Erfüllte Zeit

28. 02. 2010, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Die Verklärung Jesu“

(Lukas 9, 28b – 36)
von Regens Nikolaus Krasa

 

 

Alle Jahre wieder... - alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind. Alle Jahre wieder hören wir auch von der Verklärung Jesu. Jedes Jahr ist sie die Evangelienlesung des zweiten Fastensonntags. Vermutlich also bekannt, was wir da gerade vorgelesen bekommen haben. So bekannt, dass man gar nicht mehr hinhört, weil die Ingredienzien und der Ablauf vertraut sind: Der Berg, die drei Jünger, Jesus, der sich verwandelt, Mose und Elia, die Himmelsstimme. Alle Jahre wieder...

 

Allerdings trifft dieses „alle Jahre wieder“ eigentlich nicht zu. Im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren hat sich etwas verändert an dieser Geschichte. Ihr Autor nämlich. Waren in den vergangenen Jahren Matthäus und Markus am Wort, so hörten wir sie eben aus dem Mund (besser wohl aus der Feder) des Lukas. Und der hat seine ganz eigene Art, die Verklärung Jesu ins Wort zu bringen.

 

So scheint es Lukas wichtig zu sein, dass Jesus betet, gleich zwei Mal in zwei aufeinanderfolgenden Versen erzählt Lukas davon: Jesus steigt auf einen Berg um zu beten und während er betet, verwandelt er sich. Dass Jesus betet, ist für Lukas offenbar entscheidend. Immer wieder weist er in seinem Evangelium darauf hin: So betet Jesus etwa vor seiner Taufe, vor der Feldrede (der lukanischen Version der Bergpredigt), er betet, bevor er die Jünger mit der Frage provoziert, für wen ihn die Menschen halten und er betet am Ölberg (um nur einige der Stellen zu erwähnen). Jesus nimmt sich Zeit für seine Beziehung zum Vater, er lebt aus ihr, auch wenn ihm das, wie am Ölberg, nicht leicht fällt. Die wesentlichen Momente in Jesu Leben sind durch das Gebet vorbereitet und getragen.

 

Zum Gebet Jesu gehören die Jünger. Sie bitten etwa Jesus darum, ihnen das Beten beizubringen (und er schenkt ihnen das Vater unser). Allerdings schildert Lukas auch, wie schwer es für die Jünger ist, mit Jesus in der Haltung des Betens zu bleiben. Mit ihm zu beten. Sie schlafen am Verklärungsberg ein. Kein Einzelfall. Auch am Ölberg werden die Jünger einschlafen, es nicht schaffen mit Jesus betend wach zu bleiben. Der betende Jesus und die schlafenden Jünger. Ein Akzent, den Lukas setzt. Nur, ums Beten und ums Durchhalten allein geht es nicht im heutigen Evangelium, das Beten ist nur der Vorbereitungsschritt, führt zum Eigentlichen, führt zu einer Gottesbegegnung: Die Wolke, Zeichen für Gottes Gegenwart, etwa wie die Wolke, die den Berg Sinai verhüllt als Mose den Berg besteigt. Gottes Stimme wird hörbar. Die Gottesbegegnung verändert Jesus, sein Gewand beginnt zu leuchten.

 

Auch hier setzt Lukas wieder einen eigenen Akzent: Nur er berichtet von dem, was Mose und Elija vielleicht als Vertreter des ersten, des alten Testamens zu sagen haben. Drei für Lukas entscheidende Worte kommen hier vor.

 

Jerusalem: Es ist das Ziel des Weges Jesu, das Ziel auch des ersten Buches, das Lukas schreibt. Hier geschehen Tod und Auferstehung Jesu, seine eigentliche Verwandlung. Hier werden aber, wenig später am Beginn des zweiten Buches, das uns Lukas hinterlassen hat, der Apostelgeschichte, die Jünger durch den Geist Gottes verwandelt werden und als mutige Zeugen der Auferstehung von hier aufbrechen bis zu den Grenzen der Erde.

 

Ende: „Sie sprachen von seinem Ende“, hat es geheißen, wörtlich eigentlich „Exodus“, von seinem Exodus. Jesu Weg ist ein Weg in den Tod, aber eigentlich ins Leben und erinnert damit an den entscheidenden Weg ins Leben, von dem die Bibel erzählt, an den Exodus, den Auszug Israels aus der Sklaverei in Ägypten zur Freiheit und zum Leben im eigenen Land. Der Exodus Jesu wird damit zum Exodus seiner Jünger. Mit ihm ziehen sie durch den Tod in ein neues Leben. Davon erzählt Lukas in der Apostelgeschichte.

 

Erfüllt: Das Ende, der Exodus, erfüllt sich in Jerusalem. Lukas erzählt mit seinen Jesusgeschichten nicht bloß Ereignisse, die halt passiert sind. Für ihn sind sie erfüllt, weil das, was sich die Bibel für den Menschen erträumt, eine enge, vertrauensvolle Beziehung zu Gott, im Sohn Gottes, in Jesus Wirklichkeit wird. Er ist erfüllt vom Geist Gottes.Und auch hier: Für Lukas ist das kein Privileg Jesu. Mit Pfingsten geht diese geistgewirkte Intimität zu Gott auf die Jünger über. Wie gesagt: Lukas wird nicht müde, davon in der Apostelgeschichte zu erzählen.

 

Gebet verwandelt und erfüllt das Leben. Nicht nur das Leben Jesu, auch unseres.