Erfüllte Zeit

04. 11. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Jesus im Haus des Zöllners Zachäus“ (Lukas 19, 1 – 10)

von Regens Johannes Pratl

 

 

Man kann sich den Menschenauflauf und das Gedränge in Jericho recht gut vorstellen: Jesus war bereits landauf, landab bekannt und die Aussicht, Zeuge einer Sensation zu werden, hat Leute immer schon auf die Beine gebracht...

 

Ein Problem für Zachäus: „Die Menschenmenge versperrte ihm die Sicht ...“ – letztlich aber doch kein unüberwindbares Problem. Wie manch anderer klein gewachsener Mensch auch, glich dieser Zachäus, was die Natur ihm an Zentimetern vorenthalten hatte, durch Energie und Einfallsreichtum mehr als aus. Ohne auf seine Beamten-Würde Rücksicht zu nehmen, auch auf die Gefahr hin, sich der Lächerlichkeit preiszugeben, erklomm er einen günstig stehenden Baum, um aus luftiger Höhe wenigstens einen Blick auf den Wunder-Rabbi zu erhaschen.

 

Mag sein, dass Jesus – aufschauend – geschmunzelt hat. Das Bild, das Zachäus (wohl auch nicht mehr der Jüngste) bot, entbehrte ja nicht der Komik: wie er sich da, in eine Astgabel eingekeilt, den Hals verrenkte, wie er sich vor Leuten zum Narren machte, nur um seinen Teil an dem Ereignis abzubekommen. Offenbar hat Jesus die sportliche Leistung dieses zwielichtigen Vogels und mehr noch das ehrliche Interesse, das darin zum Ausdruck kam, imponiert. Er sprach ihn unvermittelt an, holte ihn vom Baum zurück auf festen Boden und lud sich ohne große Umschweife zu ihm nach Hause ein – in das Haus eines „Zöllners und Sünders“.

 

Heute verrenkt man sich zumeist nach ganz Anderem den Hals: nach grell beworbenen Sonderangeboten, teuren Autos, schönen Frauen (oder Männern – je nachdem), kurzlebigen Stars, nach den aktuellen Lottozahlen. Dass und wie sehr man sich auch dabei zum Narren machen kann, erleben wir Tag für Tag.

 

Und immer und überall begegnet die „Reinkarnation“, die Vorstellung einer „Wiedergeburt“ – wenn auch zumeist in einer dilettantisch verwässerten Form, in der sich ein Hindu oder Buddhist kaum wieder finden würde: „Reinkarnation plump“ gewissermaßen...

 

Aristoteles kommt einem in den Sinn: „Was es alles gibt, das ich nicht brauche!“ Dann doch lieber „ein Narr um Gottes willen“ – so wie Zachäus! Der hat an einem bestimmten Punkt seiner keineswegs lupenreinen Lebensgeschichte erfahren dürfen, dass „Heil“ (in einem umfassenden Sinn) auf Dauer eben doch nur in Jesus Christus zu finden sind. Und vielleicht hat er sich - resümierend, rückblickend - letztlich auch gesagt: „Was es alles gibt,  das ich nicht (mehr) brauche –  seit ich Jesus kenne!“