Erfüllte Zeit

18. 12. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

Weihbischof Dr. Helmut Krätzl „Gott mitten unter uns“

 

 

In den letzten Tagen vor Weihnachten ist es gut, sich auf den Inhalt des Festes zu besinnen. Das sind wir Christen den vielen Nichtchristen in unserem Land schuldig, die uns fragen könnten, was wir eigentlich feiern. Die Bibel beschreibt das Ereignis unterschiedlich.

 

Im Johannesevangelium lesen wir z.B. nichts von Bethlehem und vom Kind im Stall, sondern: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Das ist die kürzeste Beschreibung von Weihnachten. Gott wurde Mensch.

 

War Gott nicht immer da? Als Gott dem Mose im brennenden Dornbusch erschien, fragte dieser, wie sein Name sei und hört:  „Ich bin, der ‚Ich-bin-da’“. Das Volk Israel hat die Gegenwart Gottes in seiner Geschichte in wunderbaren Zeichen erlebt. Das Kind im Schoß Mariens aber, so sagt ein Engel zu Josef im Traum, soll Immanuel genannt werden, das heißt, „Gott mit uns“. Nun ist Gott in ganz neuer Weise „da“. Er lebt und liebt und leidet wie einer von uns.

 

Aber nimmt Gott diese innigste Gegenwart nach dem Tode Jesu wieder zurück?

Jesus hat uns ein Vermächtnis hinterlassen. In Brot und Wein wollte er mit Fleisch und Blut unter uns bleiben. Was wir zu Weihnachten feiern, wird in jeder Eucharistie neu Wirklichkeit. Die Messe ist das Gedächtnis des Lebenswerkes Jesu, von der Menschwerdung über Tod und Auferstehung bis hin zur Erhöhung im Himmel. Die gewandelten Gaben von Brot und Wein sind Zeichen der göttlichen Gegenwart in dieser Welt.

 

Weinachten und Eucharistie hängen innig zusammen, das eine ist ohne das andere nicht recht zu verstehen. Vielleicht ahnen das sogar jene, die in der heiligen Nacht noch eine feierliche Mette suchen, obwohl sie sonst gar nicht so fromm sind.