Erfüllte Zeit

11. 12. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

Bischof Herwig Sturm

Wege bereiten

 

Im Winter ist man dankbar für gestreute Wege. Der Fußgänger geht sicherer auf dem glatten Schnee, wenn einige Steinchen unter der Sohle knirschen, und der Autofahrer kann Steigungen durchziehen, ohne den Schwung zu verlieren.

 

Glatt ist es aber auch sonst in unseren Tagen: Glatte Lüge, glatte Verleumdung, glatter Betrug. Die Wahrheit steht weit hinten auf der Liste der Tugenden; auf die Wirkung kommt es an. Ausrutscher gehören zur Methode, und wer die Fassung verliert, ist selber schuld.

 

Wie gut tun da Menschen, auf die man sich verlassen kann, wie wertvoll sind Worte, die ehrlich gemeint sind. Sie sind wie Steinchen auf glatten Wegen. Wie hilfreich ist eine Entschuldigung nach einem Ausrutscher, ein klärendes Gespräch statt hinterhältigen Tratsches. Da kann man sich einhaken wie in einen starken Arm und miteinander weitergehen.

 

In der Adventzeit lese ich gerne die Worte des Propheten Jesaja, Kap. 40. „Bereitet dem Herren den Weg, macht eine ebene Straße unserem Gott.“ Hier schließt sich der tiefste Sinn unserer Vorbereitungen auf Weihnachten: Wege zu bereiten, ja selber Wegzeichen zu werden für das Wunder und Geschenk, dass Gott zum Weggefährten der Menschen wird.

 

Solche Wegbereiter sind die vertrauten Lieder und Geschichten, Kerzen und Sterne, Weihnachtsbäckerei und Geschenke. Und vielleicht auch ein paar Schaufeln Kies auf die allzu glatten Wege.

 

Aus: Herwig Sturm „Gottes Sehnsucht“, Vlg. Evangelischer Presseverband