Katholischer Gottesdienst

 

Sonntag, 04. 04. 2010, 10.00 Uhr - 11.00 Uhr, 

ORF Regionalradios

 

 

Grazer Dom, Steiermark

 

 

 

             
(Ostersonntag)     

 

 

Predigt:

von Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari, Graz-Seckau

 

Ostern – ein Fest gegen die Schwerkraft

 

Am Sonntag nach dem ersten Vollmondtag im Frühling feiert die westliche Christenheit Ostern. Für Christen ist Ostern aber nicht nur ein Fest der Natur, die aus winterlicher Erstarrung wieder erwacht ist. Es ist auch nicht nur eine gewiss hoch willkommene Zeit für Osterspaziergänge zur Erfrischung von Leib und Seele. Ostern als religiöses Fest gründet vielmehr auf dem Glauben, dass Jesus am Kreuz und im Tod nicht gescheitert ist, sondern dass er sich am dritten Tag in einer ganz neuen Weise als lebend erwiesen hat. Er ist seinen nach dem Karfreitag hoffnungslos enttäuschten Jüngern und den Frauen, die ihn durch drei Jahre treu begleitet hatten, als Auferstandener erschienen. Sie haben ihn als eine Gestalt wie im Gegenlicht und doch ganz real erlebt. Er war kein Phantom. So sollten sie erfahren und weitersagen, dass er schließlich stärker war als seine Feinde, die ihn in den Tod getrieben hatten. Nicht Kaiphas, Herodes und Pilatus hatten das letzte Wort. Jesus, das Lamm Gottes hat über die Menschenwölfe gesiegt.

 

Die Osterbotschaft ist Ausdruck der Hoffnung, dass das Gute in der Welt und ihrer Geschichte immer wieder stärker sein wird als das millionenfache Böse. Dass die Bilanz der Weltgeschichte gegen allen täglichen Anschein eine positive sein wird. Ostern ist ein Fest gegen die Schwerkraft, die einzelne Menschen und ihre Gemeinschaften so oft zu Boden drückt. Auch die katholische Kirche ist derzeit dieser Schwerkraft besonders ausgesetzt. Schwere Verfehlungen gegenüber jungen Menschen entstellen das Antlitz der Kirche. Dies darf nicht versteckt und klein geredet werden. Diese Kirche hat aber zugleich millionenfach starke Lebenskeime in sich, weil sie kein bloß menschlicher Verein ist, sondern der mystische Leib Christi. Sie ist oft ein geschundener und von Wunden entstellter Leib. Aber sie ist zugleich in unzähligen Menschen, die ihr angehören, beseelt von der Kraft der Auferstehung Christi. Daher ist sie auch schön nicht nur durch ihre Kathedralen und durch ihre Liturgie, sondern mehr noch durch das Leben exemplarischer Christen – Frauen, Männer und besonders auch vieler Priester und Ordensleute. Mutter Teresa war da keine seltene oder gar einzigartige Ausnahme.

 

Es gibt inmitten von heute mehr als einer Milliarde katholischer Christen so viele, die wirklich so etwas wie Ikonen des auferstandenen Christus sind. Menschen, die Wunden waschen und wieder verbinden, die Brot, Zeit und Geld teilen ohne eigennütziges Kalkül; die an ihrem Platz sind in Haiti, Afrika, China und im Heiligen Land. Diese Christen verstehen sich nicht als private Wohltäter, sondern als Teil der Kirche, die für sie wie schon gesagt kein Verein ist, sondern der mystische Leib Jesu Christi.

 

Inmitten der Schwerkraft der Welt und ihrer Geschichte ist Jesus Christus auferstanden. Sein Sieg über Sünde und Tod umgreift diese ganze Welt und ihre Geschichte und wirkt wie ein Sauerteig. Er möchte auch unser Leben durchdringen. Jesus möchte nicht nur einmal in Jerusalem auferstanden sein, sondern er möchte im Herzen der Menschen auferstehen  –  auch in unserem Herzen, damit es auch bei uns wirklich Ostern werden kann.

Amen.

 

 

Musik:

Introitus: im gregor. Choral "Resurrexit";
Johann Joseph Fux: „Missa corporis Christi“
GL 232, 4 “Das ist der Tag”

GL 530, 7 und J. J. Fux "Victimae paschali laudes"

GL 827 "Der Heiland ist erstanden"

"Pascha nostrum"

GL 223 „Wir wollen alle fröhlich sein“

J. J. Fux "Victimae paschalis"

 

 

Ausführende:
Vorsteher des Gottesdienstes:

Bischof Dr. Egon Kapellari

Der Grazer Domchor

Das Grazer Domorchester

Die Schola Gregoriana       
Leitung: Domkapellmeister Josef Döller

Christian Iwan, Orgel

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