Erfüllte Zeit

21. 01. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Erstes Auftreten in Galiläa“ (Lukas 1, 1 – 4; 4, 14 – 21)

von  Anton Leichtfried, St. Pölten

 

 

 „Schon viele haben einen Bericht über all das abgefasst“ – warum dann noch einen weiteren hinzufügen? Das große Geld wird wohl nicht zu holen gewesen sein. Was bewegt Lukas, sein Evangelium zu schreiben?! – Wir haben vorhin die ersten Zeilen davon gehört.

 

Stellen Sie sich vor, Sie sollen über einen Menschen, der Ihnen sehr viel bedeutet, etwa über einen Freund oder Ihren Ehepartner, eine Beschreibung abfassen, für jemanden, der Ihren Ehepartner noch nie gesehen hat. Das ist gar nicht so einfach. Freilich findet man gleich das eine oder andere, was ganz typisch ist für den Ehepartner, was man unbedingt erwähnen muss. Das eine oder andere wird man schnell und treffend niederschreiben, aber am Ende bleibt wohl ein Ungenügen: ja, das stimmt, aber das ist auch noch viel zu wenig, oder: Das müsste man noch ganz anders ausdrücken – Man muss einfach diesen Menschen selber kennen lernen!

 

In der Mitte des christlichen Glaubens stehen nicht Gesetze oder Regeln, nicht Bücher oder Texte – auch wenn die Heilige Schrift sehr nahe an dieser Mitte ist –, in der Mitte des Christentums steht eine Person, Jesus Christus. Er hat zu einer bestimmten Zeit gelebt, wurde hingerichtet – und die Christen sind davon überzeugt, dass er lebt.

 

Von Jesus Christus gibt es Augenzeugen, mündliche und schriftliche Überlieferungen – und innerhalb der Heiligen Schriften der Kirche vier Evangelien. Lukas ist klassischer Schriftsteller und versucht auf seine Weise, die Zeugnisse über Jesus sorgfältig zusammenzufügen zu seinem Evangelium. Im Mittelpunkt steht der Auferstandene. Wie Christus mir begegnet, was für Christus wichtig ist, was er bewirkt – das erfahren wir am besten, wenn wir darauf hören, wie er damals gelebt hat.

 

Ein Lesejahr lang führt uns Lukas heran an das faszinierende Geheimnis der Person Jesu: Wo er hingegangen ist – und wohin nicht, mit welchen Menschen er Kontakt gesucht hat, wie er reagiert hat auf die verschiedenen menschlichen und oft unmenschlichen Situationen, kurz: wie sich seine Liebe zu uns Menschen konkret gezeigt hat. Die Lösung und Erlösung für mein Leben besteht darin, dass ich immer wieder darauf schaue, wie Christus, der Ewige und Lebendige, zu mir ist, wie er mir und meinem Leben heute begegnet. Jesus Christus ist das Evangelium, die Frohe Botschaft für mein Leben.