Erfüllte Zeit

28. 01. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Ablehnung Jesu in seiner Heimat“ (Lukas 4, 21 – 30)

von Anton Leichtfried, St. Pölten

 

 

Es sollte ein „Heimspiel“ werden: Jesus, der bereits bekannte Prediger und Wunderheiler kommt in seine Heimatstadt Nazareth. Es beginnt ganz positiv. Seine Predigt in der Synagoge erntet Beifall und Erstaunen: „Wie begnadet er reden kann!“

 

„Das wird für Nazareth ein Erfolg werden, die Massen werden zu uns kommen, endlich ist bei uns einmal etwas los.“ – So könnten die einen gedacht haben, oder: „Ein Heilzentrum, ein Veranstaltungszentrum, dazu Herbergen und Hotels für den Andrang der Menge!“ Oder: „Ich bin ja bestens mit ihm bekannt – das wird mir sicher noch einiges einbringen!“

 

Zu all dem ist es nicht gekommen. Da schlägt die Stimmung um: Wut, Geschrei, die Menge setzt sich in Bewegung, Gewalt – sie treiben Jesus aus der Stadt hinaus.

 

Christus ist nicht gekommen, um sich beliebt zu machen – sondern um zu lieben, und das in großer Freiheit: ohne sich abhängig zu machen von der Reaktion des Gegenübers.

 

Es ist schon eigenartig: Tatsächlich erfüllt Christus unsere tiefsten Sehnsüchte noch mehr, als wir uns das vorstellen oder erträumen können – aber er tut dies oft nicht so, wie wir uns das vorstellen. Jesus erfüllt nicht die oft oberflächlichen, kurzlebigen Bedürfnisse und Erwartungen. Und viele Wünsche bleiben hier auf Erden einfach auch unerfüllt.

 

Jesus will nicht einfach provozieren, etwa um sich wichtig zu machen, oder um sich abzusetzen von den anderen. Er will den Menschen damals und uns heute tieferen Frieden schenken, nicht nur an der Oberfläche; größere und tiefere Freude, nicht nur schnell und kurzlebig. Jesus ist anders, als wir uns das oft ausmalen oder wünschen. Das verstehen wir oft nicht, und doch ist es gut für uns.

 

Der Gedanke, dass Jesus anders ist, prägt auch das folgende Gebet.

 

Jesus du bist anders.

Du liebtest die Armen, als nur die Reichen etwas galten.

Du stelltest Dich zur Ehebrecherin, als sich alle von ihr distanzierten.

Du lobtest die opfernde Witwe, als sie von allen übersehen wurde.

Du vergabst dem Petrus, als er sich selbst verdammte.

Du nahmst die Schuld auf Dich, als alle ihre Hände in Unschuld wuschen.

Du erstandest vom Tod, als alle meinten, nun sei es zu Ende.

Jesus, ich danke Dir, dass Du anders bist.