Logos - Theologie und Leben

Samstag, 04. 02. 2012, 19.04 Uhr - 19.30 Uhr im Programm Ö1

 

 

„Gott 9.0“ – Wohin sich unsere Gesellschaft spirituell entwickeln könnte

 

 

Leben heißt Wachsen und Reifen. Was die Pädagogik schon lange erkannt hat, dass in bestimmten Altersstufen Reifungs- und Lernprozesse notwendig sind, gilt auch für den Glauben und die Religion. Dies wird schon in der Bibel deutlich, die selbst ein Prozess der schrittweisen Aufklärung des Menschen über sich selbst und vor allem Gottes über sich selbst repräsentiert. Den Prozess des Wachsens und Reifens kennen wir auch in der viel jüngeren Informationstechnologie. Dort erfolgen Veränderungen durch System-Updates, deren Programme meist mit der Endung 1 Punkt Null, Zwei Punkt Null, etc. gekennzeichnet werden. „Gott 9.0“, ein Buch der evangelischen Theologen Marion und Werner „Tiki“ Küstenmacher und Tilmann Haberer, ist ein Versuch, die religiösen Reifungsstufen vom Altertum bis in die Gegenwart in einer modernen Sprache verständlich zu machen. Das dahinterliegende Modell geht auf eine Idee des amerikanischen Psychologen Clare Graves zurück. Er hat in den 1950er Jahren Studierende in aller Welt befragt und dabei entdeckt, dass sich ihre Werte systemunabhängig vom kulturellen Hintergrund in typische Gruppen ordnen lassen, die aufeinander aufbauen. Graves sprach in diesem Zusammenhang von Stufen. Er fand dabei heraus, dass sich auch die religiösen Vorstellungen mit jeder Bewusstseinsebene wandeln und dass dieser Wandel einem vorhersagbaren Schema folgt. Diese Ebenen oder Stufen bauen ähnlich aufeinander auf, wie die "Updates" von Computerprogrammen. Die "verbesserte" Version enthält alles, was die vorherige Version auch zu leisten vermochte, führt das Programm aber einen Schritt weiter. Das "Update" kann frühere Versionen noch immer einlesen. Umgekehrt aber kann es geschehen, dass ein veraltetes Programm neue Texte und Eingaben nicht darstellen kann.


Marion und Werner Küstenmacher und Tilmann Haberer haben erstmals versucht, dieses Stufenmodell auf Gesellschaft, Gottesbilder, Bibel, Kirche und geistliche Entwicklung anzuwenden. Von Stufe 1.0, wo es um das nackte Überleben geht, bis zur Stufe 9.0, der Berufung, wie Menschen werden können, liegt ein langer Prozess der Entwicklung. Dies gilt ebenso für das Gottesbild und die Spiritualität. In der Sendung werden neben dem Modell auch praktische Fragen beantwortet: Weshalb sagen vielen Menschen bestimmte religiöse Praktiken und Ideen heute nichts mehr, die einst sinnstiftend waren? Fällt man vom Glauben ab, wenn man bestimmte Glaubensvorstellungen nicht mehr nachvollziehen kann? Oder hat sich der Glaube erweitert und vertieft?

Gestaltung: Johannes Kaup