Erfüllte Zeit

24. 06. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Geburt des Täufers“

(Lukas 1, 57 – 66.80)
von Bischof Richard Weberberger

 

 

Heute am 24. Juni feiert die Kirche das Fest der Geburt Johannes des Täufers. Johannes ist der Heilige, der im trockenen, manchmal steppenartigen Landesinneren von Bahia, wo er auch in meiner Diözese so verehrt wird. Er ist ein volkstümlicher Heiliger, es ist ein frohes Fest der Johannisfeuer und Tänze. Im Lobgesang des Zacharias, der auf das heutige Evangelium folgt, wird die theologische und heilsgeschichtliche Bedeutung der Geburt des Johannes aufgezeigt: "und du Kind wirst Prophet des Höchsten heißen, denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten. Du wirst sein Volk mit der Erfahrung des Heils beschenken in der Vergebung der Sünden." Johannes, der Prophet, Zeichen der Widersprüchlichkeit dieser Welt, große Freude herrscht über seine Geburt bei den einfachen Leuten, und Hass und Gewalt gegen ihn bei den Großen, die ihn im Gefängnis enthaupten lassen. Für sie ist er unbequem, mehr noch, untragbar. Das Evangelium beschreibt die geheimnisvollen Vorgänge bei seiner Geburt, die seine besondere Mission ankündigen. Lassen wir den biblischen Text zunächst ganz einfach auf uns wirken: Die Geburt ist eine große Freude für die Nachbarn und Verwandten, ein Zeichen des Erbarmens Gottes, denn für Elisabeth ist es der lang erwartete Sohn. Ganz selbstverständlich stellen die Menschen das Leben in den größeren Zusammenhang Gottes. In ein rein biologisches Denkschema passt das nicht. Geburt und Leben ist für diese Menschen Zeichen der Präsenz Gottes. Dann kommt der 8.Tag, Beschneidung und Namensgebung. Beschneidung als Zeichen der Zugehörigkeit zum auserwählten Volk, die Namensgebung ist ein ziemlich wichtiger Vorgang. Bei Johannes hat Gott selber ein Zeichen gegeben. Weil Zacharias nicht glaubte, dass er noch einen Sohn haben würde, wurde er stumm. In dem Augenblick, da er Gott Gehorsam leistet, ihm vertraut, kann er wieder reden: Johannes ist sein Name. Gabriel hat es so bestimmt, so ist es. Er findet seinen Glauben wieder, daher öffnet sich sein Mund und er kann reden. Und seine Rede ist Lob und Dank. Der Glaube hat ein eigenes Interpretationsschema für das Leben. Diese Art, das Leben zu deuten, gibt Weite, Hoffnung, Horizonte. Ein rein rationalistisches Denken aber lässt nicht Raum für das eigentliche Mysterium der menschlichen Existenz. Es engt alles in das kleine Menschendenken ein, das das Ich in den Mittelpunkt stellt und nicht Gott. Aus dieser Heilsgeschichte lese ich auch für uns Verschiedenes heraus: Wie oft habe ich erlebt, dass die Geburt eines Kindes die Menschen verwandelt. Männer werden liebevoller und zärtlicher, sie reden rücksichtsvoll und leise, damit das Kind nicht aufgeweckt wird. So wie die Beschneidung ist für uns Christen die Taufe der Vorgang, da wir Christus anziehen, wie Paulus sagt, und in das Volk Gottes eingegliedert werden. Sie ist nicht selten der Anlass, da Menschen wieder zur Kirche zurückkehren, vielleicht zum Glauben zurückkehren. Das kleine, hilflose Kind wird da wie ein Anruf Gottes für uns. Oft sind wir taub und stumm und blind für das Walten Gottes. Es fehlt uns das Sensorium, die Antenne oder auch die Worte, um von Gott oder zu Gott zu reden. Das Staunen-Können, die Freude, die wir erleben, das Geheimnis des Lebens des kleinen Kindes können uns Herzen und Mund öffnen für das Lob Gottes. Es ist eine Gnade, wenn wir das Leben, den Tod, Freud und Leid, Sehnsucht und Hoffnung aus dem Glauben leben und deuten können wie die Menschen des heutigen Evangeliums. Da erfahren auch wir, dass "die Hand des Herrn mit uns ist", wie es das Evangelium über Johannes sagt.