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Erfüllte Zeit19. 03. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
Fasten und hoffen
Man
muss nicht Pessimist sein, um zu sagen, dass Hoffnungslosigkeit
stark verbreitet ist. Alles besitzend, erwarten viele von der
Zukunft nichts mehr oder zumindest nichts Gutes. Unsere westliche
Welt scheint müde und alt. Resignation macht sich breit. In dieser Situation kommt dem Fasten eine wichtige rolle zu. Fasten, verbunden mit Gebet und Meditation, hat nämlich viel mit Hoffnung zu tun. Ein ehemaliger Kriegsgefangener, dem es gegeben war, aus dem auferlegten Hungern einen freiwilligen Akt und damit ein echtes Fasten um machen, hat dies erfahren: „Ich glaube, dass man schließlich auch einen tiefen und grundlegenden Zusammenhang zwischen dem Fasten und der Hoffnung hervorheben muss ... Fasten heißt, sich der „Weisheit dieser Welt“ entgegenzustellen und gewissermaßen das Sein dem Tun vorzuziehen, die Kontemplation der Produktion, das übernatürliche „Du wirst haben“ dem natürlichen „Da hast du.“ In
dieser Spannung von „Da hast du“ und „Du wirst haben“, von
„schon“ und „noch nicht“ steht der Mensch. Er ist versucht,
der Spannung auszuweichen zugunsten des Diesseits: „Iss und trink,
denn morgen bist du tot“. Oder er löst die Spannung auf zugunsten
des Jenseits, indem er weltflüchtig dem Anspruch der Welt und der
Menschen zu entgehen trachtet. Er kann aber auch die Spannung
aushalten, mehr noch, er kann sie fruchtbar und schöpferisch werden
lassen. Dank der durch das Fasten gestärkten Hoffnung vermag er
ansatzweise die von aller Kreatur ersehnte „neue Schöpfung“ und
ihre Ordnung der Freiheit und des Friedens aus dem „noch nicht“
in das „schon jetzt“ wirklich hereinzuholen.
Das Reich Gottes ist schon da; es ist in uns, und das Fasten
öffnet uns das Auge dafür.
(Aus:
Niklaus Brantschen „Fasten neu erleben. Warum, wie, wozu?“,
Herder Spektrum)
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