Erfüllte Zeit

19. 08. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Von Frieden und Zwietracht“ (Lukas 12, 49 – 53)

von Pfarrer Helmut Schüller

 

 

Aus den Worten Jesu spricht durchaus so etwas wie Ungeduld. „Wie froh wäre ich, es würde schon brennen“, sagt er vom „Feuer“, das er „auf die Erde werfen will“. Und über die „Taufe, mit der er getauft werden muss“, sagt er: „Ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.“ Die Worte sind gesprochen auf dem Weg nach Jerusalem. Jesus spürt, dass sich sein Weg zuspitzt. Alles, was er gepredigt und an Zeichen gesetzt hat, alle Hoffnung, die er geweckt, und alles, was er über seinen Vater im Himmel gesagt hat: das alles wird jetzt auf die letzte Probe gestellt werden, muss gewissermaßen die Feuertaufe bestehen. Erst, wenn die Hand des Vaters ihn auch durch den Tod trägt und aus dem Tod holt, erst dann ist sein Weg auch der Durchbruch, den er schon oft angekündigt hat. Erst dann wird dieser Weg auch für alle, die auf sein Wort hin zu glauben begonnen haben und zu glauben beginnen werden, der Weg zum Leben. „Ich bin bedrückt, so lange sie noch nicht vollzogen ist“. Wir können aus diesen Worten aber neben der Ungeduld auch etwas von der Bangigkeit heraus hören, mit der Jesus auf diese Tage in Jerusalem zugeht. Es klingt schon etwas von seinem Gebet am Ölberg an, in dem er dann die ganze Angst des Menschen vor dem Tod teilen wird. „Taufe“ nennt Jesus, was ihm bevorsteht. Wie im Griechischen „baptisma“ mit „untertauchen“, aber auch „untergehen“ zusammenhängt, so auch im Deutschen „Taufe“ mit „tief“. Der Untergang in der Tiefe des Todes wird kein Untergang bleiben. Jesus vertraut darauf, dass sein Weg nicht im Untergang im Tod verschwinden wird. Und so bald wie möglich will er das nicht nur seinen Jüngern zeigen können, er will es auch selbst erfahren. „Ich bin sehr bedrückt, solange sie ((diese Taufe)) noch nicht vollzogen ist.“ „Bedrückt“, weil er selbst ganz in der  Spannung steht zwischen dem, was er dem Vater zutraut, und dem, was er zusammen mit den Menschen mit leiblichen Augen sieht: die Dominanz des Todes über alles und alle. Ich werde heute mit meiner Pfarrgemeinde eine Taufe feiern. Wir werden mit dem Zeichen des Taufwassers ein Kind hinein halten in diesen Durchgang Jesu durch den Tod. In diesen Untergang, der keiner geblieben ist. Wir werden damit in diesem Kind den Grund legen, auf dem es dann seinen eigenen Glauben aufbauen kann. Einen Glauben mit Jesus durch Bangigkeit, Angst und Ungeduld hindurch. Einen Glauben, der das Unglaubliche glaubt und deshalb auch immer provoziert. Und an dem sich die Geister scheiden. Einen Glauben, der nicht Frieden machen kann mit den Dingen, so wie sie eben sind. Einen Glauben, der seit Tod und Auferstehung Jesu um die Veränderbarkeit des scheinbar Unabänderlichen weiß und um die Macht des Reiches Gottes. „Nicht Frieden, sondern Spaltung“ kann dieser Glaube bringen. Keinen Frieden mit der Ausgrenzung von Menschen, mit ihrer Unterwerfung aus welchem Machtanspruch auch immer, mit ihrer Erniedrigung unter ihre Würde, mit dem Zugrundegehen der einen an der Gleichgültigkeit und Habsucht der anderen. In diesen Fragen geht der Glaube an Jesus Christus durch seine Feuertaufe. Und von Anfang an hat er die Geister geschieden. Und er hat bis hinein in Familien – und Freundeskreise gespalten, wo man sich im faulen Frieden eins war und ist. Jesu Ungeduld gilt auch unserer Welt und so manchem faulen Frieden unseres Glaubens mit den Dingen so, wie sie sind.