Erfüllte Zeit

12. 03. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

„O Schweigen und Stillesein! Du bist die Mutter der Rührung und der Spiegel der Sünden. Du nötigst uns zur Buße, du lässest unsre Tränen fließen und unser Flehen aufwärtssteigen. Mit dir zusammen wohnt die Demut. Von dir wird die Seele hell. In dir lehren die Engel. Aus dir kommt Sanftmut und Friede den Menschen. O Schweigen und Stillesein! Du erleuchtest den Geist, du erforschst die Gedanken und hilfst, das eigne Selbst zu erkennen. Du bist die Mutter des Gebets, bist die Muße zum Lesen. Du schenkst Kraft im Fasten, du hältst die Zunge im Zaum, du befreist von Unmäßigkeit ... Ablegung der Sorgen, Schweigen, und der innere Aufflug des Geistes im Herzen erzeugen Gottesfurcht und Keuschheit. Der innere Aufflug des Geistes im Herzen ist das unaufhörliche geistige Gebet: „Herr Jesus Christus, erbarme dich mein, Sohn Gottes, hilf mir!“ – mit diesen Worten preist die heilige Eremitin Theodora (Ende des 4. Jahrhunderts) das Stillschweigen.

 

(Aus: Igor Smolitsch „Leben und Lehre der Starzen“, Herder Verlag)