Erfüllte Zeit

07. 01. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

Jeanne Marie Guyon du Chesnoy

 

 

Was geschieht dem Kind, das in Frieden, und ohne sich zu bewegen, behutsam die Milch trinkt? Wer könnte glauben, dass es sich so ernährt? Und doch, je friedlicher es saugt, desto mehr bringt ihm die Milch Nutzen. Was wird also mit diesem Kind, sage ich? Es wird an der Brust seiner Mutter einschlafen. So sinkt die in den Frieden des Inneren Gebetes gehüllte Seele oft in einen mystischen Schlaf, wo alle Kräfte zum Schweigen kommen, so dass, was ihnen vorübergehend gegeben wurde, bleibender Zustand wird. Ihr seht, dass die Seele ganz natürlich hierhin geführt wird, ohne Zwang, ohne Anstrengung, ohne Gelehrsamkeit, ohne besondere Technik.

 

Unser Inneres ist keine Festung, die man mit Kanonen und Gewalt einnimmt. Es ist ein Reich des Friedens, das sich mit Liebe in Besitz nehmen lässt. Wenn man in solcher Weise ganz behutsam auf diesem kleinen Weg weitergeht, wird man bald zum eingegossenen Inneren Gebet gelangen. Gott verlangt nichts Außerordentliches, nichts allzu Schwieriges; im Gegenteil, ihm gefällt aufs höchste ein ganz einfaches, kindliches Vorgehen.