Erfüllte Zeit

29. 01. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Jesus in der Synagoge von Kafarnaum“ (Markus 1, 21 – 28)

von Regens Nikolaus Krasa

 

 

Ist ihnen aufgefallen, was unser heutiges Evangelium nicht erzählt hat? Oder haben Sie nicht gemerkt, dass dieser Text eigentlich ein falsches Etikett hat? Dass er etwas anderes ankündigt, als er danach erzählt und dass er dann am Ende so tut, als hätte er eigentlich erzählt, was er angekündigt hat. Das also etwas anderes drauf ist, als drin ist in unserem heutigen Sonntagsevangelium. Die Schlüsselworte am Beginn und Ende haben dieses Evangelium als Lehrtätigkeit Jesu gekennzeichnet, drinnen wird aber eine Wunderheilung erzählt. Sie erinnern sich: begonnen hat das Ganze damit, dass Jesus in die Synagoge Kafarnaums kommt und dort lehrt. Und erstaunt stellen die Synagogenbesucher fest, dass er ganz anders als seine Zeitgenossen redet, mit Vollmacht, wie Markus sagt. Und am Ende der Geschichte wiederholen sich eben diese Worte, nochmals eine Reaktion der Menschen: eine neue Lehre in Vollmacht, so staunen sie. Nur: was dazwischen steht, scheint etwas ganz anderes zu sein. Da schildert Markus das erste Wunder Jesu: Jesus heilt einen kranken Menschen. Als Ursache schwerer Krankheit wurden damals im Volksglauben mächtige Wesen gesehen, die man Dämonen nannte. Sie stellten nach dieser Vorstellung mit Satan ihrem Anführer eine gewaltige Macht des Bösen dar, die in der Welt ihr Unwesen treibt. Vieles Negative, Unheilvolle, Krankheit und Leid wurde diesen Dämonen zugeschrieben. Und so beschreibt Markus die Krankheit dieses Menschen indem er sagt: ein unreiner Geist, hat von ihm Besitz ergriffen. Und dramatisch führt er aus, was passiert, wenn dieser unreine Geist mit Jesus konfrontiert wird. Ein kurzer aber heftiger Wortwechsel entsteht. Wobei der Dämon von Anfang an zu wissen scheint, was ihm blüht, dass er eigentlich bereits verloren hat und wer vor ihm steht: Jesus von Nazareth, der Heilige Gottes. Und es reicht ein kurzer Satz Jesu, zwei Befehle, und der Spuk ist vorüber: „schweig und fahr aus ihm aus!“ Die Macht Jesus ist stärker als die das Leben der Menschen bedrohenden Dämonen.

 

Also eigentlich doch kein Etikettenschwindel. Eigentlich ist in diesem Evangelium doch drin was drauf’ steht. Man muss nur genau hinhören. Denn: das Heilungsgeschehen ist eigentlich ein Wortwechsel, ein Streitgespräch. Und das stärkere Wort, dem der Dämon nur mehr gehorchen und nicht mehr widersprechen kann, das hat Jesus. Es ist also Verkündigung Jesu die hier geschieht. Jesus spricht: zu den Menschen und zu den das Leben der Menschen bedrohenden Mächten, zu den Dämonen. Was er sagt, bewirkt etwas, verändert etwas, macht Leben möglich, heilt und befreit.

 

Das ist die Frohbotschaft, das Evangelium, das Markus im ersten Satz seines Evangeliums angekündigt hat. Anfang des Evangeliums Jesu Christi, so lauten die ersten Worte des Markusevangeliums. Und diesen Anfang beginnt er zu erzählen. In einem doppelten, eigentlich in einem dreifachen Sinn. Es ist einmal schlichtweg der Anfang des Wirkens Jesu von dem wir da hören, seine erste Predigt und sein  erstes Wunder, der Beginn seiner Tätigkeit am Ufer des Sees Gennesareth in Kafarnaum. Es ist aber gleichzeitig auch ganz real Anfang des Evangeliums, wenn Menschen geheilt, von ihren Lasten befreit werden. So begann das Evangelium ganz persönlich, als Heilung eines Menschen, als ein Wort, das stärker ist als alle Dämonen. Und  damit beginnt dieses Evangelium auch heute bei uns, als Wort voll Kraft, das Leben gibt.