Logos - Theologie und Leben
Samstag, 17. 12. 2011, 19.04 Uhr - 19.30 Uhr im Programm Ö1
„Was glauben Sie?“ – Der Tiroler Altbischof Reinhold Stecher
Was der legendäre Kardinal Franz König für Österreich war, ist der
Innsbrucker Altbischof Reinhold Stecher für Tirol: eine
unumstrittene moralische Instanz. Der Bergsteiger aus Leidenschaft
und passionierte Maler wurde vor 90 Jahren am 22.12.1921 in
Innsbruck geboren. 1939 trat er ins Priesterseminar ein. Zwei Jahre
später wurde er von der Gestapo wegen der Organisation einer
Protestwallfahrt verhaftet und in Einzelhaft genommen. Kurz vor
seinem Transport ins KZ, kam er durch kirchliche Intervention frei
und wurde als Funker zur Deutschen Wehrmacht einberufen. Nach
Kriegsende setzte er sein Theologiestudium fort und war als Präfekt,
Lehrer und Seelsorger tätig. Vor 30 Jahren, 1981 wurde Stecher zum
katholischen Bischof der Diözese Innsbruck geweiht. Der in der
römisch-katholischen Bischofskonferenz für die
Hilfsorganisation Caritas und für Frauenfragen zuständige Bischof
bewies beherztes Engagement durch sein Eintreten für Flüchtlinge und
für von Abschiebung bedrohte Asylwerberinnen und -werber. Innerhalb
der Bischofskonferenz setzte sich Stecher für einen integrativen Weg
ein und trat öffentlich autoritären kirchlichen Strömungen entgegen.
Die Wortgefechte, die er sich mit dem damaligen St.Pöltner Bischof
Kurt Krenn lieferte, sind legendär. Aufsehen erregte er, als er 1988
der antisemitischen Legende vom angeblichen Ritualmord am „Anderl
von Rinn“ ein Ende setzte. In öffentlichen Briefen an die
Kirchenleitung in Rom anlässlich seiner Pensionierung konstatierte
Stecher „Rom hat das Image der Barmherzigkeit verloren“. Er
kritisierte eine Tendenz im Vatikan „die menschlichen Ordnungen
höher zu werten, als den göttlichen Auftrag“. Am bedenklichsten sei
für ihn der „Umgang mit Priestern, die geheiratet haben“. Auch in
der aktuellen Gehorsamsdebatte setzt Stecher andere Akzente, als die
aktuelle Kirchenleitung. Reinhold Stecher hat auch mit 90 Jahren
keineswegs an Klarheit, Mut und Witz verloren. Anlässlich seines
bevorstehenden Jubiläums hat ihn
Johannes Kaup nach seinem
Glauben gefragt.
|