Erfüllte Zeit

09. 03. 2008, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Glaubst du das? – Die Auferweckung des Lazarus“ (Johannes 11, 1 - 45)

von Wolfgang Langer

 


„Ich möchte am liebsten sterben, da wär´s auf einmal still“, heißt es am Ende eines Gedichts von Joseph v. Eichendorff über eine verlorene, treulose Geliebte. Viele Menschen würden ihm heute diesen Satz nachsprechen. Wer in seinem Leben immer wieder Krankheit, Schmerzen, Behinderung, drückende Armut, Enttäuschungen erfahren muss,  will nur noch, dass es endlich einmal aus und vorbei sei. Aus dem erlösenden Tod in dieses Leben zurückgeholt zu werden, wäre ein Alptraum.

Den in der Hitze Palästinas schon in Verwesung übergegangenen Leichnam eines vor vier Tagen gestorbenen Menschen reanimieren – wer sollte das zuwege bringen? Als historisch zuverlässig berichtete Episode aus der Biografie des Jesus von Nazaret ist die Geschichte schlichtweg unglaubwürdig.

Aber vielleicht will sie das ja gar nicht sein, sondern etwas ganz anderes. In der Mitte unserer Erzählung steht ein Gespräch zwischen Marta, der Schwester des Verstorbenen, und Jesus. Er tröstet sie mit einem Glaubenssatz: „Dein Bruder wird auferstehen.“ Und sie antwortet wie aus dem Katechismus gelernt: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag.“

Dann aber kommt etwas, das man nicht erwartet. Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Das Gespräch, das Jesus mit Marta führt, zeigt, wohin die Erzählung zielt. Es geht gar nicht um die Rückkehr eines Verstorbenen in das irdische, wieder nur auf den Tod zulaufende Leben. Das ist im Sinn des Johannesevangeliums nicht mehr als ein „Zeichen“, ein Hinweis auf etwas ganz anderes, viel Wesentlicheres. Hinter der Geschichte leuchtet der Glaube der frühen Christen an die Auferstehung Jesu von den Toten auf. Er ist von seinem himmlischen Vater in ein anderes, neues Leben „auferweckt“ worden: ein Leben, das Anteil hat am unvergänglichen, ewigen Sein Gottes selbst. Das ist bestätigt worden durch die einzigartigen Erfahrungen der „Zeugen“, die ihm nach seinem  Kreuzestod und Begräbnis begegnet sind: Maria von Magdala, Petrus, die Zwölf.

In der Logik der Erzählung greift Jesus voraus auf seine eigene Auferstehung. Nur als Auferstandener kann er von sich sagen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Mit ihm verbindet sich, genauer: wird verbunden, wer an ihn und sein neues Leben jenseits des Todes glaubt. Die Frage, die Jesus an Marta richtet, ist uns, den Hörern und Lesern des Evangeliums gestellt: „Glaubst du das?“ Sie fordert das Bekenntnis heraus, das den Christen zum Christen macht. Marta spricht es uns vor: „Ja Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes.“

Was an ihm geschehen ist „am dritten Tag“ nach seinem Tod, ist uns allen verheißen: unverlierbares Leben mit ihm und in ihm. In zwei Wochen feiern wir seine Auferstehung und unsere Hoffnung