Erfüllte Zeit

16. 04. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Entdeckung des leeren Grabes und die Erscheinung Jesu vor Maria von Magdala“ (Johannes 20, 1 – 18)

von Mag. Michael Scharf

 

 

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab. Johannes betont den Sonntag, den ersten Tag der Woche. Maria von Magdala kommt im Dunkeln des frühen Tages. In ihr ist es dunkel. Wer von Christus tief ergriffen wurde und dann plötzlich seine Abwesenheit erlebt, ist in einer Nacht der Sinne und Nacht des Glaubens wie dies die spanische Mystik nennt. Jesus ist tot, ist abwesend. Dennoch treibt sie eine große Liebe zu Jesus Christus hinaus zum Grab. Eine Sehnsucht zumindest an seinem Grab zu sein. Ausdruck einer starken, intensiven Beziehung. Wer Christus erlebt hat, kann nicht mehr ohne ihn sein, erlebt eine tiefe geistliche Sehnsucht.

 

Am Grab sieht Maria, dass der Stein weggerollt ist. Was wird ihre erste Reaktion gewesen sein? Wohl eher ein Schock als der Gedanke an eine Auferstehung. Auferstehung von den Toten ist ja etwas völlig Neues, Unvorstellbares. So läuft sie zurück und meldet ihre Beobachtung an Petrus und Johannes, die nun selbst zu Grab laufen. Beide laufen zum Grab. Johannes als der Jüngere ist schneller, früher am Grab. Trotzdem wartet er bis auch Petrus heran ist und lässt ihn zuerst in das Grab hineingehen. Viele deuten, dass hier Johannes, der Lieblingsjünger, die Autorität des Petrus, sein Amt respektiert und ihm so den Vortritt lässt.

 

Sehr genau schildert Johannes in seinem Evangelium was die Jünger im Grab sehen. Die Leinenbinden mit denen der Leichnam eingehüllt war und das Schweißtuch zusammengelegt an einer extra Stelle. Das Grab ist leer, der Leichnam ist nicht im Grab. Die Beschreibung macht deutlich, dass der Leichnam Jesu nicht gestohlen wurde. Was fehlt ist eine Reaktion des Petrus. Das leere Grab alleine wirkt keinen Glauben. Anders bei Johannes. Er, heißt es im Evangelium, er sah und glaubte. Allerdings ist es erst ein anfänglicher, beginnender Glaube, denn „sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste.“ Die persönliche Begegnung mit dem Auferstandenen fehlt noch. Sie allein bewirkt Glaube und Hingabe. Ohne Begegnung mit dem Auferstandenen gehen sie wieder heim. Im Evangelium zeigt sich ein schrittweises Erwachen des Glaubens an den Auferstandenen.

Die erste Begegnung mit dem Auferstandenen wird Maria geschenkt. Sie steht vor dem Grab, weinend, in Trauer über den Tod Jesu, wohl auch darüber, dass der Leichnam fort ist.

 

Als sie sich in das Grab beugt sieht sie zwei Engel im Grab. Sie fragen nach dem Grund ihres Weinens. Es ist ein Weinen der Trauer, ein Weinen über das Wegnehmen des Leichnams, vielleicht über einen vermuteten Diebstahl. Maria weiß nun nicht mehr wo Jesus ist. Man hat ihn weggenommen. Sie weiß nicht wohin sie jetzt in ihrer Trauer gehen soll. Hat keinen Ort, kein Grab mehr um dort zu trauern und abschied zu nehmen.

Das Gespräch mit dem Engel wendet Maria um. Es ist ein inneres Geschehen. Nun sieht sie Jesus ohne ihn zu erkennen. Immer noch ist sie voll Trauer, die Augen voller Tränen. So sieht sie nur einen Gärtner wo bereits der Auferstandene Messias, der Auferstandene Jesus Christus vor ihr steht. Als Jesus, der vermeintliche Gärtner sie mit ihrem Namen anspricht, da kommt es nochmals zu einer inneren Umkehr, zu einem Umwenden. „Maria“. Da wendete sie sich um und bekennt nun Jesus Christus als Herrn: Rabbuni, Meister. Jetzt kommt es zu einer tiefen Begegnung zu einem gegenseitigen Erkennen. Aber auch zur Mahnung: Halte mich nicht fest. Ihn den sie gerade noch betrauert hat, den sie gerade noch gesucht hat ohne zu wissen wo sie ihn finden könnte, ihn darf sie nun erkennen, muss ihn aber wieder loslassen. Noch ist das Ostergeschehen nicht vollendet. Noch kommt es nur zu einer ersten liebenden Begegnung.

 

Als Zeugin der Auferstehung, als Gesendete Botin der frohen Botschaft kehrt Maria zu den Jüngern zurück, erzählt von dem Wunder das sie erlebt hat.

 

Wie an jedem Sonntag möchte auch ich mich in das Evangelium hineinstellen. Darüber nachsinnen wo mein Platz im Evangelium ist. Wo ist Jesus Christus für mich, für das Erleben meines Glaubens? Ist er Anwesend? Erfüllt mich lebendige Liebe zu meinem Herrn und Erlöser? Oder ist er abwesend? Hat mich in eine Nacht des Glaubens geführt, wo nur Sehnsucht nach einer Begegnung ist? Ungestillte Sehnsucht? Gibt es in mir erwachenden Glauben an den Auferstandenen? Weiß ich mich ganz persönlich von ihm beim Namen angesprochen, gerufen? Er ruft nicht nur Menschen vor 2000 Jahren er ruft auch heute, Dich und mich mit Namen um ihn erkennen zu können, ruft uns zu Zeugen seiner Auferstehung und dann macht er uns zu Boten zu Gesendeten, zu Menschen die anderen von dieser Begegnung erzählen sollen. Wem könnte ich von Jesus Christus erzählen?