Logos - Theologie und Leben

Samstag, 09. 05. 2009, 19.05 Uhr - 19.30 Uhr im Programm Österreich 1

 

 

„Über die Übung der Tugenden – Die Philothea“ -  Zum 400.Geburtstag eines christlichen Bestsellers, Teil 2

 

 

Im Jahr 1609 erscheint ein kleines Buch, das vom Genfer Fürstbischof und Ordensgründer Franz von Sales geschrieben wurde: Die „Philothea - eine Anleitung zum frommen Leben“. Es findet reißenden Absatz, weil es – gegen Bigotterie und kirchliche Engführungen - in einfacher Sprache Gläubigen den Weg zu einem spirituellen Leben im Alltag erschließt. Zitat: „Es besteht kein Widerspruch zwischen Welt und Gott. Die, die glauben, um heilig zu werden, müssen sie die Welt ablehnen, sind auf dem Irrweg. Denn alles, was wahrhaft menschlich ist, ist wahrhaft christlich. Und alles, was wahrhaft christlich ist, ist wahrhaft menschlich“ – Franz von Sales formuliert in seinem Vollkommenheitsideal den Leitsatz des modernen Katholizismus der Gegenreformationszeit. Zitat: „Sei wahrhaft Mensch, dann bist du wahrhaft Christ“. Deshalb folgert Franz von Sales, muss sich die wahre Frömmigkeit der Individualität und der Berufssituation eines Menschen anpassen und nicht umgekehrt. In den zehn verbliebenen Lebensjahren erlebt Franz 40 Auflagen seines Buches in sechs verschiedenen Sprachen. Heute sind in den Archiven von Annecy 121 verschiedene „Philothea“-Ausgaben registriert. In der Spiritualität lassen sich grob zwei Ansätze unterscheiden. Ein idealistischer Ansatz, also eine  Spiritualität „von oben“ und eine Spiritualität „von unten“, die bei den Lebenserfahrungen von Menschen ansetzt. Die Philothea gehört in letztere Kategorie und das hat viele Zeitgenossen im 17.Jahrhundert bis heute, u.a. den bekannten Maler Arnulf Rainer angesprochen.
Gestaltung: Johannes Kaup