Erfüllte Zeit

11. 01. 2009, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Taufe Jesu“ (Markus 1, 7 – 11)

von Veronica Maria Schwed

 

 

Jesus lässt sich von Johannes im Jordan taufen.

Um das einordnen zu können, ist es hilfreich, die Situation von damals anzusehen: Taufe zur Zeit Jesu wurde doch anders verstanden als bei uns heute. Wenn wir an Taufe denken, haben wir ein kleines Kind vor Augen, das in einer Feier in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wird. Es bekommt dabei einen Namen und wird mit Chrisam gesalbt als Zeichen, dass es nun ein Königskind Gottes ist.

Zur Zeit Jesu wurden hingegen Erwachsene getauft, die sich entschieden hatten, ihr Leben bewusst neu zu beginnen, umzukehren und ihre Sünden zu bereuen. Taufe war damals ein aktiv gesetzter Neuanfang.

Jesus lässt sich von Johannes im Jordan taufen.

 

Jesus fängt neu an.

Mir wird immer mehr bewusst, dass diese Taufe der Impuls war, in dem Jesus seine Sendung wirklich erkannte. Dreißig Jahre lang hatte er im Verborgenen gelebt, Sohn des Zimmermanns, unauffällig, unbekannt. Dann ändert sich sein Leben radikal: Als Rabbi, als Lehrer, sammelt er Jünger, predigt, heilt, verkündet Gottes Reich.

Jesus lässt sich von Johannes im Jordan taufen.

Jesus wird von Gott berührt, unmittelbar angesprochen, erhält eine Liebeserklärung Gottes.

 

Im vergangenen Advent war ich gemeinsam mit den Altenburger Sängerknaben beim Aufstellen des Christbaums in Rom. Ich wollte bei dieser Reise meiner jüngsten Tochter unbedingt das Baptisterium, den Taufraum neben der Lateranbasilika zeigen. In diesem Raum habe ich als junges Mädchen verstanden, was Taufe bedeutet. Der Raum ist achteckig und ursprünglich gab es ein Wasserbecken, in das man über Stufen hinunterstieg. Die Katechumenen, die Taufkandidaten, die sich mindestens ein Jahr darauf vorbereitet hatten, stiegen in der Osternacht in dieses mit Wasser gefüllte Becken hinab, wo sie ihr bisheriges Leben zurückließen und neues Leben geschenkt bekamen: Sie tauchten unter in dem Becken, das ihre ganze bisherige Lebensschuld aufnahm und wandelte. Sie überließen alles diesem Wasser, spürten, dass ihnen die Luft wegblieb, tauchten erleichtert auf. Als neue Menschen stiegen sie dann auf der gegenüberliegenden Seite wieder aus dem Becken hinaus, wurden in ein weißes Kleid gehüllt, bekamen Christus angezogen.

 

Heute stehen am Rand dieses Taufbeckens aus Metall gegossene Hirsche und es sieht aus als würden sie trinken. Das erinnert an einen Psalm, in dem der Betende ruft: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir!“ Diese Sehnsucht hat wohl viele Täuflinge in dieses Becken geführt.

 

Ich bedaure es, dass die Macht der Symbole in unserer Taufliturgie doch sehr abgeschwächt ist. Werden einige Tröpfchen Wasser über die Stirn gegossen, so ist das kein sehr existenzielles Zeichen mehr. Das ist schade, denn auch heute berührt Taufe die Mitte unserer Existenz, die Mitte unseres Lebens: Wer getauft ist, bleibt das für sein ganzes Leben, selbst wenn er aus der Kirche austritt oder einen anderen Glauben annimmt. Allerdings ist Taufe kein Brandmal, das uns einfach aufgedrückt wird. Sie ist vielmehr Liebeserklärung Gottes, wie es das heutige Evangelium erzählt.

 

Wenn eine Mutter ihr Kind zärtlich herzt, wenn zwei liebende Menschen einander behutsam küssen, dann sind das Begegnungen, die das Leben prägen und tragen. In der Taufe küsst Gott den Menschen, liebevoll und zärtlich.