Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Pfarrer Anton Schuh, St. Peter in der Au, NÖ
Sonntag, 11.12.2005
In dieser 3. Adventwoche möchte ich über „unsere Zeit“, unsere
Lebens-Zeit, ein wenig mit Ihnen nachdenken. Ich selber bin jetzt 32
Jahre Priester und werde am kommenden Weihnachtsfest meinen
58.Geburtstag feiern. Und ich komme immer mehr darauf, wie wichtig
es ist, dass es Menschen um mich gibt, die mich verstehen und die
mich annehmen – gerade auch mit meinen Fehlern und Schwächen.
In einem Adventgebet heißt es: „Allmächtiger Gott, ... mache unser
Herz bereit für das Geschenk der Erlösung, damit Weihnachten für
uns alle ein Tag der Freude und der Zuversicht werde!“
Das ist doch eine großartige Bitte: Freude und Zuversicht sollen also in
diesen Adventtagen immer mehr und immer stärker werden! Ob das so
einfach geht?!
14 Tage haben wir praktisch noch Zeit bis Weihnachten - und diese Zeit
ist kostbar!
Ich hoffe und wünsche es Ihnen, dass Sie Zeit für Freude in diesen
Tagen finden.
Heute ist Sonntag. Sagen wir unseren Mitmenschen ein gutes Wort,
und wir werden spüren, wie viel Freude heute für uns bereit
liegt.
Montag, 12.12.2005
Ein PKW-Fahrer hat die Scheibe heruntergekurbelt und ruft hinaus: „Nun
fahren Sie doch weiter!“ Und er fuchtelt mit den Händen nach vorn
in die Richtung des Lastwagenfahrers. Der bemüht sich, seinen
defekten Wagen wieder flottzumachen. Die Straße ist eng, und der
ganze Verkehr ist blockiert. „Fahren Sie doch wenigstens auf die
Seite“, ruft der andere wieder, „ich habe es eilig, Zeit ist
Geld!“...
ZEIT ist GELD – sagen viele; das ist so eine Redensart. Aber, fragen
wir uns: Wenn Zeit Geld ist, wie muss ich dann mit meiner Zeit
umgehen, damit sie hohe Erträge bringt?!
ZEIT ist GELD kann aber auch etwas anderes Wichtiges signalisieren, nämlich:
dass Zeit etwas sehr Wertvolles ist, mit dem ich sorgsam umgehen
muss.
Ich merke als Pfarrer immer wieder: Wenn ich einen Besuch mache in einer
Familie oder bei einem Kranken, dann freut sich der andere oft mehr
über die Zeit, die ich ihm geschenkt habe, als über das Geschenk,
das Geld gekostet hat. Zeit kann also oft mehr Wert sein als Geld!
Der heutige Montag hat noch 18 Stunden. Das sind über 1.000 Minuten.
Eigentlich sehr viel Zeit. Ich wünsche Ihnen, dass Sie heute mit
Ihrer wertvollen Zeit gut umgehen können!
Dienstag, 13.12.2005
Sie kennen sicherlich die Stelle aus der Bibel, wo Jesus mit 5 Broten und
2 Fischen tausende Menschen gespeist hat – die „wunderbare
Brotvermehrung“, sagen wir.
In Abwandlung dieses biblischen Berichts möchte ich Ihnen von einer
„wunderbaren Zeit-Vermehrung“ erzählen:
Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte: „Die Leute tun mir Leid,
sie haben einfach keine Zeit. Aber ich will sie nicht in die Hektik
des Alltags hineinwerfen, sonst brechen Sie zusammen!“ Da sagten
die Jünger zu ihm: „Woher sollen wir so viel ZEIT nehmen, um
allen etwas abzugeben?“ Jesus fragte sie: „Wie viel ZEIT habt
ihr?“ Sie antworteten: „Sieben Stunden und ein paar Minuten.“
Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen. Dann
nahm er die 7 Stunden und die Minuten, dankte seinem Vater, brach
die Zeit in Stücke und gab sie den Jüngern, damit diese die Zeit
an die Leute verteilten. Und alle nahmen sich die Zeit und wurden
erfüllt von Freude, Zuversicht und Ruhe. Dann sammelten sie die übrig
gebliebene Zeit ein – es waren noch über 7 Stunden.
Jesus dankte seinem himmlischen Vater für die Zeit und teilte die Zeit
an die Leute. Liebe Zuhörer – tun wir das auch: Danken wir dem
Herrgott für die Zeit unseres Lebens und teilen wir unsere Zeit mit
den anderen!
Sie
wissen ja: geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist
doppelte Freude.
Mittwoch, 14.12.2005
Vor ein paar Tagen kam ich unmittelbar zu einem Verkehrsunfall mit tödlichem
Ausgang: Rettung, Feuerwehr und Polizei, und auch der
Notfallshubschrauber waren schon verständigt, und wir warteten
sehnsüchtig auf ihr Eintreffen.
Gewiss haben auch Sie schon die Erfahrung gemacht: Wenn man etwas
Wichtiges herbeisehnt, dann kann die Zeit nicht schnell genug
laufen: dem, der auf Hilfe wartet, dem erscheint alles viel zu
langsam und andererseits: dem, der genießt und dem es gut geht, der
möchte am liebsten, dass die Uhr ein wenig stehen bleibt.
