertrauen, der die Liebe gelebt, uns zur Liebe befreit und der in unserer Taufe seine heilende Geschichte mit uns begonnen hat. Darauf will uns die Stimme des Johannes verweisen. „Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“.

 

Wir brauchen die Künder der Zukunft Gottes, damit wir unser Leben bestehen können. Wir brauchen auch heute die Stimme des Rufers aus der Wüste, der uns nicht nur im Advent zuruft: Komm, du bist gemeint.