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Erfüllte Zeit20. 04. 2008, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Das Gespräch über den Weg zum Vater“ (Johannes 14, 1 – 12) von Regens Nikolaus Krasa
Erinnern Sie sich noch an vergangenen Sonntag? Erinnern Sie sich noch an die beiden Bilder, die Jesus für sich verwendet? Er ist die Tür der Schafe, er ist der gute Hirte. Und der Artikel ist in beiden Fällen sozusagen doppelt unterstrichen. Die Tür schlechthin, der einzige gute Hirt. Ein gewaltiges Selbst- und Sendungsbewusstsein, das daraus spricht. So anspruchsvoll, dass es für die Zuhörerschaft Jesu überzogen scheint. Als ihn seine Zuhörer zu steinigen drohen, zieht er sich aus Jerusalem zurück, über den Jordan.
Dieser Konflikt ist in der Zwischenzeit noch heftiger geworden, hat bereits auf seine Jünger übergegriffen. Wir sind mit dem heutigen Evangelium am Vorabend vor Jesu Tod im Abendmahlssaal, Judas hat die kleine Gemeinschaft bereits verlassen. Und auch den Jüngern scheint klar zu sein, was ihrem Meister (und vielleicht auch ihnen) sehr bald droht: Der Tod. Und diesmal scheint Jesus sich nicht mehr aus dieser letzten Konfrontation zurückziehen zu wollen. Ganz im Gegenteil. Er bestärkt seine Jünger in ihrer Mission: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren“ – habt keine Angst, „glaubt an Gott und an mich“ – bleibt stark in der vertrauensvollen Beziehung zu mir und zu Gott, die ihr über mich aufgebaut habt. Warum? Die Antwort im Evangelium ist klar: Weil es bei Gott einen Platz für seine Jünger gibt, und weil Jesus den vorbereitet. So weit, so gut, so friedlich. Frei nach dem alten Wienerlied: „Wir kommen alle, alle in den Himmel.“ Zumindest, was die Jünger betrifft.
Aber das ist noch nicht die Pointe. Die Pointe folgt erst. Und ähnlich wie am vergangenen Sonntag ist sie eine Aussage, deren Selbstbewusstsein gewaltig ist: Auf die Frage des Thomas, wie denn das gehen soll, sozusagen auf Jesu Spuren in den von ihm vorbereiteten Himmel zu kommen, antwortet Jesus mit einer seiner wohl bekanntesten Aussagen. Wie bei den Aussagen über Hirt und Tür beginnt sie mit dem klaren und exklusiven: „Ich bin der, bzw. die.“ (und mitzuhören ist dabei schon hier, was im Anschluss ausformuliert wird, sozusagen zwischen den Zeilen: Ich und kein anderer).
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Das ist die letzte Begründung Jesu, warum seine Jünger keine Angst zu haben brauchen. Weg, Wahrheit und Leben. Drei zentrale Worte des Johannesevangeliums und der gesamten biblischen Tradition.
Der Weg erinnert da zunächst einmal an die vielen Wege, von denen die Schrift erzählt, er erinnert an den Weg Abrahams, zum Beispiel, der Gottes Ruf folgt, oder an den Weg des Volkes Israels aus der Knechtschaft in Ägypten in das Land der Verheißung. Er erinnert an die Entscheidung, zu der der erste Psalm einlädt: „Welchen Weg wählst du, den Weg der Frevler, oder den Weg jener, die Freude haben am Gesetz Gottes?“ Und er erinnert an das Gesetz Gottes, das als Weg bezeichnet wird. „Und all das findest du in meinem Leben, bin ich“, sagt Jesus. Die Wahrheit, das zweite Wort, ist wieder ein entscheidendes Wort in den Psalmen. Sie singen von der Wahrheit Gottes, eigentlich besser übersetzt, der Treue, der Zuverlässigkeit Gottes. „Seine Güte ist weit wie die Himmel, seine Treue weit wie die Wolken, einfach unermesslich groß. Diese Wahrheit bin ich“, sagt Jesus.
Und zum Schluss: Das Leben: „Gott ist dein Leben, er ist die Länge deines Lebens.“ So formuliert das Buch Deuteronomium. Und weiter, sozusagen als logische Konsequenz: Sein Wort, sein Gebot, an das sich Israel halten soll, ist das Leben. „Und dieses Leben Gottes bin ich“, sagt Jesus.
Und all das: Gottes Weg für die Menschen, Gottes Zuverlässigkeit und Liebe, Gottes Leben für die Menschen, das ist er, das ist Jesus in unübertreffbarer Art und Weise, eben der Weg, die Wahrheit, das Leben.
Stimmt das? Kann er das wirklich von sich selbst behaupten. Auch hier gilt, so scheint mir, dass sich der gewaltige Anspruch dieses Satzes aus dem Ende und Höhepunkt des Evangeliums, von Ostern her erklärt, von dem, was mit Jesus da geschieht, und von dem, was er mit seinen Jüngern tut. Weil er gestorben und auferstanden ist und weil er so seine Jünger auf einen neuen Weg bringt, ist er Weg, Wahrheit und Leben.
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