Erfüllte Zeit

31. 08. 2008, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

“Die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung”

(Matthäus 16, 21 – 27)

von Regens Nikolaus Krasa

 

 

So schnell kann‘s gehen. Gestern noch ganz oben und heute der tiefe Fall. Die Hochschaubahn des Lebens, wie sie die Seitenblickegesellschaft in verschiedenen Magazinen vorführt hat schon etwas Faszinierendes an sich. Erst der glamouröse Aufstieg in schwindelerregende Höhen, dann der tiefe Absturz.

 

Die Geschichte des Petrus, wie sie das heutige Evangelium präsentiert scheint sich da nahtlos einzufügen (vor allem wenn man die Vorgeschichte kennt). Sie erinnern sich: Vergangenen Sonntag der Höhenflug des Petrus, sein unübertreffbares Bekenntnis zu Jesus als dem Messias, dem Sohn des lebendigen Gottes. Ebenso unübertreffbar das Lob, das er dafür von Jesus kassiert: “Selig bist du, Simon bar Jona, Gott hat dir das offenbart”. Heute der ebenso steile Absturz: Der Weg den Jesus für sich und wohl auch für die Jüngergemeinde skizziert, den soll Jesus nicht gehen. Das will Petrus nicht. Darauf die heftige Zurechtweisung des Petrus durch Jesus: “Weg Satan”.  Was geht da vor sich? Wieso kann das so schnell gehen? Und warum erzählt Matthäus von einem prominenten Mitglied der Jünger solch eine Absturzgeschichte?

 

Wir sind an einem Wendepunkt im Matthäusevangelium, der sich schon am vergangenen Sonntag angekündigt hat. Sie erinnern sich an die Doppelfrage Jesu: “Für wen halten die Leute mich - ihr aber, für wen haltet ihr mich”. Die Leute - ihr. Das ist der Wendepunkt. Bis jetzt war Jesus sozusagen extrovertiert unterwegs. Er hat die Menschen gelehrt, Wunder getan. Und die Menschen sind ihm gefolgt. Seit der Verhaftung des Täufers hat sich das Blatt gewendet. Konflikte entstehen. Er scheint mit seiner Botschaft nicht mehr anzukommen. Die Euphorie des Beginns ist dahin. Von jetzt ab wird Jesu Wirken introvertiert. Er wendet sich fast nur mehr seinen Jüngern zu. Jetzt geht es darum, dass dieser Kreis die Botschaft Jesu aufnimmt. In diesem Sinn war auch vergangenen Sonntag das Lob Jesu an Petrus, wohl stellvertretend für alle Jünger zu hören: Auf diesen Fels (den Fels ihres Glaubens an Jesu) will ich meine Kirche bauen. Und weil von jetzt ab diese Kirche im Blick ist, beginnt auch der heutige Evangelienabschnitt: Von da an fing Jesus an, seinen Jüngern zu zeigen...

 

Aber was ist seine message, seine Botschaft? Eigentlich eine Doppelte. Sie betrifft seinen Weg und den der Jünger. Sein Weg? Leiden Tod und Auferstehung. Der Weg der Jünger: Kreuz, Nachfolge Jesu, Selbstverleugnung. Und das passt vermutlich nicht ganz zu dem, was sich die Jünger, was sich Petrus so ausgemalt hat, als Weg für den Messias, den Sohn des Lebendigen Gottes und natürlich auch für den Weg seiner Jünger mit ihm. Und er drückt es klar aus: Das kann doch nicht Gottes Wille sein, das soll dir nicht geschehen. Denn davon hat Jesus gesprochen. Der Menschensohn muss nach Jerusalem gehen, muss leiden. In diesem Muss steckt soviel wie: Das ist nicht nur meine Idee, sondern das entspricht Gottes Willen. Petrus (vermutlich besten Willens) widersetzt sich Jesu Willen und Gottes Willen. Und mit Petrus auch der Rest der Jünger.

 

Verstehbar, dass die Zurechtweisung Jesu hart ausfällt: “Weg mit dir Satan”. Denn das ist ja genau die biblische Rolle Satans, Herausforderer, Widersacher Gottes zu sein. Allerdings übersetzt die Einheitsübersetzung nicht genau und verliert damit eine Pointe des Textes: “Geh mir aus den Augen”, heißt es in der Übersetzung. Korrekt ist allerdings: “Mir nach, hinter mich”. Jesus ruft Petrus (und seine Jünger) also dazu auf, das zu tun, wogegen sie sich sperren. Dem Leidensweg Jesu nachzufolgen.

 

Das sind wohl die beiden Pole der Nachfolge, die Matthäus heute und am vergangenen Sonntag skizziert: Begeisterte Zustimmung und Bekenntnis und gleichzeitig der Versuch, dort auszukneifen, wo es mühsam wird, wo es darum geht, Jesus abseits des Jubels auf seinem Kreuzweg nachzufolgen. Schön ist, dass offensichtlich beides seinen Platz hat und sein kann, bei den Jüngern und bei uns, weil Matthäus uns davon erzählt.