Logos - Theologie und Leben

Samstag, 07. 04. 2012, 19.04 Uhr - 19.30 Uhr im Programm Ö1

 

 

„Gewaltfrei leben?!“ – Gesellschaftspolitische Aktualität der Bergpredigt und österliche Hoffnung

 

 

Am Vorabend von Ostern, am Karsamstag, beschäftigt sich LOGOS mit der Frage, ob die Jahrhunderte alten Texte der Bibel Antworten auf die drängendsten ethischen und gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit geben können. Was bedeutet es heute etwa für Christen „österlich“, also „im Lichte der Auferstehung“ zu leben  und zu handeln - angesichts der auseinanderklaffenden Schere von Arm und Reich, angesichts der multiplen Krisen in Politik und Gesellschaft, die neue Antworten erfordern?

 

Der renommierte österreichische Sozialethiker Herwig Büchele ist überzeugt davon, dass die Bergpredigt, die Jesus von Nazareth am Höhepunkt seines Auftretens gehalten hat, Antworten darauf geben kann. Und er ist überzeugt, dass diese große Rede zu jeder Zeit aktuell ist - wenn man nur an der richtigen Stelle ansetzt. Hier formuliert Jesus, der nach Ostern als Christus verehrt wird und auf den sich das Christentum beruft, die Grundlinien einer Ethik, die auf Liebe gründet und damit die Kraft besitzt, Spiralen der Gewalt, der Rache und der Angst zu durchbrechen.

 

In der Geschichte hat das Christentum freilich immer wieder versagt, weil es in der Versuchung der Machtbehauptung der Logik der Gewalt unterlegen ist, so der Befund Bücheles.

 

Aber gerade heute werde eine solche christlich inspirierte Ethik gebraucht, um den anonymen Mächten der wirtschaftlich und politisch globalisierten Welt echte Mitmenschlichkeit und eine konsequente Orientierung an der Würde und Freiheit des Einzelnen entgegenzusetzen.

 

Die Gewaltfrage erscheint heute auch entscheidend für den interreligiösen Dialog. Gerade weil einerseits der Westen sein demokratisches und marktwirtschaftliches System als das gewaltärmste anpreist, sich aber die muslimische Welt oft durch dieses System eingeengt und bedroht fühlt.

 

Jesus selbst war kein Gesellschaftsrevolutionär. Er bekämpfte auch nichts durch Gegengewalt. Aber sein radikal neues Gottes- und Menschenverständnis hätte schon gesellschaftspolitische Sprengkraft.

 

So sieht das zumindest Herwig Büchele. Zeit seines Lebens hat sich der 1935 in Vorarlberg geborene Theologe diesem Thema gewidmet. Der Jesuit gilt als einer der führenden Sozialethiker im deutschen Sprachraum. Büchele studierte Ökonomie und Philosophie an der Universität Innsbruck sowie Theologie an der Uni Löwen. Bis zu seiner Emeritierung lehrte er als Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Innsbruck. 2009 wurde er mit dem Vorarlberger Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Herwig Büchele ist außerdem Vorstandsmitglied des „Netzwerkes von Christen zur Unterstützung der Global Marshall Plan Initiative", die sich für eine gerechtere Globalisierung einsetzt.

Gestaltung: Johannes Kaup