Logos - Theologie und Leben

Samstag, 19. 11. 2011, 19.04 Uhr - 19.30 Uhr im Programm Ö1

 

 

„Hände falten, Goschn halten?“ -

Die Debatte um Gehorsam und Kirchenreform

 

 

Der „Aufruf zum Ungehorsam“ der Pfarrerinitiative rund um Helmut Schüller vom Sommer dieses Jahres hat in Österreich und international hohe Wellen geschlagen. Dabei geht es dem reformorientierten Flügel der katholischen Kirche um einen Kurswechsel, der Lösungen für langanstehende pastorale Problemfelder ermöglicht: Die rund 400 Priester und Diakone wollen unter anderem Laien predigen und Gemeinden leiten lassen sowie die Kommunion auch Wiederverheirateten und Ausgetretenen spenden. Vermeiden wollen sie auch, an Sonn- und Feiertagen mehrfach zu zelebrieren, oder durchreisende und ortsfremde Priester einzusetzen. Mittlerweile hat sich eine Gehorsams-Debatte entwickelt, die sich zusätzlich noch im Konflikt zwischen dem ehemaligen Generalvikar Helmut Schüller und Kardinal Christoph Schönborn zuspitzt. Die Botschaft dahinter ist jedoch klar: Die Kleriker wollen nach Jahren der Stagnation zivilcouragiert handeln. Sie sind nicht gegen den Vatikan oder kirchliche Gesetze, wenden sich aber gegen deren Handhabung und doppelbödige Interpretation. Das Aufbrechen der Gehorsamsdebatte zeigt, dass die Berufung auf Gehorsams-Versprechen heute nicht reicht, um sich Loyalität zu sichern. Wenn Gehorsam und Gesetz über die Liebe gestellt werden, bzw. die Erfahrung der von der Gehorsamspflicht betroffenen Priester nicht ernst genommen wird, dann – so argumentieren Priester der „Pfarrerinitiative“ – müsse man sich auf das Gewissen als letzte Entscheidungsinstanz berufen. Was bedeutet Gehorsam für Kleriker? Bedeutet „Ungehorsam“ im vorliegenden Fall Illoyalität gegenüber der katholischen Kirche? Wie könnte es zwischen Basis und Hierarchie zu einer echten Reformdiskussion auf Augenhöhe kommen? Vielleicht lässt sich bei Benedikt von Nursia oder bei Ignatius von Loyola Anleihe nehmen: In den Schriften dieser Kirchenväter bedeutet Gehorsam Hören auf Gott und schließt das Gewissen mit ein - und ist somit auch kritisches Korrektiv zu rein menschlichen Befehlsvollzügen. Gehorsam bedeutet aber auch, persönliche Vorlieben hintanzustellen und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.
Gestaltung: Johannes Kaup