Gedanken für den Tag

19. 12. 2007, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr
im Programm Österreich 1

 

"Zum 20. Todestag von Christine Busta"

 

von Cornelius Hell, Feuilleton-Chef der Wochenzeitung "Die Furche"

 

 

Musik: John Williams/Gitarre: "Allemande" aus der "Suite für Laute in e-moll", BWV 996 von Johann Sebastian Bach

 

 

 

 

 

Verdächtig

ist uns

frenetischer Beifall.

 

Er blieb uns

als Vorhut und Nachhut

klatschender Schläge

im Ohr.

 

Das ist eines der wenigen politischen Gedichte von Christine Busta. Es trägt den Titel „Historische Reminiszenz“ und spielt unverkennbar an den Nationalsozialismus an. Was diese Zeilen freilich nicht ausdrücken: Dass die Autorin selbst bis weit in die 1940er Jahre hinein mit dem Nationalsozialismus sympathisierte. Seit dem Frühling 2007 liegt ihr Nachlass im Innsbrucker Brenner-Archiv. Er enthält auch die Briefe an ihren Mann, den Musiker Maximilian Dimt, der 1942 zur Wehrmacht einrücken musste und seit 1944 als vermisst gilt. Dimt war ein glühender Nazi, und auch Christine Busta drückt in einem Brief ihre große Freude darüber aus, dass das Attentat auf Adolf Hitler missglückt ist. Mit diesen neuen Informationen muss die Lesergemeinde von Christine Busta erst fertig werden.

 

Das Gedicht „Historische Reminiszenz“ zeigt deutlich, dass sie später zu einer anderen Einstellung gefunden hat, dass ihr der frenetische Beifall verdächtig geworden war und dass sie die klatschenden Schläge nicht vergessen hatte.

 

Auch hatte Christine Busta intensiven Kontakt zu einer Schriftstellerin, die 1938 aus Österreich emigriert war: Paula Ludwig, für die sie 1962 den Trakl-Preis durchsetzte, um sie „literarisch wieder einzubürgern“ und an ihr „ein österreichischen Versäumnis gutzumachen“, wie Christine Busta an das Unterrichtsministerium schrieb.

 

Dennoch berührt es eigenartig, dass die Distanzierung zum Nationalsozialismus nicht deutlicher ausfiel und Christine Busta in ihren autobiografischen Gedichten dieses Kapitel ihres Lebens ganz ausgespart hat. Doch es wäre sicher zu einfach, diese Fragen nur an Christine Busta zu richten. Im Jahr 2008, das bald beginnt, wird uns das Gedenken an den Anschluss Österreichs wieder einmal zum Nachdenken darüber zwingen, was so viele Österreicherinnen und Österreicher am Nationalsozialismus fasziniert hat.