Erfüllte Zeit

02. 08. 2009, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Ich bin das Brot des Lebens“ (Johannes 6, 24 – 35)

von Dr. Karin Petter, Theologin und gesellschaftspolitische Referentin der Katholischen Aktion Steiermark

 

 

Die Rede Jesu vom Brot des Lebens folgt ihrem Inhalt nach der Erzählung über die wunderbare Brotvermehrung. Die Menschen waren erfüllt von der Erfahrung, dass tausende Menschen aus zwei Fischen und fünf Broten satt wurden, dass Jesus mit faktisch Nichts aus dem Überfluss geben konnte. Ja, sie spürten selbst ihre Sattheit und den aufkeimenden Wunsch, diesen satt machenden Wundertäter zum König zu haben.

 

Auf diese Stimmungslage trifft Jesu Rede vom Brot des Lebens. Mit seinen Worten will er den Menschen veranschaulichen, was er will und wer er eigentlich ist.

 

Er ist nicht irgendein Wundertäter, der die Menschen in Erstaunen versetzt, weil er für sie zaubern kann. Er ist kein Zauberer, der mit seinen Zauberstücken die Leute berauschen will, weil er Wunderbares vollbringt. Jesus will den Menschen zeigen, dass sie nicht beim Augenscheinlichen stehen bleiben sollen. Das Wunderbare liegt nicht in der einmaligen Brotvermehrung, sondern im Glauben Können an einen Gott, der den Menschen wie ein Vater zugetan ist.

 

Natürlich ist es ein Wunder, dass tausende Menschen satt werden, doch die Reihung der Texte zeigt, dass diesem Wunder eine viel wesentlichere Wahrheit zugrunde liegt. Sie verweist auf Gott, der den Menschensohn in die Welt geschickt hat.

 

Johannes gestaltet diese Rede Jesu auch nicht als einen Monolog, sondern als einen Dialog. Es ist ein Dialog über Suchen und Finden, über Fragen und Antworten, über Erwartungen und Überraschungen. Diese Rede Jesu fordert uns heraus, über uns selbst und unser Christsein nachzudenken.

 

Die Leute damals suchten Jesus, weil sie sich noch an das Gefühl der Sattseins erinnerten. Sie hatten einen Menschen erlebt, der alle satt machen konnte. Ein Gefühl, das die Leute hin zu Jesus drängte. Sie wollten von ihm, dass er dieses Wunder weiterhin tut, dass er ihren Hunger stillt und sie immer wieder satt werden lässt. Sie wollten Jesus als jemanden, der für sie sorgt - wie ein guter König.

 

Und hier überrascht Jesus. Er geht nicht auf die Erwartungen der Leute ein, sondern er beschreibt den Kern der Sache. Wenn bei Johannes steht: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird", dann verweist Jesus auf etwas zutiefst Menschliches. Wir Menschen benötigen mehr als nur einen „satten" Bauch. Die Rede Jesu macht klar, dass wahre Sattheit über die Befriedigung leiblicher Bedürfnisse hinaus geht.

 

In der gegenwärtigen Zeit, wo Nahrung für einen gewissen Teil der Weltbevölkerung im Überfluss zu Verfügung steht, können Menschen, die zu diesem Teil gehören, selbst erleben, dass es für ein gutes Leben nicht allein ausreicht, einen „gefüllten Bauch" zu haben.

 

Die Suche nach dem Sinn des Lebens, dem worum es im Leben wirklich geht - wächst in dem Tempo, wie die Lebensstandards wachsen. Bei Jesus finden wir eine Antwort, auch wenn sie für uns heute ebenso herausfordernd wirken kann, wie für die Leute damals.

 

Jesus antwortet auf die Frage: „Welches Zeichen tust du, damit wir es sehen und dir glauben?“, schlussendlich mit der Feststellung: „Ich bin das Brot des Lebens".

 

Jesus gibt damit eine Antwort, deren Beweisbarkeit er schuldig bleibt. Er nennt sich selbst Brot des Lebens - eine Antwort, die durch keine augenscheinlichen Fakten belegt werden kann.

 

Es ist eine Antwort, die uns Menschen dazu auffordert, selbst tätig zu werden. Wir sind es, die tätig werden müssen. Wir sind es, die Jesu Antwort glauben können. Jesu Rede verweist uns auf ein Geheimnis des Glaubens, das nur durch unser eigenes Leben beantwortet werden kann.

 

Schlussendlich sind es wir selbst, die die sich entscheiden müssen, an Gott zu glauben und seine Werke zu vollbringen. Denn die Rede Jesu zeigt, dass Christinnen und Christen keine Menschen sind, die sich nur zurückzulehnen brauchen, um einem Wundertäter zuzusehen, sondern dass es Menschen sind, die sich im Namen Gottes aufmachen und sich aus ihrem Glauben heraus für Solidarität und Gemeinwohl einsetzen.

 

Menschen, die, ob jung oder alt, darauf vertrauen, dass Jesus Christus die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens ist, diese strahlen etwas von der Faszination der Botschaft Jesu aus.

 

Als ich letzte Woche beim Kinderfestival der Katholischen Jungschar in der Steiermark war, erlebte ich die Begeisterung einer solchen Gemeinschaft:

 

1000 Kinder, 250 Begleitpersonen und 350 ehrenamtliche Mitarbeitende lebten eine Woche zusammen, aßen, spielten, arbeiteten und beteten miteinander. Es war nicht einfach nur eine große Kinderveranstaltung, sondern es war auch ein Ereignis, wo das Motto: Wir stellen Kinder in die Mitte sowie Jesus, im Mittelpunkt stand.

Geben wir ihm seinen Platz. In der Mitte unseres Lebens.