Erfüllte Zeit

27. 01. 2008, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Das Wirken Jesu in Galiläa“ (Matthäus 4, 12 – 23)

von Veronica Maria Schwed

 

 

Zwei Männer stehen sich im heutigen Evangelium gegenüber: Johannes der Täufer und Jesus. Beide sind von Gott ergriffen und wollen Menschen für Gott begeistern. In gewisser Weise setzt Jesus die prophetische Tätigkeit des Johannes fort, wenn er verkündet: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“.

 

Doch trotz dieser Parallele sind die beiden sehr unterschiedlich:

Johannes lebt in der Wüste, in der Einsamkeit, fern den Menschen. Er verkündet mit Kraft und starken Worten den Ruf zur Umkehr. Die Menschen gehen hinaus zu ihm in die Wüste. Sie sind von ihm fasziniert, obwohl seine Botschaft für sie hart und schockierend ist.

 

Jesus wählt einen anderen Weg. Auch er war für kurze Zeit in der Wüste, bei seiner Taufe durch Johannes und in der Zeit der Versuchung. Dann aber geht er in Städte und Dörfer und später in die Hauptstadt Jerusalem. Er sucht die Menschen an ihrem Arbeitsplatz auf: Die Fischer bei ihren Booten, die Zöllner an der Zollschranke. Er beteiligt sich an ihren Gottesdiensten, geht in die Synagogen und predigt. Er verbringt mit ihnen die Freizeit und isst mit ihnen: Mit Pharisäern, Zöllnern, Frauen  und Sündern. Jesus will zeigen, dass das Reich Gottes mitten in der Welt, mitten im Alltag beginnt. Das unterstreicht auch der Verweis auf den Propheten Jesaja: Sogar das Volk der Heiden wird vom Licht Gottes ergriffen werden.

 

Das Heil, das Himmelreich, wird nach Matthäus der ganzen Welt verkündet: Alles soll wieder heil, ganz, unversehrt werden. Alles soll diesem Traum Gottes entsprechen, den Er hatte, als Er die Welt schuf. In Jesus Christus hat dieses Himmelreich bereits begonnen. Ansatzweise ist diese große Heilung, die wir erwarten und erhoffen, schon da, wenn Jesus heilt, wenn er sich der Armen und Gebeugten annimmt. Er lässt die Menschen bereits etwas vom Himmel erahnen.

 

Der Tag des Herrn bedeutet aber auch den Tag der Entscheidung: „Kehrt um!“, verkündet Jesus im heutigen Evangelium. „Überdenkt euren Weg, orientiert euch nue, richtet euren inneren Kompass wieder neu an Gott aus.“ Gott hat Forderungen an die, die einmal an seinem Reich Anteil haben wollen. Keine geringen Forderungen.

 

Das wird im letzten Abschnitt des heutigen Evangeliums deutlich, wenn Jesus Menschen in seine Nachfolge holt. Er beruft mitten im Alltag Menschen, die ihren alltäglichsten Handlungen nachgehen, Fischer, die ihre Netze auswerfen, bzw. herrichten. Erstaunlich ist die Reaktion der Angesprochenen: Petrus und Andreas lassen ihre Netze liegen und folgen Jesus. Jakobus und sein Bruder Johannes verlassen das Boot und ihren Vater und folgen ihm. Der Ruf zur Umkehr, die Botschaft vom kommenden Himmelreich, die Aussicht zu Menschenfischern zu werden, das genügt den Männern. In dieser Begegnung mit Jesus muss die Gottesherrschaft spürbar gewesen sein. In seinem Ruf haben sie wohl die Berufung erkannt, die ihrem Leben entsprochen hat.

 

Ich bin kein Petrus, nicht Andreas, nicht Jakobus noch Johannes, ich bin kein Fischer, kein Mann. Ihr Leben ist nicht das meine, - muss es nicht sein. Aber eines gilt: Ich muss hier, heute, mit meinem Leben erhorchen, wie Jesus mich in Seine Nachfolge ruft. Soll ich ihm folgen?