Erfüllte Zeit

06. 01. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Huldigung der Sterndeuter“ (Matthäus 2, 1 – 12)

von Pfarrer Christian Öhler

 

 

Die Bibel erzählt von drei sternkundigen Männern, die aus dem Osten kommen.

Historisch gesehen dürfte es sich um Astrologen aus dem Zweistromland gehandelt haben, aus dem heutigen Irak, Iran oder Syrien. Sie haben dort als Berater für Fürsten und reiche Leute fungiert. Die fromme Überlieferung, das Volk hat sie zu Königen gemacht und ihnen Namen gegeben: Kaspar, Melchior und Balthasar. In der Bibel haben sie keine Namen. Wir können unsere eigenen Namen einsetzen. Bevor wir das tun, sollten wir aber genau wissen, wofür wir unsere Namen hergeben. Es geht doch darum:

 

Menschen sehen einen Stern, ein Licht, ein Zeichen. Sie brechen auf aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus, aus Gewohnheiten – da steckt das Wort „wohnen“ drin -, also aus dem, wo sie zuhause sind, wo sie sich auskennen. Sie suchen darüber hinaus. Sie suchen nach einem göttlichen Kind, einem neugeborenen König. Der Planet Jupiter gilt in der Astrologie als Königsgestirn, der Saturn wird mit dem Volk der Juden in Verbindung gebracht. Eine ganz seltene Begegnung zwischen den beiden Planeten am nächtlichen Himmel lässt die Sternkundigen ihre Suche beginnen.

 

Am Ziel ihrer Reise angekommen, erleben sie eine Überraschung. Die Kategorien, in denen zu denken sie gewohnt sind, werden aufgebrochen. Sie finden das königliche Kind nicht im Palast, nicht in den Amtsräumen des Königs Herodes. Sie finden es nicht bei den Großen und Mächtigen. Sie finden es auf Stroh gebettet, nicht auf Marmor und kostbaren Teppichen. Sie finden es mitten im unangenehmen Geruch der Armut.

 

Ich lebe als Pfarrer in einem Stadtteil, der - durchaus zurecht - als `sozial schwierig` bezeichnet wird. Unsere Jungscharkinder haben sich heuer die künstlerische Freiheit genommen und ihr Krippenspiel auf einen Spielplatz in unserer, in ihrer Wohnanlage verlegt. Der Ton ist rau. Statt dem `Vater-Mutter-Kind-Spielen’ üben sich die Kinder im Messerwerfen. Unter einem Baum, zwischen herumliegendem Müll und Spielsachen bringt Maria ihr Kind auf die Welt. Die Kinder bauen ihm eine Hütte. Doch Josef kann sich nicht abfinden mit diesem Platz „zwischen Abfall und dreckigen Gassenkindern“, wie er sagt. Mit dem Geld der orientalischen Weisen leistet er sich für seine Familie ein Zimmer im Hotel „Goldener König“. Das Jesuskind schreit die ganze Nacht durch. Was fehlt ihm? Es ist die Hütte, die ihm fehlt. Es sind die Kinder. Am nächsten Tag zieht die Familie wieder in der Hütte ein, welche die Kinder die ganze Nacht über bewacht haben. „Hier ist der richtige Platz für unseren Jesus“, sagt Maria. „Durch ihn kann für uns alle, Jakob und Simeon und Benny und Anna und Yvonne, Frieden sein!“, sagen die Kinder.

 

Heute werden wir gefragt, ob auch wir für diesen König unsere Namen einsetzen wollen; ob uns zu dem Begriff „Stern“ mehr einfällt als der Mercedesstern, ein 5-Sterne-Metaxa oder die Sternzeichen im täglichen Horoskop; ob wir dazu bereit sind – wie die Sterndeuter aus dem Osten – , über die Grenzen unseres Wissens und Glaubens hinauszugehen, zu ihm hin aufzubrechen, vor ihm unsere Knie zu beugen und vor sonst nichts und vor niemandem sonst.

 

In den allermeisten Kirchen werden heute Kinder der Katholischen Jungschar die Gottesdienste mitgestalten. Sie machen uns das Evangelium anschaulich, indem sie sich selber in Bewegung setzen und auf diese Weise in 500 Hilfsprojekten weltweit „was bewegen – für eine gerechte Welt“ (Motto der Dreikönigsaktion 2007). Sie geben ihr Bestes, symbolisiert durch Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie fordern aber auch uns mit den politisch Verantwortlichen in unserem Staat auf, unser Bestes zu geben, die Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken. Plus 200 Millionen Euro pro Jahr sind notwendig, um die vorgesehenen 0,7 % vom Bruttonationaleinkommen bis 2015 zu erreichen. Bis zu diesem Jahr soll ja die Zahl der Menschen, die in Armut leben, halbiert werden. Entsprechend dem großen Ziel, das sich die Vereinten Nationen im Milleniumsjahr gesteckt haben.

 

In einem ihrer wunderschönen Hymnen singen orthodoxe Christen: „Deine Geburt, Christus unser Gott, ließ der Welt erstrahlen das Licht der Erkenntnis; denn darin wurden die Anbeter der Gestirne von einem Stern belehrt, dich anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit und dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Ehre sei dir!“

Möge die Sonne der Gerechtigkeit unsere Wege beleuchten, die anderen Wege, die zu gehen uns in unseren Träumen geboten wird.