Erfüllte Zeit

25. 11. 2007, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Christus, dem König nachfolgen“

(Lukas 23, 35 – 43)

von Regens Johannes Pratl

 

 „Christkönig“, das war einmal der Tag im Jahr, an dem eine kirchlich organisierte Jugend in eindrucksvollen Aufmärschen ihre Zugehörigkeit zur Kirche demonstrierte – vor allem aber ihre Bereitschaft, „Christus, dem König“ als einzig dauerhaftem Ideal nachzufolgen. Das hat sich, wie wir wissen, längst geändert. Und: In ihre „Nachfolge“ rufen heute viele. (Wenn auch in einem übertragenen Sinn.)

 

Sie versprechen – je nachdem - eine tolle Karriere, einen sagenhaften Gewinn, ein einzigartiges Erlebnis, jede Menge Spaß … Jedenfalls aber das Beste, Neueste, das Ultimative – und das zum (vermeintlichen) Spottpreis! Eine Unzahl von „guten Nachrichten“ („Evangelien“ - wenn man so will) prasselt tagtäglich, medienverstärkt, auf uns nieder – ohne dass man sich dem wirklich entziehen könnte.

 

„Macher“ stehen dahinter: Meinungs-Macher, Weltanschauungs-Macher, Bedürfnis-Macher, Fit-Macher, Unterhaltungs-Macher… Sie alle fordern etwas wie „Glauben“ – und eben „Nachfolge“. Das inzwischen so häufig gebrauchte Wort von der „Orientierungslosigkeit“ kommt nicht von ungefähr. Es beschreibt die aktuelle Problematik recht präzise:

 

Bei den vielen, die da auf uns einschreien: Wem zuhören, wen (oder was) wählen, wem trauen, was glauben – wem „(nach-)folgen“? Die Gefahr ist groß, unversehens in Abhängigkeit zu geraten, sich ein Stück weit auszuliefern – einem Menschen, den ich nicht wirklich kenne, einer anonymen Organisation, einer undurchsichtigen Ideologie, einer bloßen „Marke“, einem Produkt ...

 

Noch einmal schwieriger wird das Orientierungs-Problem in weltanschaulichen, religiösen Fragen. Unzählige Möglichkeiten stehen auch da zur Wahl. Das allerdings war zur Zeit Jesu gar nicht so viel anders. Schon damals standen sich Progressive und Konservative, Bürgerliche und Radikale gegenüber. Schriftgelehrte und Wunderrabbis, Mystiker und Scharlatane, Charismatiker und religiöse Wirrköpfe tummelten sich im Palästina Jesu – falsche Messiasse und politische Aufwiegler. Sie alle warben um Anhänger, um „Jünger“. Sie alle riefen zur „Nachfolge“ – und fanden bei verunsicherten, nach Sinn und tragfähigem „Glauben“ suchenden Menschen bereitwillig Gehör.

 

In diese „religiös aufgeladene“ Situation hinein trat eben Jesus. Auf den ersten Blick nur ein weiterer Gottes-Gelehrter, ein weiterer „Rabbi“, der eine weitere Weise der Schriftauslegung propagierte und dabei Schüler um sich scharte. Nichts Ungewöhnliches zu damaligen Zeiten. Was Jesu Ruf außergewöhnlich, einmalig machte - und macht: Hier spricht eben nicht nur ein Prophet (einer von vielen), nicht nur ein Religionsstifter (einer von vielen), nicht nur ein Sozialreformer (einer von vielen). Hier spricht Gott selber! Diesmal ist es Gott selber, der die Welt anredet. Die ganze Autorität Gottes steht hinter Jesu Wort – und verleiht ihm eine unvergleichliche Glaubwürdigkeit. Im Letzten ist nur Er „glaub-würdig“! Er allein hat deshalb alles Recht zu fordern: „Folgt mir nach!“ Weil Er allein ganz wahrhaftig ist, ganz selbstlos, völlig frei von Hintergedanken und Eigennutz. Weil er über jeden Verdacht der Anmaßung, des Eigennutzes erhaben ist, deshalb darf er mit der uneingeschränkten Autorität eines „Königs“ (wenn man so möchte) sagen: „Hört nicht länger auf die, die euch den Himmel auf Erden versprechen und euch im Grunde doch nur ausnützen, ausnehmen, vereinnahmen, für ihre eigenen Zwecke missbrauchen! Folgt mir nach!“

 

Was, wie rasch deutlich wird (besonders deutlich im heutigen Evangelium!), einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen kann …

Tatsache bleibt indessen, dass mindestens einige damals alles stehen und liegen gelassen haben – und ihm „gefolgt“ sind. Sie und die zahllosen, die es ihnen später gleich taten, haben es offenbar nicht bereut – sie stehen bis heute da als zeitlose Beispiele geglückten Lebens.