Dem einen also erscheint die Zeit viel zu lang, dem anderen wieder wird
die Zeit zu kurz. Wie gibt es denn das? Kann etwas zugleich das Längste
und das Kürzeste sein, das Schnellste und das Langsamste? Wie können
wir die Rätselfrage lösen?
In der Bibel steht im Alten Testament im Buch der Psalmen: „Meine Zeit
liegt in Deiner Hand, Herr“ (Psalm 31) und dann müssen wir
erleben, dass doch so vieles wieder anders kommt.
Ja, auch der heutige Tag liegt in Gottes Hand! Möge ER seine Hand über
diesen Tag halten und über alles, was Sie heute tun!
Donnerstag, 15.12.2005
Es ist wohl jedes Mal dasselbe: Wenn ein neues Jahr beginnt oder ein
neues Lebensjahr, wenn ein Dienstjubiläum gefeiert oder ein
Mitarbeiter in den Ruhestand verabschiedet wird, dann kann man immer
wieder Redensarten hören wie: „Man muss das Beste daraus
machen“, oder „Die Zeit bleibt nicht still“, oder „irgendwie
wird es schon werden“ – Sie kennen wohl solche Sprüche. Es sind
Sprüche, die eigentlich eine Frage abwürgen, die doch einmal
heraus muss, nämlich: Was soll meine Zeit, wenn Sie doch einmal
vergeht?
„Es wird schon werden!“ – was wird werden?
„Das Beste daraus machen!“ – was ist das Beste?
„Die Zeit steht nicht still!“ – Wohin rennt sie denn?
Was bleibt, wenn sie vergangen ist?
Diese Fragen können mir helfen, richtig mit meiner Zeit umzugehen; und
zwar so, dass ich dabei erfahren kann, was der Sinn meines Lebens
ist und was die Aufforderung der Bibel meint, wenn Paulus sagt: „Nützet
die Zeit!“ (Eph 5,16)
Ich weiß zwar nicht, was Sie heute alles vorhaben und tun werden, aber
ich wünsche Ihnen, dass Sie abends sagen können: „Ich glaube,
ich habe diesen Tag heute gut ausgefüllt!“
Freitag, 16.12.2005
Einmal im Monat treffen sich bei uns in der Pfarre St. Peter ca. 60 ältere
Menschen, um einen Nachmittag mitsammen zu verbringen. In einem
1.Teil werden oft altbekannte Lieder gesungen; oder ein kurzer
Vortrag wird gehalten; und dann sitzen die Leute einfach gemütlich
beisammen: Sie nehmen eine Kleinigkeit zum Essen und Trinken zu sich
und lassen Erinnerungen von früher aufkommen. Oder sie reden
miteinander, welche Freuden und Sorgen sie mit ihren Kindern und
Enkelkindern haben; oder sie erzählen von ihren Krankheiten, die
sie derzeit belasten. Und bald wollen dann die Ersten schon wieder
heim, in ihre gewohnte häusliche Umgebung; Andere wieder würden am
liebsten noch bis in den Abend hinein sitzen bleiben und diese
Stunden noch länger genießen.
Es gibt ein Büchlein von Werner Thiessen, das heißt: „Der Augenblick
ist mein“ mit dem Untertitel „für einen menschlichen Umgang mit
der Zeit“
Aber was ist das, die Zeit?
Ältere Menschen haben wohl schon eine längere Strecke ihrer Lebenszeit
hinter sich. Ältere Menschen leben – rückschauend auf Vieles,
was sie erlebt haben – wahrscheinlich bewusster, und sie sind froh
und dankbar für jeden Augenblick, der ihnen, in relativer
Gesundheit, vom Herrgott geschenkt ist.
Samstag, 17.12.2005
„Ja, wie denn die Zeit
vergeht!“ – Schon wieder ist eine Schul- und Arbeitswoche
verstrichen – mit Ausnahme der Berufe, die auch das Wochenende über
ihre Dienste anbieten bzw. anbieten müssen. Diesen Menschen sei
auch ganz herzlich gedankt!
Heute in einer Woche ist der Heilige Abend und in 2 Wochen beginnen wir
wieder ein neues Jahr! Es gibt wohl nicht wenige Menschen, die in
dieser Adventzeit unter Hektik einerseits, oder unter Langweile
andererseits leiden. Sie empfinden diese Zeit als etwas, was krank
macht.
Darum wäre es zu einfach zu sagen: „Frohe Weihnachten und alles Gute für’s
Neue Jahr“!
So möchte ich meine Gedanken heute beschließen mit einem Gebet, das mir
wirklich aus dem Herzen kommt, und das Sie die kommenden Tage
begleiten möge:
Gott segne uns und schenke uns in dieser Zeit, in der alle rennen und drängen,
einen langen Atem!
Er lasse uns die Ruhe finden, die wir brauchen, um ihm zu begegnen, damit
wir nicht vergeblich warten auf den, der kommen will!
Er lasse den Tau der Gerechtigkeit auf uns herabkommen, damit unsere
Hoffnung auf Gott wachsen und unser Glaube sich erfrischen kann!
Ihnen ... alles Gute!
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