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Erfüllte Zeit16. 07. 2006, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
Aus: Edith Stein, Im verschlossenen Garten der Seele. Texte zum Nachdenken, ausgew. und eing. von Andrés E. Bejas, 4. Aufl., Freiburg/Basel/Wien: Verlag Herder 1987, Herderbücherei Bd. 1359.
Es gibt natürlich erkennbare
Zeichen, die darauf hinweisen, dass die menschliche Natur, wie sie
tatsächlich ist, sich in einem Zustand der Entartung befindet. Dazu
gehört die Unfähigkeit, Tatbestände entsprechend ihrem wahren Wert
innerlich aufzunehmen und zu beantworten. Diese Unfähigkeit kann in
einem angeborenem Stumpfsinn (wörtlich verstanden) begründet sein
oder in einer allgemeinen Abstumpfung, die sich im Laufe des Lebens
herausgebildet hat; schließlich in einer Abstumpfung bestimmten
Eindrücken gegenüber infolge häufiger Wiederholung. Was oft gehört
wurde, was altbekannt ist, das „lässt uns kalt“. Dazu kommt überdies
noch vielfach ein übermäßiges inneres Inanspruchgenommensein durch
eigenpersönliche Belange, das für anderes unzugänglich macht. Wir
empfinden unsere eigene innere Unbeweglichkeit als unsachgemäß und
leiden darunter. Dass sie einem psychologischen Gesetz entspricht,
hilft uns nicht darüber hinweg. Wir fühlen uns andererseits
beglückt, wenn wir uns durch die Erfahrung überzeugen, dass wir noch
zu tiefer, echter Freude fähig sind; und auch der tiefe, echte
Schmerz ist uns wie eine Gnade im Verhältnis zur Starrheit des
Nichtempfindenkönnens.
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