Erfüllte Zeit

21. 05. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Weitere Reden Jesu zu seinen Jüngern“ (Johannes 15, 9 – 17)

von Regens Nikolaus Krasa

 

Sie sind wieder dran?

- nicht nur jetzt „dran“ am Radio, an der Erfüllten Zeit und an dieser Auslegung, sondern die ganze Woche dran, an dem was uns das Evangelium vergangenen Sonntag als großen Auftrag mitgegeben hat. Bleibt dran an ihm, an Christus. Er ist der Weinstock, wir sind an ihm Rebzweige. Wenn wir dranbleiben, bekommen wir den Lebenssaft des Weinstocks, Nährstoffe, alles was wir brauchen um zu wachsen, wenn wir nicht dran bleiben, verdorren wird. Werden nutzlos. Fruchtlos.

An ihm dranzubleiben. Aufforderung Jesu an seine Jünger vor seinem Leidensweg, Aufforderung Jesu an seine Kirche nach Ostern.

 

Was aber heißt das, wie geht das? Noch etwas: ich muss Ihnen etwas beichten. Ich habe es mir letzten Sonntag etwas leichter gemacht, habe, vom Bild des Weinstocks kommend, vom „dran bleiben“ gesprochen. Jesus allerdings setzt dieses Bild viel radikaler um. Er spricht nicht vom dran bleiben sondern vom „drin bleiben“. Bleibt in mir, sagte er wieder und wieder, gezählte 5x im vergangenen Sonntagsevangelium.

Was heißt das also, „in ihm, in Jesus, drin zu bleiben“? Wie geht das? Der heutige Evangelienabschnitt versucht genau darauf eine Antwort zu geben. Er setzt das Evangelium des vergangenen Sonntags fort.  Und das passiert auf recht auffällige Art und Weise.

 

Zunächst einmal, in dem ein scheinbar neues Thema anklingt. Und so wie vergangenen Sonntag, wird auch dieses neue Thema verbal sozusagen eingebläut. 10 Mal wird das Wort Liebe bzw. Lieben verwendet, am Beginn des Evangelienabschnitte sogar mehrfach in jedem Satz.

 

Damit aber für uns Zuhörer klar ist, dass mit „Liebe“ hier kein neues Thema eingebracht wird, sondern Vertrautes fortgesetzt wird, klingen zentrale Worte des vergangenen Sonntags zwischendurch noch einmal an.

So war die große Aufforderung des vergangenen Sonntags, in ihm zu blieben. Das heutige Evangelium formuliert: in seiner Liebe bleiben.

Und vom Bild des Weinstocks her war vergangenen Sonntag die Aufforderung zu hören: bringt Frucht. Heute hören wir: ich habe euch bestimmt, dass ihr Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.

 

Also nochmals: die Worte machen klar. Was wir also in der Aufforderung hörten „in ihm zu bleiben“, das wird heute mit einem anderen Wort verdeutlicht. Mit dem Wort „Liebe“. Die Antwort auf die Frage: „wie geht das, in ihm zu bleiben?“ heißt: „Lieben“. „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“. So das heutige Evangelium. In ihm sein heißt also: wie er zu leben und zu lieben. Oder im Blick auf des Bild des vergangenen Sonntags, das Bild vom Weinstock und den Rebzweigen: dort wo Jesu Jünger und Jüngerinnen so zu leben beginnen wie er wachsen sie als Rebzweige und bringen. Oder um nochmals das heutige Evangelium zu zitieren, wenn sie so leben, halten sie seine Gebote.

 

Und wie geht das? Vielleicht besser: wodurch geht das? Weil er uns geliebt hat. Wobei diese Liebe ihren Höhepunkt am Kreuz gefunden hat: „Es gibt keine größere Liebe als die, wenn einer sein Leben für seine Freunde gibt.“ Oder nochmals zurück zum Bild des Weinstocks: das ist sozusagen der Lebenssaft, der aus dem Weinstock kommt, und die Rebzweige wachsen lässt…

Was heißt also: in ihm bleiben? Lieben, nach dem Vorbild Jesu und aus der Kraft der Erfahrung von ihm so geliebt zu sein.

 

Ein Letztes. Ein Blick – wie vergangenen Sonntag – auf den größeren Zusammenhang. Wir befinden uns bei dieser Rede Jesu im Abendmahlssaal. Judas hat den Raum bereits verlassen um Jesus zu verraten. Und die Ausführung dieses Verrates wird unmittelbar an die Rede Jesu anschließen. Es folgt die Schilderung der Passion Jesu und der Ereignisse rund um die Auferstehung. Tod und Auferstehung Jesu, der Abendmahlssaal. Das Bild vom Weinstock. Ob bei den Bildern des Evangeliums im Hintergrund die Eucharistiefeier steht? In ihr erfahren die Jünger und Jüngerinnen Jesu seine Liebe, bekommen die Kraft des Weinstocks zu spüren. Durch sie bleiben Sie in ihm, in Christus. Durch sie bleiben sie „dran“.