Erfüllte Zeit

05. 06. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Kennzeichen für den Heiligen Geist“ (Lukas 10, 21 – 24)

von Pater Josef Maureder SJ

 

 

Manchmal kann es uns ganz positiv ergreifen und berühren, wenn wir begeisterte Menschen erleben. Sie begeistern auch uns. Ihr Geist, ihr Tun, ihre Botschaft bewegen uns zum Guten.

So ruft Jesus im heutigen Evangelium vom Heiligen Geist erfüllt voll Freude aus: „Ich preise Dich Vater“! Diese Freude steckt an.

 

Manchmal machen uns begeisterte Menschen aber auch skeptisch. Ihr Verhalten ist übertrieben, ihre Botschaft klingt verführerisch und gefährlich. Nicht jeder Geist ist gut, der Menschen bewegt. Im ersten Johannesbrief hören wir: „…traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgezogen.“ Woran erkennen wir aber Gottes guten Geist, das Wirken des Heiligen Geistes?

 

 

Auf diese Frage kann das heutige Evangelium eine dreifache Antwort geben.

 

Zuerst fällt auf, dass Jesus vom Heiligen Geist erfüllt ein beredtes Selbstzeugnis, eine kräftige Selbstoffenbarung ausspricht. Er beschreibt eine ganz vertraute und innige Beziehung zwischen ihm und Gott-Vater: „Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand weiß, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand weiß, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“ Und Jesus versteht sich als der verheißene Messias. Darum preist er seine Jünger selig, weil sie ihn sehen können, was so vielen Propheten und Königen vor ihnen nicht geschenkt worden ist.

 

Wenn dieses Bekenntnis der Heilige Geist in Jesus bewirkt, wie die Schrift sagt, dann wird er es auch in allen Menschen tun, in denen er gegenwärtig ist. Deshalb hören wir im ersten Johannesbrief ganz schlüssig: „Daran erkennt ihr den Geist Gottes: jeder Geist, der bekennt, Jesus Christus sei im Fleisch gekommen, ist aus Gott. Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott.“ Genau genommen ist das für den weit verbreiteten Relativismus der Religionen – als ob sie alle vor Gott gleich wären – eine klare Absage. Dies ist das erste und wohl entscheidende Kennzeichen des Heiligen Geistes in einem Menschen: dass er Jesus als den von Gott-Vater gesandten Menschensohn bekennt.

 

Das zweite Kennzeichen: Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, ist voll Freude.

Bei Einkehrtagen fragte mich einmal ein Pater, ob ich meine, dass Jesus glücklich gewesen sei. Und er wies auf die Ablehnung und das Leid hin, das Jesus in seinem Leben ertragen musste.

Ich bin überzeugt, dass man dies sehr wohl sagen könne. Jesu Übereinstimmung mit dem Vater und dessen Willen hat Freude und Frieden in ihm ausgelöst trotz Leid und Widerstand. So behauptet er selbst: „Das habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und eure Freude vollkommen wird“.

 

Ist ein Mensch vom Geist Jesu erfüllt, ist er vom guten, heiligen Geist bewegt, so ist eine innere, echte Freude in ihm. Eine Freude, viel tiefer als oberflächliches Sich-Wohlfühlen, eine Freude, die sich mit der Erfahrung von Frieden auch im Schweren durchhält. Ist sie doch Frucht eines Lebens in Gott, oder Gottes Leben in uns.

 

Schließlich das dritte Kennzeichen: Jesus preist die einfachen Menschen selig und jene, die Ihm folgen. Der Heilige Geist drängt Jesus immer wieder, sich in besonderer Weise den Armen und Einfachen zuzuwenden, denen, die offen sind für Gottes Barmherzigkeit und Liebe, weil sie diese brauchen. Sie sind wie bedürftige Kinder. Und Jesus sieht und benennt die Blockaden und Gefahren der Reichen und der Menschen mit vorgefertigten Meinungen, die von Gott nichts Neues mehr erwarten. Der Geist Jesu, der Heilige Geist schafft in uns eine bevorzugte Zuneigung zu den kleinen, den armen, den einfachen Menschen.

 

Gleichzeitig wendet sich Jesus immer wieder denen zu, die ihm im Glauben folgen: seinen Jüngern und denen, die seine Worte hören und sie befolgen. Diese bilden seine Familie, wie er selbst sagt. Es ist eine Art von Glaubensgemeinschaft an die er sich wendet und in der er sich besonders beheimatet weiß. Der Geist Jesu, der Heilige Geist führt  in die Gemeinschaft der Glaubenden, vereint mit denen, die mit uns als Suchende und Glaubende auf dem Weg sind. Pfingsten, das Geschenk des Heiligen Geistes, wird zu Recht als die Geburtsstunde der Kirche bezeichnet. Wer dagegen die Sprachen verwirrt, die Gemeinschaft der Glaubenden stört, zur Absonderung von der Gemeinde verführt, das ist der Ungeist, der Widergeist. 

 

Ich wünsche Ihnen jenen Geist, in dem Sie Jesus als den Christus bekennen, den Geist der Freude, den Geist der Zuneigung zu den Armen und zur Gemeinschaft der Glaubenden: denn dann bewegt Sie guter Geist, Heiliger Geist.