Erfüllte Zeit

15. 06. 2008, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Wahl der Zwölf“ (Matthäus 9,36 – 10,8)

von Veronica-Maria Schwed

 

Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter!

Kinder fragen nach Gott und erhalten zu wenig Antworten. – Es fehlt an Arbeitern.

Jugendliche suchen Sinn und werden vielfach alleine gelassen. – Es fehlt an Arbeitern.

Alte sehnen sich nach Begleitung und bleiben doch einsam. – Es fehlt an Arbeitern.

Paare ringen um ihre Beziehung, aber da sind kaum Menschen, die sie ermutigen. – Es fehlt an Arbeitern.

Eltern sind überfordert mit der Aufgabe zu erziehen, doch wer unterstützt sie? – Es fehlt an Arbeitern.

Gemeinden sehnen sich nach guter seelsorglicher Betreuung, aber es fehlt an Arbeitern.

 

Die Ernte ist heute groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter!

Die Menschen sind heute müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.

Jesus fordert auch uns auf: „Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.“

Wir bitten Ihn, doch es werden weniger, nicht mehr.

Was können wir tun?

 

Ich möchte bei dieser Überlegung das Bild vertiefen, das Jesus selbst wählt, das Bild eines landwirtschaftlichen Betriebs, bei dem in der Erntezeit die Arbeiter ausgehen.

Was machen Menschen in einer solchen Situation?

Sie greifen auf jede helfende Hand zurück. So hat es im Waldviertel früher die Erdäpfelferien gegeben, freie Tage, an denen die Kinder daheim bei der Ernte halfen.

Alle haben zusammen geholfen: Frauen und Männer, Alte und Junge. So konnte die Ernte gemeinsam eingebracht werden.

Auch heute werden unterschiedlichste Arbeitskräfte in Erntezeiten angestellt: Inländer wie Ausländer, Männer wie Frauen. Das Einbringen der Ernte überwindet Grenzen. Alle legen Hand an.

 

Wahrscheinlich geht es genau darum:

Die Menschen, die beim Einbringen der Ernte helfen, tun das in gewisser Selbstverständlichkeit, mit persönlichem Engagement. Ernten ist eine gute Arbeit! Da ist Freude spürbar, Lebendigkeit, Einsatz.

Jede und jeder greift zu, hilft mit. Es wird nicht lange nach der Qualifikation gefragt. Jeder Mensch weiß doch um die je eigenen Begabungen, ja, jede und jeder bringt einen Schatz an Fähigkeiten mit.

 

Ich denke, es gibt gar nicht zu wenig Arbeiter um die Ernte einzubringen.

Es stehen nur zu viele am Rand und sehen den anderen zu! Sie wundern sich zwar, dass nichts weitergeht, regen sich darüber auf, haben oft auch eine Menge Ratschläge parat, aber sie fühlen sich nicht dafür verantwortlich auch einen eigenen Beitrag zu leisten.

Das ist die eine Gruppe, die, die sich selbst verweigern.

Ich beobachte aber auch noch eine zweite: Manche, die gerne beim Einbringen der reichen Ernte aktiv helfen würden, werden einfach weggeschickt, sie sollen gar nicht mitmachen. – Ich bin mir nicht sicher, ob die Gutsverwalter da wirklich im Sinn des Herrn der Ernte handeln!

 

Einen wesentlichen Schlüssel finde ich im letzten Satz des heutigen Evangeliums: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

Es geht beim Einbringen der Ernte des Herrn nicht zuerst um die Frage, was mir das selber bringt. - Ich weiß, viele werden jetzt empört sein, werden sagen ich würde der Ausbeutung Ehrenamtlicher das Wort reden. Nein, das mache ich nicht. Es heißt auch in der Schrift: Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.

 

Aber ich bin davon überzeugt, wenn uns Kirche wichtig ist, dann werden wir nicht umhin können, eigene Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen ohne nach dem persönlichen Nutzen zu fragen. Wir werden Zeit schenken ohne ständig auf die Uhr zu schauen. Wir werden Hand anlegen ohne dabei das Kosten-Nutzen-Verhältnis abzuwägen.

Das gehört zum Charakter des gemeinsamen Erntens.

 

Es ist wichtig zu begreifen: Da ist eine gute Ernte. Es gibt Kinder, die sich für Jesus begeistern, Jugendliche, die offen sind für Gottes Wort, Erwachsene, die Sehnsucht haben nach Begleitung, alte Menschen, die ihr Leben ehrlich überdenken, Männer und Frauen, die um Liebe ringen. Das ist kostbar! Diese Menschen müssen uns kostbar sein. Es ist schön und wichtig, gemeinsam daran zu arbeiten die Ernte einzubringen.