Erfüllte Zeit

01. 01. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Trostworte an die Jünger“ (Johannes 14, 23 – 29)

von Regens Johannes Pratl

 

 

Dieser Jesus aus Nazareth, den wir seit seiner Auferweckung den „Christus“ nennen – er war „zu Lebzeiten“ (wenn man so will) alles andere als bequem und angepasst, ganz sicher nicht das, was wir vernünftig oder diplomatisch nennen würden:

 

So nannte er die anständigen Leute „Natterngezücht“, „Schlangenbrut“ und hielt ihnen vor, ihr Herz wäre ein finsteres Grab hinter einer hübschen Fassade. Er umarmte eitrige Aussätzige, fand Gefallen an Armen, Verlausten, Verkrüppelten. Er besaß die Unverschämtheit, mit gemeinen Fremden zu reden, mit öffentlichen Sündern zu essen – und einmal verstieg er sich gar zu der Behauptung, Prostituierte würden unter den Ersten im Paradies sein ...

 

Die pure Provokation – für die ihm auf grausame Weise „die Rechnung präsentiert“ wurde: Mit ein paar Eisenstiften nagelte man ihn kurzerhand an zwei gekreuzte Hölzer. Das vorhersehbare Ende eines guten Menschen: ein gescheiterter Idealist …

 

Für uns, die wir seinen Namen tragen (Christen von Christus!) ist er selbstverständlich weit mehr als das – für uns endet die Geschichte des Jesus aus Nazareth nicht am Karfreitags-Kreuz, nicht in der Karsamstags-Trauer!

 

Als Christen glauben wir – belehrt und erinnert durch Seinen Geist – nicht weniger als dass Er lebt – dass Ihm gelungen ist, was letztlich nur Gott gelingen konnte: dass er durch seine Auferstehung eine Bresche in die Angst einflößende Mauer des Todes geschlagen und sie damit durchlässig gemacht hat, auch und gerade für uns. 

 

Das zu bezeugen, dazu wurden wir und werden in diesen Wochen zahlreiche Jugendliche „gefirmt“ – also: „stark gemacht“, ermutigt, befähigt!

 

Inmitten einer Gesellschaft, die so völlig aufgeht in „fitness“ und „wellness“, in „lifestyle“ und „fun“, die bis zum Überdruss den makellosen, durchtrainierten, gestylten Körper propagiert, dabei aber geistig und seelisch „verfettet“, sollen wir daran erinnern, dass „reich und schön“ nicht alles ist, dass es jenseits von Geld und Karriere, Spaß und „ultimativem Kick“ auch noch den „inneren Menschen“ gibt, der zumindest ebenso gepflegt, trainiert, fit gehalten werden will wie der „äußere“.

 

Inmitten einer Gesellschaft, die „immer alles sofort“ haben will, sollen wir Maß nehmen an Ihm – was auch bedeutet, dann und wann quer-zu-denken, quer-zu-leben:

 

Wer sich Jesus anschließt, der kann nicht zu allem Ja und Amen sagen. Der wird auch einmal widersprechen müssen. Der wird nicht kritiklos denken, was (vermeintlich) alle denken, der wird nicht tun, was (angeblich) alle tun, der wird nicht gedankenlos nachplappern, was man/frau so sagt, der wird nicht auch selber feige schweigen, wo andere den Mund halten ...

 

Wer in Jesus sein Ideal erkennt, der wird kritisch bleiben, wo andere sich von populistischen „Meinungs-Machern“ manipulieren oder als „Konsum-Vieh“ missbrauchen lassen; der wird auch einmal die Kraft zum Verzicht aufbringen, wo andere gierig nach allem schnappen, was ihnen eine raffinierte Werbeindustrie als „affengeil“ und „mega-cool“ anpreist; der wird sich zudem um etwas wie „geistige Hygiene“ bemühen,   während andere sich jeden Schmutz „hineinziehen“, der heute vornehmlich auf einschlägigen  Internetseiten verbreitet wird …

 

Dass solches Zeugnis nicht einfach ist, liegt auf der Hand. Aber „einfach“ war authentisches Christsein ja nie – noch nie eine Sache für Opportunisten und „Warmduscher“!

 

Immer schon hat es Charakter, Mut und Standvermögen erfordert, sich auf die Seite Jesu zu stellen – und dort auch auszuhalten, an ihm „festzuhalten“ (wie es das heutige Evangelium ausdrückt) im Widerstreit der Meinungen, Weltanschauungen und Ideologien ...

 

Das schaffen wir nur, das kann nur gelingen mit Hilfe Seines Geistes, der verhindert, dass unser „Herz sich beunruhigt“ oder wir gar „verzagen“ – der uns einen „Frieden“ schenkt wie ein „großes Augenlid, das alle Unruhe verschließt mit seinem himmlischen Wimpernkranz“ ...