Erfüllte Zeit

04. 03. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Verklärung Jesu“

(Lukas 9, 28b – 36)

von Hans-Peter Premur

 

 

Zweimal im Jahr muss ich an das, was vor vielen Jahren in Hiroshima passiert ist  denken. Einmal am 6. August und das andere Mal immer am zweiten Fastensonntag. An beiden Tagen hören wir das Evangelium von der Verklärung Christi. Jesus sucht drei seiner besten Freunde aus, um ihnen am Berg die Augen zu öffnen. Es ist dort vom Licht die Rede. Ein Licht,  das ein Strahlendes ist, das so hell ist, dass man es nicht ertragen kann. Ein überirdisches Licht. In der orthodoxen Kirche hat dieses Licht vom Berge Tabor eine große Bedeutung. Auf vielen Ikonen wird Christus da im achtzackigen Lichtblitz  auf der Bergspitze dargestellt. Die drei  Apostel sind kopfüber zu Boden gefallen. Es ist das ungeschaffene, göttliche Licht selbst, das hier gemeint ist. Eine heilige Energie gleichsam, die sich auch im innerlichen Gebet, in der Seele des gottversunkenen Menschen offenbaren kann. Viele Mönche und Nonnen, die in der Ostkirche den Weg des Jesusgebetes gegangen sind, berichten über solche Lichterfahrungen während des tiefen Gebetes. In der Orthodoxie wurde viel darüber theologisiert und gestritten, ob der Mensch dieses göttliche Licht überhaupt wahrzunehmen in der Lage ist. Denn es heißt, dass es von ganz anderer Qualität als normales Licht ist. Ein Licht dieser Art ist wie Gott selbst, und eben nicht menschlich und irdisch, weil es keine Schatten kennt. Die frühe Kirsche ist davon überzeugt und beginnt bald in ihrer Liturgie zu singen, dass Gott Licht ist, das keine Finsternis  kennt.

 

Unsere normale Erfahrung ist da anders. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Jetzt am Beginn der Fastenzeit, wo wir aufgefordert werden mit Jesus in die vierzig Wüstentage hineinzugehen, sind wir auch dazu aufgefordert, uns unseren eigenen Schatten zu stellen. Manchmal ist vermeintliches Licht in Wirklichkeit etwas anderes. Ein besonderer Tag in der Geschichte der Menschheit führt uns dies sehr schrecklich vor Augen.  Das Licht des menschlichen Verstandes hat es zu Wege gebracht, dass am 6. August 1945, am Fest der Verklärung Christi, über Hiroshima eine Atombombe abgeworfen wurde. Es klingt wie ein Hohn und wie eine Nachäffung der Lichtqualität Gottes selbst, wenn die Crew des Bombers über den Atomblitz ausgerufen hat: „Ein Licht, heller als tausend Sonnen!“ Dieser Ausruf hat Geschichte gemacht. Man hat das Gefühl, dass hier das luziferische Licht dem Licht Gottes die Show stehlen möchte, dass das Licht der menschlichen Technik in der Lage ist, abgrundtief unmenschlich zu sein.

 

Dieses Evangelium von der Verklärung am Berge Tabor, das mich immer an die Katastrophe von Hiroshima denken lässt, ist für mich eine Mahnung an die Menschheit, daran zu denken, wozu wir auch in der Lage sind. In uns kämpft Licht und Schatten und manchmal verkleidet sich das teuflische Licht, sodass wir es schwer erkennen können. So wie die Jünger, sind auch wir oft benommen und taub und es fehlt uns der Geist der Unterscheidung, so wie die Jünger, die in die strahlende Wolke hinein geraten, Angst bekommen, so haben auch wir manchmal Angst und haben keine Orientierung. Deshalb bedarf es nicht nur einer optischen Wahrnehmung, einer Lichterfahrung. Das Evangelium berichtet auch von einer Audition: aus der Wolke erklingt eine Stimme, die uns aufruft, auf Jesus zu hören.

 

Nicht nur schauen sondern also auch hören. Und das nicht nur mit den oberflächlichen Sinnen alleine. Das innere Auge, das Auge des Herzens und das tiefere Gehör sind hier gemeint. Damit dies gelingt, sind wir nun eingeladen, mit Jesus so eine mystische Bergwanderung zu machen. Die Niederungen des Alltags verlassen ist der tiefere Sinn der Fastenzeit. Damit am Ende dieses Weges, das wahre göttliche Licht in der Auferstehung und die lebendigmachende Botschaft Jesu uns aufs Neue aufleuchten.