Erfüllte Zeit

24. 07. 2011, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

Matthäus 13, 44 – 52
von Gerhard Langer

 

 

In dem eben gelesenen Text hat mich immer ganz besonders jene Gleichniserzählung angesprochen, in der ein Mann einen Schatz in einem Feld entdeckt, diesen wieder vergräbt und dann alles verkauft, um das Feld zu erwerben. Das Feld hat ihm vorher also nicht gehört, und folgerichtig auch nicht der Schatz. Er war wohl bestenfalls Pächter, vielleicht sogar auch nur Arbeiter. Mit dem Feld hat er gleich beides erworben. Man hat den Eindruck eines Zufallsfundes und einer daraus resultierenden überaus klugen Aktion. Das darauffolgende Gleichnis von einem Kaufmann, der es auf Perlen abgesehen hat, stellt hingegen bereits einen ganz bewusst Forschenden vor. Es sind also zwei unterschiedliche Menschentypen. Der eine sucht das ultimative Glück sein Leben lang, der andere stößt ganz per Zufall darauf. Aber wie wahrscheinlich ist es, einen Schatz im Acker zu finden, oder einen Lottosechser zu machen? Ich glaube eben, dass es im Vergleich gar nicht darauf ankommt, dass vielmehr die entscheidende Aussage darin besteht, dass beide Männer nicht zögern, alles dafür herzugeben um den Schatz oder die Perle zu erwerben. Ich habe mir dabei immer gedacht, dass der erste klug und logisch handelt. Genau dies, so vermute ich, war die Absicht des Erzählers, eine Spur zu legen, den Eindruck zu verschaffen, dass jegliche andere Entscheidung unklug, unvernünftig und unbefriedigend wäre. Wer würde den Acker mit dem Schatz nicht erwerben wollen?  Mit der Perle ist es schon diffiziler. Das ganze Vermögen auszugeben, nur um sie zu besitzen, hat weniger mit Vernunft und Klugheit als mit Leidenschaft zu tun. Übersetzt auf das sogenannte Himmelreich heißt das, dass derjenige, der auf das stößt, was wirklich von Wert ist, sein bisheriges Dasein aufgibt, um es sich anzueignen.

 

Das im Evangelientext folgende Motiv von den Ungerechten, die keinen Anteil an der himmlischen Welt haben, die wie schlechte Fische ausgesondert werden, drastisch verstärkt mit dem Bild vom feurigen Ofen, in den sie geworfen werden, schien mir lange Zeit dazu gar nicht so recht zu passen. Bis ich das Bindeglied fand. Ich meine, es ist ganz einfach das Motiv der richtigen Entscheidung. Gerecht oder ungerecht sind Entscheidungen, die der Mensch zu treffen hat. Wer gerecht lebt, ist wie einer, der einen Schatz nicht im Acker liegen lässt. Wer ungerecht handelt, hat sich dafür entschieden, die Perle nicht zu kaufen. Unvorstellbar, denke ich. Unvernünftig. Und beschließe sofort, den Acker meines Lebens gründlich zu durchsuchen.